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Umbauen ist besser als stranden lassen

21. Jan 2022

Christian Schütz  |  Golding

Private Equity steht bisweilen in der Kritik, gezielt in nicht nachhaltige oder gar klimaschädliche Geschäftsaktivitäten zu investieren, die andere Unternehmen abgestoßen haben. Dabei kann und sollte Private Equity nicht als Teil des Problems, sondern als Transformator und damit als Teil der Lösung verstanden werden. Die neue Bundesregierung hat sich zum 1,5-Grad-Ziel bekannt und will deshalb die Klimaschutzmaßnahmen deutlich ausbauen. Solche Maßnahmen haben bisweilen erhebliche Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle und Bilanzen von Unternehmen. In diesem Zusammenhang ist oft von „Stranded Assets“ die Rede – Vermögenswerten, die wegen neuer oder verschärfter Vorschriften keine Erträge mehr erwirtschaften, keine Käufer finden und zu einer bilanziellen Belastung werden.

Die Regierung zeigt verstärkten Willen, Kohle für immer im Boden zu belassen, und greift damit direkt in den Energiesektor ein. Auch die Sektoren Transport, Industrie und Landwirtschaft hat sie ins Visier genommen. Die Notwendigkeit, Geschäftsmodelle mit Blick auf Umweltziele umzubauen, wird damit allgegenwärtig. Ist der Umbau erfolgreich, wird er sich in den Bewertungen widerspiegeln. Gelingt er nicht, können Assets auch aus Aktivitäten, die nicht im Zentrum der Klimadebatte stehen, stranden. Das stärkere ESG-Bewusstsein der Anleger und die Kapitalmarktregulierung durch EU-Taxonomie und Offenlegungsverordnung verschärfen die Fixierung der Marktteilnehmer auf erwartete Klimaschutzgewinner und -verlierer. Allerdings fokussiert sich die EU-Taxonomie auf offensichtlich umweltfreundliche Tätigkeiten und vernachlässigt das Potenzial, das in der Transformation von derzeit nicht grünen Geschäftsmodellen steckt. Entsprechende Assets drohen bei den Kapitalgebern in Ungnade zu fallen, selbst wenn ein erfolgreicher Umbau aussichtsreich scheint. Einige Private-Equity-Firmen sind in den vergangenen Monaten in die Kritik geraten, weil sie Assets erworben haben, die Unternehmen aus ESG-Erwägungen abgestoßen hatten. Der Vorwurf lautet, dass sie im Schatten des Privatmarktes Erträge aus umweltschädlichen Aktivitäten zögen, die ein börsennotiertes Unternehmen längst abgewickelt hätte.

Tatsächlich aber spielt die Branche eine entscheidende Rolle bei der Energiewende. Da Private-Equity-Firmen auf den späteren erfolgreichen Weiterverkauf ihrer Portfoliounternehmen angewiesen sind, ist gerade für sie die Frage zentral, welchem Stranded-Asset-Risiko ihre Investitionen ausgesetzt sind. Als Eigentümer der Unternehmen müssen sie diese Risiken mit Strategien beantworten. Dank ihrem längerfristigen Planungshorizont, ihrer Möglichkeit, Unternehmensstrategien unmittelbar zu steuern, und ihrem Fokus auf Exit-Bewertungen haben sie allerdings auch beste Voraussetzungen, Geschäftsfelder, die im Visier der Umweltregulierung stehen, zukunftsfähig zu transformieren.

Für Geschäftstätigkeiten, die offensichtlich nicht im Einklang mit Klimaschutzzielen stehen, definieren Private-Equity-Firmen im eigenen Interesse immer häufiger Ausschlusskriterien. Darüber hinaus spielt Private Equity als Kapitalgeber für Wachstumsunternehmen eine wichtige Rolle beim Bereitstellen von Klimalösungen. Private Equity ist daher kein Bremser, sondern im Gegenteil ein wichtiger Beschleuniger des Übergangs in eine CO2-neutrale Wirtschaft. Die Branche trägt dazu bei, durch Transformation das Stranden von Assets zu vermeiden und dabei gleichzeitig unnötige Reibungen und Arbeitsplatzverluste zu minimieren.

Dieser Artikel erschien in ABSOLUT PRIVATE 1/2022.

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