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„Es kommt Bewegung in den Markt“

1. Dez 2023

Nikolai Schmidt  |  Swiss Life Asset Managers

Über die Hintergründe für die Zurückhaltung von Investoren beim Erwerb von Pflegeimmobilien in diesem Jahr sowie die aktuellen Schwierigkeiten der Preisfindung gerade beim Kauf von Neubauten sprach CARE INVEST mit Nikolai Schmidt, Head of Transaction Healthcare von Swiss Life Asset Managers Deutschland. 

Das Transaktionsvolumen bei Gesundheitsimmobilien bleibt in diesem Jahr deutlich hinter dem der Vorjahre zurück. Auch bei Swiss Life Asset Managers waren Sie bisher zurückhaltend. Wie bewerten Sie die Marktlage?

Nikolai Schmidt: Die aktuelle Situation im Transaktionsgeschäft spiegelt eine Kombination verschiedener Faktoren wider. Zum einen haben wir es seit Anfang 2022 mit deutlichen Zinssteigerungen im Immobilienmarkt zu tun. Das hat nicht nur die Kosten für neue Projekte in die Höhe getrieben. Gleichzeitig sind für Kapitalgeber andere Geldanlagen attraktiver geworden. Sie bekommen heute zum Beispiel schon festverzinsliche Anlagen mit vier Prozent Rendite. Da müssen dann Fonds mit Healthcare-Immobilien deutlich mehr erwirtschaften, wenn sie attraktiv bleiben wollen.

Wie hoch müsste die Rendite aus Sicht der Anleger denn sein?

Damit wieder mehr Dynamik in das Transaktionsgeschehen kommt, wären 5,2 bis 5,5 Prozent ein gutes Ziel. An mangelndem Interesse unserer Investoren liegt es jedenfalls nicht. Das Geld ist da, aber der Markt ist sozusagen seit Monaten noch auf der Suche nach der richtigen Balance zwischen Kaufpreis und Rendite. Zur aktuellen Situation gehört aber auch, dass Investoren im Moment weniger kompromissbereit sind als früher, was mögliche Risiken angeht. Das ist auch eine Folge der wirtschaftlichen Schieflage einiger Betreiber im Pflegemarkt.

Gelten diese Einschätzungen nur für Neubauten oder auch für Immobilien aus dem Bestand? 

Man kann da schon ein wenig differenzieren. Bestandshalter haben es leichter. Ihre Immobilien sind häufig schon abgeschrieben, da ist man, wenn es um einen Verkauf geht, beim Preis etwas flexibler. Neubauprojekte sind von den jüngsten Entwicklungen deutlich härter getroffen. Da schlagen die gestiegenen Kosten voll auf den Preis durch. Das macht es gerade für Projektentwickler manchmal sehr schwer zu verkaufen. Aber unterm Strich: Auch aus dem Bestand wird derzeit nur wenig verkauft und wenn, dann häufig aus einer Not heraus. 

Haben Sie darum seit Beginn des Jahres erst zwei Pflegeeinrichtungen für einen Ihrer Healthcare-Fonds übernommen?

Ja, eine in Emden und eine in Wittmund. Und diese Übernahmen sind schon im vergangenen Jahr vorbereitet worden. Im Moment schauen wir tatsächlich eher auf Immobilien in den Segmenten Betreutes Wohnen oder Ärztehäuser. Da ist die Refinanzierung im Betrieb weniger komplex und die Personalanforderungen sind weniger hoch als in der Pflege und damit ist auch das Mietausfallrisiko etwas relativiert.

Sie haben es bereits angesprochen: Auch für die Betreiber von Pflegeeinrichtungen ist der wirtschaftliche Druck deutlich gestiegen. Was beutet das für die Eigentümer dieser Immobilien?

Zum Glück hatten wir in unserem Portfolio wenig Insolvenzen oder wirtschaftliche Schieflagen. Ja, auch wir hatten einzelne Einrichtungen im Bestand, die von dieser Situation betroffen waren. Aber im Großen und Ganzen haben wir mit unserem gut aufgestellten Asset Management das Thema im Griff.

Wie lange wird die Flaute im Transaktionsgeschehen noch anhalten? 

Ich glaube, es kommt gerade so langsam wieder etwas Bewegung in den Markt. Auch wir haben verschiedene Projekte in der Pipeline, aktuell vier davon exklusiv. Aber wie gesagt: Es hängt alles vom richtigen Preis ab.

Ohne ausreichend Investitionen in neue Objekte wird aber das Risiko einer Versorgungslücke immer größer.

Leider. Zwei große Probleme sind das hohe Zinsniveau sowie die eingeschränkte KfW-Förderung. Mit den aktuellen Finanzierungskonditionen und ohne KfW-Vorteile finden hochpreisige Neubauprojekte kaum Abnehmer. Gleichzeitig kämpfen die Projektentwickler mit steigenden Baukosten, die Zwischenfinanzierung wird immer teurer und die Bank verlangt immer höhere Eigenkapitalquoten … Die Liste ist lang.

Wo müsste man ansetzen, um die Situation aufzulösen?

Aktuell ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich zunächst um die Ertüchtigung des eigenen Bestandes zu kümmern. Dabei wäre es schön, wenn auch hier der Gesetzgeber uns nicht zu viele Steine in den Weg legen würde.

Inwiefern?

Nach einer Sanierung soll der Bestand heute praktisch das Niveau eines Neubaus erreichen, so hoch sind die Anforderungen. Da ist es manchmal kaum möglich, ein gesundes Verhältnis zwischen dem nötigen Aufwand und der wirtschaftlichen Vertretbarkeit zu finden.

Welche Stellschrauben gäbe es noch?

Städte und Kommunen sollten das Pflegen und Wohnen von Seniorinnen und Senioren bei der Ausschreibung neuer Grundstücke als eigene Nutzungsklasse betrachten. Dann wären diese Projekte beispielsweise nicht mehr gezwungen, in puncto Refinanzierbarkeit in Konkurrenz zu Projekten des privaten Wohnungsbaus zu treten.

Angesichts der zahlreichen Herausforderungen, die Sie bekannt haben: Hat die Asset-Klasse Pflege für Investoren an Attraktivität verloren?

Nein. Sie bleibt auf jeden Fall attraktiv. Das ist im Hinblick auf den prognostizierten demografischen Wandel, den damit einhergehenden Bedarf sowie die langen Laufzeiten in der Vermietung in dieser Asset-Klasse gar keine Frage.

Die Fragen stellte Matthias Ehbrecht. 

Dieses Interview erschien am 01.12.2023 in der Care Invest.

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