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„Für eine seriöse Einschätzung ist es noch zu früh“

15. Apr 2020

Dr. Michael Held  |  TERRAGON

Interview mit Dr. Michael Held, Vorstandsvorsitzender der TERRAGON AG

PB3C: Lieber Herr Dr. Held, das Wichtigste vorweg: Wie geht es Ihnen und Ihren Mitarbeitern in der gegenwärtigen Situation rund um die Ausbreitung des Coronavirus?

Dr. Held: Den Umständen entsprechend gut. Einer unserer Mitarbeiter ist Anfang März nach einem Skiurlaub in Italien positiv getestet worden. Ich freue mich sehr, dass er die Infektion inzwischen gut überstanden hat. Außerdem freue ich mich sehr, dass in den gemeinsam mit unserem diakonischen Partner Agaplesion betreuten Wohnanlagen in Berlin bis heute keine der Bewohnerinnen und Bewohner an COVID-19 erkrankt ist. Und ich hoffe, dass das so bleibt – selbstverständlich sind umfassende Vorkehrungen zum Schutz der Betroffenen bereits umgesetzt, etwa was die Besuchsregelungen für Angehörige angeht. 

PB3C: Wie stark sind Ihre Projektentwicklungen bisher von den Einschränkungen und dem Stillstand weiter Teile der Wirtschaft betroffen?

Dr. Held: Auch hier gibt es gute Nachrichten. Alle unsere Baustellen laufen weiter und können voraussichtlich mit nur geringen Verzögerungen fertiggestellt werden. Dafür, dass sie in dieser außergewöhnlichen und schwierigen Situation die Projekte fortsetzen, möchte ich allen fleißigen Händen ausdrücklich danken. Das ist nicht selbstverständlich, auch wenn wir natürlich auf den Baustellen versuchen, das Infektionsrisiko für die Mitarbeiter der Auftragnehmer möglichst gering zu halten. Auch am Bau steht der Schutz der Gesundheit für uns an erster Stelle.

PB3C: Niemand kann im Augenblick vorhersagen, wie lange die Ausgangsbeschränkungen und Schließungsverfügungen für Geschäfte andauern werden. Fürchten Sie ökonomische Auswirkungen auf Ihr Unternehmen?

Dr. Held: Für eine seriöse Einschätzung ist es noch zu früh. Welche Auswirkungen das Coronavirus insgesamt auf uns als Unternehmen haben wird, stellt sich erst im Verlauf der kommenden Wochen und Monate heraus. Ich kann leider nicht ausschließen, dass eine Verschärfung der Krise und eine etwaige Verschärfung der Maßnahmen, sollte dies nötig werden, Auswirkungen auf unser Unternehmen haben könnten – verspätete Baufertigstellungen sowie Verzögerungen bei Planungsleistungen und behördlichen Baugenehmigungen sind genauso im Bereich des Möglichen wie eine Störung der Abläufe bei Grundstücksankäufen. Bedauerlich wäre natürlich auch, wenn wir fertiggestellte Wohnungen erst mit Verspätung an die Eigentümer oder Mieter übergeben könnten.

PB3C: Sie entwickeln Projekte im Bereich des gehobenen Service-Wohnens für Senioren – bisher ein starker Wachstumsmarkt, in dem ein Angebotsmangel auf eine permanent steigende Nachfrage getroffen ist. Könnte sich die Ausbreitung des Virus auch negativ auf die grundsätzliche Marktlage auswirken?

Dr. Held: Mittel- und längerfristig ist das nach unserer Einschätzung nicht zu erwarten. Das Coronavirus und COVID-19 ändern nichts daran, dass in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten mehr als eine halbe Million Service-Wohnungen für Senioren fehlen. Die Nachfrage nach betreutem Wohnen wird kaum sinken. Schließlich bietet diese Wohnform dank des Service- und Betreuungsangebots ein hohes Maß an Sicherheit. Letztlich bildet sie damit gerade in einer Krisensituation, wie wir sie gerade alle erleben, ein sicheres Fundament zur Bewältigung solcher Herausforderungen. Hinzu kommt, dass Seniorenimmobilien auch strukturell nicht so krisenanfällig sind wie andere Nutzungssegmente der Immobilienwirtschaft – gerade im Bereich Corporate Real Estate. Denn die Bewohner sind in aller Regel nicht mehr auf eine berufliche Tätigkeit und ein laufendes Gehalt angewiesen, ihre Kaufkraft und Mietzahlungsfähigkeit sinkt also bei einem konjunkturellen Einbruch nicht nennenswert.