PB3C News

„Zeit gewinnen für neue Leistungstiefe“

29. Mrz 2020

Dr. Titus Albrecht (MRICS)  |  realxdata

PB3C: Ihr versprecht der Immobilienwirtschaft einen Vorsprung durch Daten – das klingt nicht gerade neu…

Dr. Albrecht: Es ist richtig, dass einige Technologieunternehmen hier schon länger aktiv sind. Der Unterschied ist, dass wir Services gebündelt anbieten und miteinander kombinieren, die sonst getrennt voneinander sind. Dies betrifft vor allem das Automatisieren und Strukturieren von Mieterlisten aus Immobilienbeständen und allgemein aggregierten Marktdaten. Für beides gibt es Spezialisten, aber wir sind Spezialisten darin, beides zu kombinieren. So generieren wir aus den Mieterlisten zusätzliche Marktkenntnis für den Eigentümer, und es steht ihm damit ein Pool an Informationen offen, der einzigartig ist. Wir können dann auf Wunsch eine automatisierte Auswertung darüber laufen lassen und beispielsweise Gentrifizierungstendenzen noch früher erkennen. Die Transaktions- und Bewertungsabteilungen freut das sehr.

PB3C: Sind nicht gerade die Bewerter von der Automatisierung mehr bedroht als erfreut?

Dr. Albrecht: Bewerter oder auch andere Gruppen, beispielsweise Makler, werden durch Automatisierung oder Künstliche Intelligenz nicht ersetzt. Vielmehr werden sie entlastet, denn die repetitiven Arbeiten fallen weg. Dadurch wird Zeit gewonnen für eine neue Leistungstiefe. Wenn unsere Auswertung beispielsweise zeigt, dass in Berlin-Spandau in einigen Quartieren neue Cafés und Bars einziehen, die im Netz offensichtlich von Hipstern wohlwollend kommentiert werden, dann muss jemand aus diesen Ergebnissen eine passende Strategie entwickeln. Und das werden weiterhin Immobilienprofis sein und nicht Maschinen. Gerade in den engen deutschen Märkten kommt es darauf an, die Veränderungen schon im Ansatz zu erkennen und mit diesem Wissen das Richtige zu tun.

PB3C: Seid ihr mit euren Daten auf die deutschen Märkte beschränkt?

Dr. Albrecht: Die Immobilienunternehmen stehen überall auf der Welt vor der Aufgabe, die eigenen Daten auszulesen, zu standardisieren und zu verarbeiten. Es ist dabei unerheblich, ob ein Shoppingcenter in der Türkei oder in Nordamerika steht. Und das Erheben und automatische Auswerten von Marktdaten folgt überall einem ähnlichen Prinzip, zumindest in Ländern mit ähnlichen Transparenzniveaus. Soll heißen: Wir sind nicht auf Deutschland begrenzt. Als junges Technologieunternehmen musst du ohnehin skalierbar sein, sonst hast du keine Zukunft. Wir sind auch nicht auf eine Nutzungsart beschränkt. Wir helfen neben Retail auch bei Büro, Gewerbe, Logistik und Wohnen.

PB3C: Dein Fazit zu Big Data in der Immobilienwirtschaft?

Dr. Albrecht: Wir alle wissen, dass die Immobilienwirtschaft bei der Digitalisierung hinterherhinkt. Aber es ist keinem geholfen, wenn wir, also die Technologieunternehmen, darüber jammern. Oder wenn sich einzelne Immobilienunternehmen durch die zunehmende Dynamik überfordert sehen. Wir müssen einfach noch besser lokalisieren, wo die besten Schnittmengen in den Prozessen der Unternehmen sind. Wenn wir da erfolgreich andocken, wird der Weg hin zu Big Data für alle einfacher. Im Zweifel müssen dafür die Technologieunternehmen untereinander zusammenarbeiten.

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an den Leiter unserer Redaktion Dr. Josef Girshovich.