Kapitalanlagewohnung: Neuer Königsweg der Bauträger?
27. Sep 2020
27. Sep 2020
Die Pandemie hat sich auf den Wohnungsverkauf in Deutschland unterschiedlich ausgewirkt: Der Verkauf an Eigennutzer ist vielerorts stark zurückgegangen. Viele Menschen gerade aus Schwellenhaushalten wohnen derzeit lieber weiterhin zur Miete, statt sich in unsicheren Zeiten langfristig auf die Finanzierung von Wohneigentum einzulassen. Sogar die jahrzehntealte Regel, dass zumindest die attraktiven Penthäuser oder die gut gelegenen Gartenwohnungen verhältnismäßig rasch an Eigennutzer verkauft werden, dürfte außer Kraft gesetzt sein.
Die Wohnung als Kapitalanlage jedoch scheint dagegen stärker gefragt als zuvor: Es gibt weiterhin erstaunlich viele eigenkapitalstarke private Anleger, die gerne in eine Wohnung zur Vermietung investieren wollen. Sei es, weil sie schlicht keine attraktiv verzinsten Alternativen am Markt finden. Oder sei es, weil Wohnungen als besonders inflationssicher gelten und gerade jetzt Inflationsängste zurückkehren.
Neue Vertriebskanäle
Diese Spreizung am Markt spüren die Bauträger: Die Vertriebskanäle, die sich an Eigennutzer richten, werden entsprechend zurückgefahren, und neue Wohnungen werden fortan in den Vertrieb an Kapitalanleger gegeben. Allerdings wird dabei oft übersehen, dass der Bauträger hierbei anders vorgehen muss.
Die Vertriebsunterlagen sind ein Beispiel: Sie gehen nicht länger nur an einen Makler, sondern nun auch an Finanzdienstleister und Anlageberater. Bauträger liefern dennoch häufig die gleichen Materialien, statt sie in Anlehnung an den IDWS-4-Standard aufzubereiten und so die Bauträgerhaftung zu reduzieren und den Vorgaben der Finanzdienstleister zu entsprechen.
Sales-Management und After-Sales-Management
Zu bedenken ist deshalb: Ist der Bauträger auf ein Sales-Management und späteres Nachsorgemanagement eingestellt? Sprich: Hat er die personellen Kapazitäten und das Know-how, während dem Vertrieb und dann nach dem Verkauf jahrelang Ansprechpartner für Berater und Anleger zu sein? Die Ansprüche von Anlageberatern und deren Kapitalanlegern sind mitunter hoch. Auch die Wohnung selbst muss andere Anforderungen erfüllen: Während Eigennutzer tendenziell größere und auch hochwertig ausgestattete Wohnungen nachfragen, eignen sich für die Vermietung eher kleinere und einfacher gehaltene Wohnungen ohne verspielte Grundrisse. Vorausschauende Kapitalanleger erwerben statt einer großen Wohnung daher im Zweifel lieber zwei kleinere an unterschiedlichen Standorten, um ihr Risiko zu streuen.
Bauträger, die noch umplanen können, sollten ihre Entwürfe daraufhin noch einmal prüfen und neue Projekte von vorneherein auf kleine, gut vermietbare Einheiten ausrichten. Eine attraktive Größenordnung hängt dabei vom Standort ab und liegt zwischen etwa 40 qm und 90 qm. Auch bei der Preiskalkulation sollte der Bauträger berücksichtigen, dass Finanzdienstleister und Anlageberater, anders als klassische Makler, es häufig nicht gewohnt sind, Kunden eine Maklerprovision in Rechnung zu stellen. Die Vergütung erfolgt daher häufig nur über eine Innenprovision. Und die ist in der Regel etwas höher als die klassische Innenprovision für Makler.
Dieser Artikel erschien am 23.9. in der IMMOBILIENMANAGER.