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„Das Umwandlungsverbot ist so nicht akzeptabel“

3. Jan 2021

Dr. Jan-Marco Luczak MdB  |  CDU

PB3C: Das geplante Gesetz zur Baulandmobilisierung ist nun doch nicht 2020 in die erste Lesung gegangen. Vor allem beim sogenannten Umwandlungsverbot gibt es Vorbehalte. Sie haben sich vehement gegen Genehmigungsvorbehalte bei Umwandlungen ausgesprochen. Die SPD pocht weiter auf der Neufassung des § 250 BauGB. Wird das ganze Gesetz jetzt ad acta gelegt? Wie ist der Stand der Verhandlungen?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: An meiner Kritik hat sich nichts geändert – das Umwandlungsverbot ist so nicht akzeptabel. Auch viele Kolleginnen und Kollegen in der Unionsfraktion teilen diese Kritik. Uns geht es sehr grundsätzlich darum, Eigentumsbildung zu fördern, nicht zu erschweren. Das Umwandlungsverbot macht aber genau das, weil sich dadurch das Angebot an Eigentumswohnungen weiter verringert. In der Folge steigen die Preise und noch weniger Menschen können sich ein Eigenheim leisten. Eigentumsbildung wird so erschwert, Mietersein zementiert und der Traum vom Eigenheim für viele zum Platzen gebracht.

PB3C: Die Bundesregierung hat aber gerade viele Förderprogramme für Wohneigentum auf den Weg gebracht, auch auf Drängen der Union. Wie passt das Umwandlungsverbot dann zu den Positionen von CDU und CSU?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Das passt mit der Politik der Union, die Bildung von Eigentum zu fördern, nicht zusammen, sondern ist kontraproduktiv. Wir können nicht beim Baukindergeld viele Milliarden Euro in die Hand zu nehmen, auf der anderen Seite aber das Entstehen von Eigentumswohnungen verbieten. Das ist widersprüchlich und kostet Glaubwürdigkeit.

PB3C: Das stimmt natürlich. Das Umwandlungsverbot soll aber nicht Eigentum fördern, sondern vor allem Mieter schützen …

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Mit dem Umwandlungsverbot geht nicht einmal ein Mehr an Mieterschutz einher. Viele Befürworter spielen mit den Ängsten der Menschen vor Verdrängung. Das ist politisch durchschaubar und am Ende zynisch. Eine Mietwohnung bleibt eine Mietwohnung, auch nach Umwandlung. Der mietrechtliche Schutz bleibt in vollem Umfang bestehen. Im Falle einer Umwandlung sinkt aber nicht etwa der Kündigungsschutz für Mieter, sondern im Gegenteil, er steigt. In Berlin beispielsweise ist eine Eigenbedarfskündigung in Milieuschutzgebieten für mindestens zehn Jahre ausgeschlossen. Und auch danach kann nicht etwa ohne weiteres wegen Eigenbedarfs gekündigt werden. Es greift das reguläre Rechtsregime, der Eigentümer muss Eigenbedarf anmelden, nachweisen und gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen. Gerichte sind zum Schutze der Mieter dabei zu Recht streng.

PB3C: In den vergangenen Jahren wurden viele Mietshäuser privatisiert. Ziehen die neuen Eigentümer nicht ein?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Viele umgewandelte Eigentumswohnungen sind Teil privater Altersvorsorge, die auf den Einnahmen aus der Vermietung dieser Wohnungen basiert. Diese Wohnungen werden also gerade nicht selbst genutzt, sondern weiter vermietet. Der Vermieter hat also gar kein Interesse, die Wohnung zu kündigen, sondern ist im Gegenteil an einem langfristigen und stabilen Mietverhältnis interessiert. Die Gleichung, Umwandlung bedeutet Kündigung und Verdrängung, geht daher nicht auf.

PB3C: Das Gesetz ist also noch nicht beschlossene Sache?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Für mich ist klar, dass die Regelungen des § 250 BauGB nicht so bleiben können, wie sie sind. Wir werden im parlamentarischen Verfahren klären müssen, wie wir Eigentumsbildung weiter fördern und ermöglichen und gleichzeitig die Ängste von Mietern vor Verdrängung ernst nehmen können.

PB3C: Die Wohneigentumsquote ist in Deutschland erstmals seit 1993 gesunken und liegt mittlerweile nur noch bei 42 %. Dabei ist Wohneigentum für rund drei Viertel der Deutschen besonders wichtig. Wirken Baukindergeld und Provisionsteilung nicht? Welche Fördermaßnahmen können die Menschen von der Politik in den kommenden Jahren erwarten?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Es war immer ein zentrales politisches Ziel der Union, mehr Menschen in die eigenen vier Wände zu bringen. Daran darf und wird sich auch nichts ändern. Insofern finde ich es erschreckend, dass wir bei der der Eigentumsquote heute Schlusslicht in Europa sind. Der große Erfolg des Baukindergeldes zeigt, dass auch hierzulande viele Menschen vom Eigenheim träumen. Drei von vier Deutschen tun dies, aber zu wenige können ihn verwirklichen. Da müssen wir ansetzen. Baukindergeld und staatliche Förderung über die Erhöhung der Wohnungsbauprämie sind gut, aber nicht ausreichend.

PB3C: Trotz der Fördermaßnahmen bleiben die Kosten für Wohneigentum sehr hoch. Wo wollen Sie ansetzen?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Da geht es zum einen um die hohen Baukosten. Das größte Nadelöhr ist immer noch, dass zu wenig Bauland ausgewiesen wird. Das treibt die Kosten ebenso in die Höhe wie die überbordende Zahl von Bauvorschriften. Hier wird ja immer die Zahl von 20.000 Regelungen genannt, die es zu beachten gilt. Ich habe das nie nachgezählt, aber klar ist, es sind in jedem Fall zu viele. Jeder einzelne mag ihre Berechtigung haben, in der Summe machen sie das Bauen aber kompliziert, langwierig und damit auch teuer. Das muss sich ändern, dass Baurecht und insbesondere das Bauordnungsrecht muss deutlich entschlackt werden.

PB3C: Aber selbst wenn Bauland günstiger ausgewiesen würde – es bleiben immer noch die Nebenkosten, die je nach Bundesland mit 10 % bis 15 % zu Buche schlagen.

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Zum Jahresende hat sich bei der Maklerprovision hier ja einiges geändert. Beim zweiten großen Kostenblock, der Grunderwerbsteuer, hat sich dagegen leider bislang nichts getan. Ich bin sehr dafür, dass die Länder hier ihre Verantwortung wahrnehmen, und nicht weiter an der Preisspirale bei der Grunderwerbsteuer drehen. Wir als Union setzen uns für einen familienfreundlichen Freibetrag beim Ersterwerb selbstgenutzten Wohneigentums ein. Das würde vielen Menschen helfen, über die Hürde des fehlenden Eigenkapitals zu kommen.

PB3C: Das haben Union und SPD auch im Koalitionsvertrag vereinbart, das ist mittlerweile drei Jahre her.

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Leider warten wir hier immer noch auf Vorschläge von SPD-Finanzminister Scholz.

PB3C: Was wäre also Ihr Vorschlag inmitten dieser Gemengelage von Umwandlungsverbot auf der einen Seite und dem Ziel, mehr Menschen in Eigentum zu bringen, auf der anderen Seite?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Wir sollten mehr Mietern die Eigentumsbildung ermöglichen. Um das zu tun, sollten wir statt Debatten über ein Umwandlungsverbot zu führen, besser ein Programm auflegen, das mehr Mieterinnen und Mietern in die Lage versetzt, ihre Wohnung zu kaufen. Das ist besser, als die Entstehung von Eigentum zu verbieten. Im Falle der Umwandlung haben Mieter ein Vorkaufsrecht. Sie haben also die Chance zur Bildung von Wohneigentum. Das sollten wir gezielt – etwa durch eigenkapitalersetzende Darlehen – fördern und unterstützen.

PB3C: „Nach Corona ist wieder Klima“ – so titeln zahlreiche Zeitungen. Das bedeutet auch mehr Auflagen bei Bau, Instandhaltung und Sanierung von Gebäuden, also höhere Baukosten ebenso wie höhere laufende Kosten. Die höchsten energetischen Ansprüche an Gebäude und Vermieter werden indes wenig helfen, wenn sich Mieter nicht daran halten. Gibt es Pläne, auch die Nutzer von Immobilien in die energische Verantwortung zu nehmen?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Die Erreichung unserer Klimaziele ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht einseitig getragen werden kann, sondern von allen geschultert werden muss. Alle sind hier in der Verantwortung, Mieter wie Vermieter und auch der Staat. Deswegen müssen wir deutlich schneller und mehr in die energetische Sanierung unseres Gebäudebestands investieren.

PB3C: Diese Investitionen gehen mit hohen Kosten einher. Bisher konnten Eigentümer einen Teil dieser Kosten auf die Mieter umlegen. Die Kritik an diesem Verfahren steigt aber von Jahr zu Jahr, die Umlagefähigkeit wird daher immer weiter gedeckelt.

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Wir brauchen starke wirtschaftliche Anreize wie beispielsweise Investitionskostenzuschüsse und steuerliche Förderung. Statt Modernisierung durch gesetzliche Regulierung zu erschweren, sollten wir die entstehenden Kosten für Mieter als Staat sozial über einen Fonds abfedern. So erreichen wir unsere Klimaziele und fördern die aktuell fehlende Akzeptanz für energetische Modernisierungen.

PB3C: Ihr Koalitionspartner, die SPD, fordert aktuell, dass Vermieter einen erheblichen Teil der neuen CO2-Kosten beim Heizen tragen. Wie sehen Sie das?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Wenn aktuell diskutiert wird, die CO2-Kosten auf Vermieter abzuwälzen, sehe ich das außerordentlich kritisch. Das stellt einen fundamentalen Bruch des Verursacherprinzips dar. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Vermieter für die individuellen Energiekosten der Mieter einstehen sollen, auf deren Verbrauchsverhalten sie keinerlei Einfluss haben. Damit würde ein klimaschädliches Nutzerverhalten noch subventioniert. Das gesamtgesellschaftliche Ziel des Klimaschutzes würde so zu Lasten einer einzelnen Gruppe aufgelöst. Das ist ein falscher Ansatz.

PB3C: 2021 ist ein Superwahljahr. Neben mehreren wichtigen Landtagswahlen wird im Herbst ein neuer Bundestag gewählt. Sie haben schon nach der Bundestagswahl 2013 zusammen mit den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen) für eine schwarz-grüne Koalition geworben. Plädieren Sie auch 2021 für Schwarz-Grün auf Bundesebene? Wäre eine grün geprägte Immobilienpolitik überhaupt bezahlbar?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Die Wahlen in 2021 werden in der Tat extrem spannend. Vieles ist noch im Fluss und es ist keineswegs ausgemacht, dass die Union wieder die Bundesregierung anführt. Zwar bin ich überzeugt, dass wir im September mit Abstand stärkste Kraft werden. Aber wenn schon der grüne Oberrealo Winfried Kretschmann bereit ist für eine Linkskoalition, wenn nur das Kanzleramt für die Grünen dabei herausspringt, sollte das alle wachrütteln. Ein solches Bündnis wäre für ganz Deutschland und nicht nur für die Immobilienbranche fatal. An meiner Heimatstadt Berlin kann man gut ablesen, wohin das führt. Mietendeckel und Enteignungsdebatte sind pars pro toto für eine Politik, die geradewegs in eine unfreie Gesellschaft führt, in der nicht der Einzelne mit seinen Fähigkeiten und Freiheiten im Mittelpunkt steht, sondern das Kollektiv und staatliche Bevormundung. Das ist für mich eine schreckliche Vorstellung.

PB3C: Sie würden also den Grünen sagen: Lasst uns eine gemeinsame schwarz-grüne Koalition im Bund wagen?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Statt über Koalitionen zu spekulieren, werden wir als Union daher unseren Wahlkampf führen, mit unseren Zielen, mit unserer Programmatik. Und hier gibt es, auch und gerade zu den Grünen, fundamentale Unterschiede. Ich weiß, wovon ich spreche. In meinem Wahlkreis trete ich gegen Renate Künast und Kevin Kühnert an. Da prallen Welten aufeinander. Ich bin und bleibe aber optimistisch. Denn die phänomenalen Zustimmungswerte der Grünen basieren aktuell darauf, dass sie sehr geschlossen auftreten und ihr Spitzenpersonal hohe Sympathiewerte hat. Im Bundestagswahlkampf wird es aber irgendwann sehr konkret. Die Grünen müssen sagen, wofür sie ganz konkret stehen und auch, wer ihre klimapolitischen Vorstellungen bezahlen soll. Alle Umfragen zeigen, dann bröckelt die Zustimmung. Abstrakt sind alle für Klimaschutz, nicht aber dann, wenn es den eigenen Geldbeutel oder die eigene Lebensführung betrifft.

PB3C: Vielen Dank für das Gespräch.

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an den Leiter unserer Redaktion Dr. Josef Girshovich.