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Weshalb es jetzt auf Konzept und Fondsmanager ankommt

29. Mrz 2020

Gerald Feig  |  FLEX Fonds

Das Coronavirus zeigt, wie angreifbar und verletzlich unsere offenen Gesellschaften sind – und das in einem Ausmaß, das noch wenige Wochen zuvor als völlig undenkbar gegolten hätte, wie ein überspitzter Katastrophenfilm. Angesichts der für manche lebensbedrohlichen und für andere existenzbedrohenden Realität sind die Sorgen von Immobilieninvestoren freilich überschaubar. Dennoch ist es nicht unangemessen oder illegitim, sich über die Konsequenzen für die eigene Kapitalanlage Gedanken zu machen – ganz gleich, ob es sich dabei um eine direkt gehaltene Immobilie oder einen Immobilienfonds handelt.

Während an den Börsen binnen weniger Tage Milliarden vernichtet wurden, haben Immobilien wieder einmal gezeigt, dass man als langfristig orientierter Investor mit ihnen auch in Krisensituationen zunächst mal gut schlafen kann. Die Volatilität ist viel geringer. Und während an den Aktienmärkten selbst die Papiere stabiler Unternehmen in Sippenhaft genommen werden, sind kurzfristige Wertverluste im zweistelligen Bereich, die direkt aufs Depot durchschlagen, bei Immobilien allenfalls eine sehr seltene und dann strukturell begründete Ausnahme. Übrigens mussten deutsche Immobilienaktien in den Tagen der Coronakrise deutlich geringere Einbußen verkraften als der Gesamtmarkt. An den Aktienmärkten spiegelt sich die Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung wider, während die Immobilien in der Regel unverändert weiter genutzt und die Mieten gezahlt werden.

Mit Wohn- und LEH-Immobilien kann man trotz Corona gut schlafen
Kein Grund zur Sorge also für Bestandshalter? So einfach ist es leider nun auch wieder nicht angesichts dieser historisch bislang für das moderne Europa absolut einmaligen Situation. Die Auswirkungen hängen in erster Linie davon ab, wie lange dieser Ausnahmezustand anhält – und sie sind je nach Nutzungsart sehr unterschiedlich. Die Situation für Wohnimmobilien beispielsweise wird nur marginal durch die Coronakrise beeinflusst. Der strukturelle Nachfrageüberhang in den großen Städten wird sich nicht auflösen: Nach wie vor ist die Nachfrage größer als das Angebot, und es wird zu wenig neuer Wohnraum geschaffen. Das gilt übrigens nicht nur für die Metropolen, sondern auch für viele andere attraktive Städte in wirtschaftlich starken Regionen. Mag sein, dass bei längerem Anhalten der Krise vorübergehend etwas weniger umgezogen wird. Zudem werden sich einige Privatinvestoren mit Investments zurückhalten, solange die Krise anhält. Und sollte eine schwerwiegende Rezession mit einer Trendwende am Arbeitsmarkt die Folge sein, dürfte das Wachstumspotenzial bei den Mieten an seine Grenzen stoßen (was teilweise bereits der Fall ist). Ein deutlicher Rückgang der Mieten auf das Niveau von vor zehn Jahren ist jedoch ebenso wenig zu erwarten wie ein sprunghafter Anstieg der Leerstände. Bestandshalter können deshalb größtenteils beruhigt sein.

Am wenigsten Sorgen muss man sich um Immobilien des Lebensmitteleinzelhandels machen. Wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erleben LEH-Märkte in dieser Krise einen unfassbaren Hype. Man muss nicht erst die jüngsten Hamsterorgien bemühen, um die Prognose zu wagen, dass der Gang in den Supermarkt um die Ecke sowohl während der Coronaphase als auch darüber hinaus langfristig für nahezu alle Verbraucher weiterhin zum Alltag gehören wird. Der LEH ist und bleibt aus Investorensicht geeignet für eine defensive Investmentstrategie, da er sich vom Coronavirus genauso unbeeindruckt zeigen wird wie vom Onlinehandel.

Etwas komplizierter stellt sich die Lage bei den übrigen Einzelhandels- und sogenannten Betreiberimmobilien dar, vor allem die der Hotellerie. Für den Einzelhandel gilt angesichts der Coronakrise dieselbe Faustregel wie vor dem Hintergrund des E-Commerce-Booms: Bei vielen Artikeln des langfristigen Bedarfs wird sich die Krise durchaus im stationären Einzelhandel bemerkbar machen. Die Anschaffung der neuen Frühlingsjacke in der Innenstadt beispielsweise wird nicht in ein paar Wochen einfach nachgeholt.

Hotel- und Gastronomiebetriebe stehen vor einer historischen Herausforderung
In einer schwierigen Situation stecken die Gastronomen. Betriebe ohne Reserven, deren Bilanzen auf Kante genäht sind, geraten schnell in Insolvenzgefahr, wenn über Wochen die Gästezahlen und damit die Umsätze deutlich sinken oder sogar ganz ausbleiben. Vielen wird gar keine andere Wahl bleiben, als den Betrieb vorübergehend zu schließen, um zumindest die laufenden Kosten (Personal, Wareneinkauf, Strom und Wasser etc.) zu verringern. Für den Immobilieneigentümer wird das nicht ohne Folgen für die Miet- beziehungsweise Pachteinkünfte bleiben.

Ganz ähnlich sieht es bei Hotelbetrieben aus. Dienst- und Urlaubsreisen werden derzeit allerorten abgesagt, viele Häuser werden in den kommenden Wochen annähernd leer stehen. Solide Hotelbetreiber müssen freilich immer über einige Liquiditätsreserven verfügen, um konjunkturelle oder saisonale Durststrecken zu überstehen, insofern wird sich vor allem in der Anfangsphase der Coronakrise die Spreu vom Weizen trennen. Zudem können zusätzliche Einnahmequellen wie beispielsweise ein angeschlossener Restaurantbetrieb mit einem überzeugenden Konzept für vorübergehende Unterstützung sorgen. Doch über einen längeren Zeitraum hinweg werden selbst solide wirtschaftende Hotelbetreiber in Zahlungsschwierigkeiten geraten, wenn die Umsätze ausbleiben.

Durch vertrauensvolle Zusammenarbeit lässt sich die Coronakrise überbrücken
In dieser historisch einmaligen und von niemandem vorhersehbaren Krisensituation ist es für den langfristigen Schutz und Erhalt eines Investments unumgänglich, dass Eigentümer und Betreiber von Hotel- oder Gastronomiebetrieben miteinander sprechen – beziehungsweise, indem bei Fondsinvestments der Fondsmanager das vertrauensvolle Gespräch mit Betreibern und Fondsinvestoren sucht. Es kann nämlich notwendig sein, vorübergehend auf einen Teil der Pacht- beziehungsweise Mieteinkünfte zu verzichten oder die Zahlungsziele unbürokratisch weiter nach hinten zu schieben, um langfristig das Überleben des Betriebs und damit die Zukunft des Investments zu sichern. Je nachdem, ob es sich um einen Fix- oder einen Umsatzpachtvertrag handelt, wird dabei von Investorenseite ein größeres oder kleineres Entgegenkommen nötig sein. Entscheidend ist, dass alle Beteiligten vertrauensvoll kommunizieren und an einem Strang ziehen. In einer solchen Krisensituation das Richtige zu tun, zeichnet einen guten und erfahrenen Fondsmanager letztlich aus. Das gemeinsame Ziel ist ein erfolgreicher Betrieb und ein erfolgreiches Investment – und dazu bedarf es eines langfristig überzeugenden Konzepts. Ist dieses vorhanden, lohnt sich die Anstrengung zur Zufriedenheit aller Beteiligten.

Dieser Artikel erschien am 23.3. auf FINANZWELT.DE.