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Unverhofft vom Finanzierer zum Eigentümer

29. Sep 2023

Moritz Kraneis  |  Deutsche Zinshaus

Jahrelang haben alternative Immobilienfinanzierer von einer Sonderkonjunktur profitiert: Der Immobiliensektor boomte und war stetig auf der Suche nach frischem Kapital, während sich Banken und Sparkassen regulatorisch bedingt zurückhalten mussten. Mezzanine-Kapitalgeber, Kreditfonds oder institutionelle Investoren mit Direct-Lending-Angeboten sprangen gerne in diese Lücke. Doch mit der Zinswende hat sich das Blatt gewendet. Manch einer wacht jetzt auf und reibt sich verwundert die Augen über eine Bestandsimmobilie oder eine Projektentwicklung im Portfolio, die er gar nicht haben wollte und die nun intensives und kompetentes Asset-Management erfordert – was er womöglich gar nicht leisten kann oder will. Wie kommt es dazu?

In den Niedrigzinsjahren hatten sich die tatsächlichen Marktwerte von Immobilien immer weiter von den offiziellen Beleihungswerten entfernt, welche die Banken zur Berechnung ihrer Beleihungsausläufe heranziehen müssen. Während dort lange Zeit Kapitalisierungszinsen von um die 6,5 Prozent für Gewerbeimmobilien (je nach Nutzungsart) angesetzt wurden, waren Marktpreise von am Ende dem 40-Fachen der Jahresmiete in den A-Städten keine Seltenheit.

Ein Geschäftsmodell gerät ins Straucheln
Die Folge war, dass sich die Kreditinstitute oftmals auf die niedrigeren Loan-to-Values (LTVs) mit geringerem Haftungsrisiko beschränkt haben, um den Eigenkapitaleinsatz in ihren eigenen Bilanzen schonend zu optimieren. Die entstehende Lücke wurde mit Junior-Tranchen oder Mezzanine-Kapital von alternativen Finanzierungspartnern gefüllt. Mit der Zinswende ist dieses Geschäftsmodell jedoch schwieriger geworden. Markt- und Beleihungswerte nähern sich wieder einander an, die Lücke schrumpft. So müssen Kreditfonds und Direct-Lender deutlich höhere Zinsen einkalkulieren, um ihre eigenen Investoren zufriedenzustellen, das macht die Mezzanine-Aufnahme für Immobilieninvestoren und Projektentwickler weniger attraktiv. Ohnehin stecken der Transaktionsmarkt sowie die Entwicklerbranche in der Krise, sodass generell die Nachfrage sinkt und der Exit zur Tilgung der Verbindlichkeiten schwieriger wird.

Gleichzeitig kommt bei vielen bestehenden Finanzierungen derzeit die gesamte Finanzierungsstruktur unter Druck. Bestandsimmobilien werden neu bewertet, viele laufende Projektentwicklungen rechnen sich nicht mehr. Das Eigenkapital schmilzt ab, für manche Projektgesellschaft führt der Weg geradewegs in die Insolvenz. Das hat zur Folge, dass sich einige Nachrang- oder Mezzanine-Kapitalgeber plötzlich und ungewollt ganz vorne in der Haftungskaskade wiederfinden. Entweder sie schlüpfen in die Rolle des Alleineigentümers oder suchen einen Joint-Venture-Partner, um fehlendes Eigenkapital aufzufüllen.

Plötzlich ist Immobilienexpertise gefragt
Manche Mezzanine-Geber, zum Beispiel semi-professionelle oder kleinere institutionelle Investoren, führt diese Entwicklung jedoch an die Grenzen ihres Geschäftsmodells. Denn eine Bestandsimmobilie und erst recht eine laufende Projektentwicklung erfordern ein professionelles und erfahrenes Asset-Management, das sie oftmals gar nicht leisten können oder wollen. Schließlich war es nie geplant, eine Immobilie oder gar ein ganzes Portfolio zu besitzen und zu managen, sondern nur über einen überschaubaren Zeitraum und zu festen Konditionen zu finanzieren.

Handelt es sich darüber hinaus um stockende Projektentwicklungen oder gar um Stranded Assets, reicht auch das „einfache“ Asset-Management nicht aus. Dann ist Restrukturierungserfahrung gefragt, die kaum ein Mezzanine-Investor inhouse aufbringen kann. Eine Expertise im Abwickeln von Non-Performing-Loans ist sicher hilfreich. Will der unverhoffte Immobilieneigentümer aber nicht ausgerechnet in dieser Marktphase sein Asset notverkaufen, benötigt er daneben auch Immobilienexpertise.

Wer diese Expertise vermissen lässt, hat drei Alternativen. Er kann erstens sein Asset verkaufen und Wertverluste realisieren; in vielen Fällen also das Ende mit Schrecken. Er kann zweitens einen Joint-Venture-Partner suchen und damit den Wertverlust reduzieren, muss sich aber künftig auch die Kontrolle teilen. Oder er findet sich drittens mit seinem unverhofften Immobilienbesitz ab und holt sich die erforderliche Immobilienexpertise von einem externen Partner. Damit kann er die Zeit gewinnen, die er braucht, um sein Asset professionell restrukturieren zu lassen und in einer günstigeren Marktphase zu veräußern.

Dieser Artikel erschien am 25.09.2023 online auf immobilienmanager.de

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