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Immobilieninvestments: Gewerbepark statt Glasturm?

16. Aug 2020

Martin Czaja  |  BEOS

Über Jahre und Jahrzehnte hinweg haben sich Core-Büroimmobilien in etablierten Lagen als eine Art Goldstandard für defensive Anlageprodukte bewährt. Ob sich dies in Zukunft unverändert fortsetzen wird, ist jedoch fraglich. Schließlich war vor Corona die Renditekompression so weit vorangeschritten, dass bei einer Bewertung auf der Basis des Ertragswerts nur noch wenig Spielraum respektive Sicherheitspuffer bestand: Der aktuellen ‚5-%-Studie‘ von bulwiengesa zufolge, die Ende 2019 erschien, betrug der durchschnittliche IRR-Wert (Internal Rate of Return) für Core-Büroimmobilien bei einer angenommenen Haltedauer von zehn Jahren vor der Covid-19-Krise nur noch 2,56 % pro Jahr. Einzelne Investments wurden sogar ab einer IRR von unter einem Prozent getätigt.

Ein solches Investment, das immerhin unterhalb der Inflationsrate von 1,5 % für das Jahr 2019 und damit real negativ rentiert, kann nur dann für einige Investoren sinnvoll sein, wenn sie Potenziale zur Steigerung des Cashflows, also der Mieterträge, identifiziert haben. Der Faktor Wertstabilität muss vor diesem Hintergrund jedoch infrage gestellt werden. Einerseits drohen Leerstände infolge von Insolvenzen, die sich unter Umständen nicht mehr so leicht füllen lassen – und andererseits steht noch nicht fest, wie sich die Flächennutzung von Büroimmobilien langfristig ändern wird. Schließlich haben sich Homeoffice beziehungsweise Mobile Office sowie virtuelle Meetings anstelle von Präsenzterminen bei vielen Unternehmen etabliert. Der Spielraum für Mieterhöhungen ist somit begrenzt.

Unternehmensimmobilien zeigen sich robust
Die Assetklasse der Unternehmensimmobilien hat sich in den letzten Jahren vom Nischenprodukt zur etablierten Assetklasse entwickelt. Dabei handelt es sich um gemischt genutzte Gewerbeareale, die Logistik-, Büro-, Produktions- und Serviceflächen in unterschiedlichen Variationen vereinen. Bereits vor der Corona-Krise zeichneten sich Unternehmensimmobilien in der Regel durch stabil hohe Renditen und mithin defensivere Bewertungen aus: Für gemischt genutzte Gewerbeparks, die weitaus gängigste und am häufigsten gehandelte Kategorie der Unternehmensimmobilie, ergab der eingangs erwähnte bulwiengesa-Bericht einen IRR-Basiswert von 5,33 % pro Jahr. Damit erwirtschaften Unternehmensimmobilien eine Rendite, die klassische Büroimmobilien noch nicht einmal in den sogenannten C-Städten erreichen.

Angesichts des aktuellen Wirtschaftsabschwungs und der Stagnation auf den Immobilienmärkten zeigen sich Unternehmensimmobilien verhältnismäßig robust. Die Mietausfallraten bewegen sich innerhalb einiger Portfolios im mittleren einstelligen Bereich. Natürlich ist auch dies ein bedeutender Einnahmeverlust, allerdings hat sich gezeigt, dass er durch Neuvermietungen oder kurzfristige Flächenzunahmen oft mehr als wettgemacht werden kann, weil sogar Steigerungen der Mieteinnahmen möglich sind.

Dies gründet unter anderem darauf, dass die Covid-19-Pandemie eine erhöhte Nachfrage nach Logistik- und Produktionslösungen mit sich gebracht hat: Einerseits verzeichnen unter anderem E-Commerce-Unternehmen teilweise deutliche Umsatzzuwächse, was sich in einem erhöhten Bedarf an stadtnahen Umschlagflächen niederschlägt. Andererseits zeigen die Unterbrechungen der globalen Lieferketten die Vorteile einer Vor-Ort-Produktion auf. Beide Anforderungen lassen sich – inklusive Backoffice – in modernen Gewerbeparks flächenmäßig abbilden. Zudem gelten diese Trends unter Experten als auf lange Sicht und weitgehend unumkehrbar, was auch für eine mittel- bis langfristig positive Entwicklung der Assetklasse Unternehmensimmobilie spricht.

Diversifikation auf Objektebene
Gleichzeitig weisen Gewerbeparks und andere Unternehmensimmobilien an etablierten Wachstumsstandorten ein wichtiges Merkmal von Core-Objekten auf: Diversifikation. Die Mieter werden meist so angesiedelt, dass eine Mischung unterschiedlicher Firmengrößen (also Konzerne, Mittelständler, Start-ups etc.) und Branchen gegeben ist. Dadurch sind die Objekte vor möglichen branchenimmanenten Rezessionen eines einzelnen Wirtschaftszweigs geschützt. Hierzu werden die Flächen dergestalt entwickelt beziehungsweise aufbereitet, dass sie sich beispielsweise von einer Lager- zu einer Produktionseinheit oder von einer Fertigungsfläche zu einer Labor- oder Bürofläche umrüsten lassen.

Von einem solchen Managementansatz profitieren beide Seiten. Für den Eigentümer diversifizieren sich die Mieteinnahmen und unter den Mietern entstehen Synergieeffekte sowie der Anreiz, langfristig auf dem Areal aktiv zu sein, da die Fläche mit den Anforderungen „mitwachsen“ kann. Die einzelnen Mietflächen können darüber hinaus oftmals baulich angepasst werden und lassen sich so aufteilen, dass einzelne Bereiche hinzugemietet oder abgestoßen werden können. Selbst im Ernstfall einer Mieterinsolvenz weisen sie damit ein hohes Maß an Drittverwendungsfähigkeit auf. Mit anderen Worten: Core-Investments sind nicht nur bei einem Glasturm in der innerstädtischen Premiumlage, sondern auch bei einem urbanen Gewerbepark in der für Unternehmensimmobilien als 1A zu bezeichnenden Cityrandlage möglich.

Die Herausforderung: Managementaufwand
Aufgrund der unterschiedlichen Mieter- und Branchenstrukturen gelten Unternehmensimmobilien als managementintensiv. Der Aufwand wird dadurch erhöht, dass sich Digitalisierung und Technologien der Industrie 4.0 stark auf die Geschäftsmodelle und damit auf die Flächenanforderungen zahlreicher Mieter auswirken. Die genauen Folgen unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen. Daraus ergibt sich, dass sich das Assetmanagement mit den jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkten der Mieter auseinandersetzen muss, um mögliche Veränderungen zu antizipieren. Für die meisten Investoren ohne entsprechende Branchenkenntnisse bieten sich daher indirekte Investmentstrukturen an, beispielsweise Spezial-AIFs, die von einem spezialisierten Fonds- und Assetmanager verwaltet werden.

Komplex gestaltet sich in aller Regel auch der Ankauf von Unternehmensimmobilien. Voll entwickelte Objekte gelangen nur selten auf den Markt, und selbst bei Objekten mit Entwicklungspotenzial spitzt sich die Angebotsknappheit seit einigen Jahren zu. Dies schlägt sich trotz hoher Nachfrage in stagnierenden Transaktionsvolumina nieder: In den vergangenen fünf Jahren betrug das Jahresinvestmentvolumen jeweils circa zwei Mrd. Euro bis drei Mrd. Euro – und das, obwohl der gesamte Marktwert deutscher Unternehmensimmobilien der Initiative Unternehmensimmobilien zufolge Ende 2019 mit rund 563 Mrd. Euro nur knapp hinter dem von Büroimmobilien (600 Mrd. Euro) lag. Vergleicht man diesen Marktwert mit den eher geringen Transaktionsvolumina, zeigt sich, dass Unternehmensimmobilien in der Regel langfristig gehalten werden und sich zum großen Teil nach wie vor im Firmeneigentum von Selbstnutzern befindet.

Ein weiterer Grund für den Nachfrageüberhang besteht darin, dass solche Projekte nicht einfach auf der grünen Wiese neu errichtet werden können: In den meisten deutschen Städten stehen dafür schlichtweg keine ausreichend großen unbebauten, stadtnahen Grundstücke zur Verfügung. Vielmehr entstehen Unternehmensimmobilien überwiegend dadurch, dass Konzerne und Mittelständler nicht mehr genutzte Areale an entsprechend spezialisierte Projektentwickler veräußern. Diese revitalisieren die Immobilie in der Regel in Etappen und führen je nach Objekt umfangreiche Modernisierungen oder auch Teilabrisse und Neubaumaßnahmen durch. Die Flächen werden anschließend sukzessive neu vermietet, sodass sich der Cashflow in den Objekten kontinuierlich erhöht. Solche Objekte werden oftmals langfristig im Besitz gehalten, sodass „neue“ Unternehmensimmobilien häufig dann auf den Markt gelangen, wenn ein Konzern oder ein Mittelständler ohne Immobilienfokus sein Portfolio an selbst genutzten Immobilien bereinigt.

Dieser Artikel erschien am 14.8. auf INSTITUTIONAL MONEY.