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COVID-19: Haben wir jetzt keine anderen Themen mehr?

17. Apr 2020

Kai Gutacker  |  PB3C

Liebe Leserinnen und Leser,

spätestens seit der Bundespressekonferenz am vergangenen Mittwoch ist unmissverständlich klar, dass die COVID-19-Pandemie uns noch monatelang gesellschaftlich einschränken wird. Mit jedem neuen Tag dieses Lockdowns verlieren mehr Menschen ihre Arbeit, stehen mehr Unternehmen und damit auch Mieter vor dem Aus. Und mit jedem neuen Tag wächst verständlicherweise auch das Redebedürfnis über die Krise, die inzwischen immer häufiger „Corona-Rezession“ genannt wird.

Aber was ist mit den anderen Themen, die noch vor wenigen Wochen die Immobilienwirtschaft geprägt haben, und die bei Weitem noch nicht abgeschlossen sind? Denn die Folgen der Reurbanisierung werfen nach wie vor die Frage auf, was dafür nötig ist, dass Immobilienentwickler und Kommunen häufiger dieselbe Sprache sprechen. Und die Debatte, wie sich die drei Buchstaben E, S und G sinnvoll vom Konzeptpapier auf die Baustellen bringen lassen, steht ebenfalls erst am Anfang. Und dann war da ja noch die Frage nach der Förderung von Wohneigentum und die Sache mit dem Anlagedruck, der Investoren umtreibt.

Das sind nur ein paar Beispiele für all jene Herausforderungen, die unbedingt weiterhin diskutiert werden müssen. Wer diese Themen aktuell anspricht, stößt jedoch zwangsläufig auf den sprichwörtlichen Elefanten, der gerade im Raum steht. Das reicht womöglich bis hin zu einem handfesten Zweifel – sollte man sich nicht stattdessen doch der Pandemie und ihren Folgen widmen? Auch wir fragen uns regelmäßig, ob in einem Text nicht zumindest ein gesonderter Absatz als „Corona-Disclaimer“ wichtig wäre, auch wenn es eigentlich um etwas ganz anderes geht.

Die mögliche Lösung darauf mag vielleicht paradox klingen: Vermutlich ist es das Beste, jetzt intensiv und extensiv über Corona zu debattieren, um schnellstmöglich den Kopf für andere Themen frei zu bekommen. Reden wir, streiten wir im besten Fall sogar miteinander. Wir haben es mit einer Situation zu tun, deren wirtschaftliche Faktenlage einerseits sehr dünn ist und die uns andererseits auch alle in unserer persönlichen Freiheit betrifft. Kein Wunder also, dass es manchmal emotional wird. Zudem erscheint es als das Smalltalk-Thema Nummer eins, obwohl es in Wahrheit gar kein Smalltalk ist. Wo immer es nötig ist, sollte die Corona-Rezession natürlich in den Kontext mit anderen Immobilienthemen gesetzt werden, um Folgen abschätzbarer zu machen.

Als Ausgleich dazu wiederum helfen die fachbezogenen, technischen und nicht unbedingt mitreißenden Debatten, die unsere Branche langfristig voranbringen – und in denen man dann auch keine präventive Rechtfertigung dafür braucht, dass man das Virus wenigstens einmal für ein paar Momente außen vor lässt.

Kai Gutacker