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Urbanität lässt sich nicht erzwingen – nur fördern

23. Aug 2020

Martin Czaja  |  BEOS AG

Investoren lieben Stadtquartiere. Doch die urbane Qualität, die ein Quartier bieten kann, lässt sich nur sehr eingeschränkt planen und schon gar nicht aus dem Nichts herbeizaubern. Ob ein Areal tatsächlich zum lebendigen sozialen Begegnungsort im Privat- und Geschäftsleben wird, oder wie genau die Menschen auf diesen Flächen interagieren und welche Angebote sie wahrnehmen möchten, steht keinesfalls von vorneherein fest.

Die Reißbrettversuche in der Vergangenheit sind zwar teilweise aufgegangen. Doch mussten die jeweils eigene Atmosphäre und lokale Identität langsam und organisch heranwachsen. Der Potsdamer Platz in Berlin zum Beispiel hat erst nach Jahren jene Urbanität entwickeln können, wegen der er heutzutage geschätzt wird. Und genau wie bei zahlreichen anderen geplanten Quartieren ist noch unklar, wie die Entwicklung in den kommenden Jahren verläuft.

Ich bin daher überzeugt, dass wir uns von jeder fixen Idee lösen müssen, wie ein gerade entstehendes Quartier in fünf oder zehn Jahren auszusehen hat. Wir dürfen nicht behaupten oder gar damit werben, dass wir es als Immobilienbranche selbst in der Hand hätten, Urbanität zu erzeugen. Urbanität entsteht in erster Linie durch Interaktion der Nutzer. Wir können maximal die Bedingungen dafür schaffen, dass das Areal sich von selbst weiterentwickelt und mit der Zeit eine Anziehungskraft entfaltet, die es zu einem lebendigen und nachgefragten Stück Stadt machen. Das gilt für gemischte Quartiere mit Kombinationen aus Wohnen, Büroarbeit, Handel und Freizeit genauso wie für urbane Gewerbequartiere, in denen neben Büros vor allem Forschung und Entwicklung sowie Produktion und Logistik Platz haben.

Die Immobilien, die auf den Arealen entstehen, sollten offen und flexibel, sprich robust genug für Veränderung sein. Und das Ensemble sollte sich auch baulich-räumlich nicht von seinem Umfeld und der Nachbarschaft abgrenzen. Auch sollten die Mieteinheiten einander zugerichtet sein. Denn es lässt sich zumindest planen, dass es Orte für Begegnungen geben wird.

Mir gefällt auch die Idee von einem Manager, der sich – vergleichbar einem Centermanager – um das Quartier kümmert. Er sollte sich als guter Gastgeber verstehen und den Anspruch haben, dass sich jeder wohlfühlt und willkommen ist. Oder mit anderen Worten: Die Perspektive der Immobilienwirtschaft sollte nicht auf der B2B-Ebene enden, sondern den Endnutzer mit einschließen.

Dieser Artikel erschien am 13.8. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.