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Am Großherzogtum führt kein Weg vorbei

15. Dez 2023

Kurt Jovy  |  Universal Investment

Deutsche Investoren internationalisieren seit Jahren ihre lmmobilienportfolios. Gleichzeitig zieht es mehr und mehr ausländische Investoren in den deutschen Immobilienmarkt. Mag sein, dass diese Entwicklung zeitweise an Dynamik verloren hat, doch langfristig ist dieser Trend weiterhin intakt. Als Drehscheibe für diese Internationalisierung hat sich der Fondsstandort Luxemburg etabliert.

Eine effiziente Bürokratie und eine klare Regulierung, eine mit Augenmaß agierende Finanzaufsicht und eine ausgezeichnete Finanzinfrastruktur vor Ort sind das Erfolgsrezept, das Luxemburg zu einem der bedeutendsten Fondsstandorte der Welt gemacht hat.

Erfolgsrezept mit vier Buchstaben
Das größte Asset Luxemburgs als Fondsstandort besteht aus vier Buchstaben: CSSF. Das ist die Abkürzung für Commission de Surveillance du Secteur Financier und steht für die luxemburgische Finanzaufsichtsbehörde. Die CSSF genießt zu Recht einen exzellenten Ruf für ihren pragmatischen und kooperativen Ansatz, der es ermöglicht, innovative Fondsstrukturen zu schaffen, die auf die spezifischen Bedürfnisse internationaler Investoren zugeschnitten sind – und das in relativ kurzer Zeit.

Es steht zudem eine sehr breite Produktpalette unterschiedlicher Regulierungstiefe zur Verfügung, bei relativ freier Wahl der Rechtsformen. Fondsvehikel Luxemburger Art genießen eine breite internationale Anerkennung, auch im Vergleich zu in Deutschland aufgelegten Spezialfonds.

Der luxemburgische Binnenmarkt ist bekanntlich klein: Rein rechnerisch belaufen sich die Assets under Management der luxemburgischen Fondsindustrie auf etwa 10 Mio. Euro pro Kopf. Ohne das EU-PassportSystem wäre diese Zahl einfach undenkbar. In Luxemburg aufgelegte Fonds können grundsätzlich in der gesamten EU problemlos vertrieben werden und natürlich auch Assets anbinden. Dadurch wird das Geschäftsmodell Luxemburgs als internationale (lmmobilien-)Fondsdrehscheibe überhaupt erst möglich.

Klare und effiziente Regelungen
Flankiert wird das von einigen Steuervorteilen: In Luxemburg wird keine Quellensteuer auf Zinsen und Dividenden erhoben, Kapitalgewinne aus dem Verkauf von Immobilien können unter bestimmten Bedingungen steuerfrei gestellt werden und Luxemburg hat mit einer großen Zahl von Ländern Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Das Großherzogtum verdankt seinen Erfolg aber nicht einem Ruf als ,,Steuerschlupfloch” oder aufgrund „lascher” Finanzaufsicht – im Gegenteil: Der Standard im Anlegerschutz ist sehr hoch. Die entsprechenden Regelungen sind weder lasch noch niedrig, sondern klar und effizient.

In Luxemburg hat sich ein Cluster für die internationale Finanz- und Fondsindustrie gebildet. Das Land fördert aktiv Innovationen im Finanzsektor. Das erlaubt es der Fondsbranche vor Ort, schneller als anderswo auf neue Trends zu reagieren und ein entsprechendes Angebot zu schaffen. Das große Arbeitsplatzangebot in diesem Segment und die starke Internationalität sind ein Magnet für hochqualifizierte und multilinguale Fachkräfte aus ganz Europa.

Das Großherzogtum ist de facto bilingual: Deutsch/Letzeburgisch und Französisch gelten als Muttersprache, womit die beiden größten Sprachräume in der Europäischen Union (EU) abgedeckt sind. Zudem gibt es eine lange Tradition als Standort für Investmentfonds, weshalb sich eine breite Palette an unterschiedlichen Dienstleistern dort etabliert hat, die zum Beispiel auf die Verwaltung und Verwahrung von Fondsvermögen spezialisiert sind.

Neue Instrumente wie der „European Long-Term Investment Fund” (ELTIF) sollen als europaweit einheitlich ausgestaltete AIF-Vehikel (AIF steht für alternative Investmentfonds) auch in diesem Bereich den europäischen Binnenmarkt Realität werden lassen. Das dürfte die Bedeutung Luxemburgs weiter stärken: Denn ganz egal, wo ein ELTIF aufgelegt wird: Er darf ab sofort in jedem EU-Land – sofern Formalia wie etwa Prospekte und Dokumentationen in der Landessprache erfüllt sind – vertrieben werden.

Irland hat aus Fehlern gelernt
Trotz seiner beeindruckenden Marktstellung und der unbestrittenen Vorteile läuft Luxemburg nicht außer Konkurrenz. Irland, das sich schon einmal als regulatorisch bevorzugter Standort für die Finanz- und Fondsindustrie positioniert hatte und in der Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten war, hat sich wieder neu positioniert und aus den Fehlern von damals gelernt. Derzeit gewinnt es vor allem im liquiden Bereich an Bedeutung in der Fondsindustrie und profitiert dabei auch vom Brexit des großen Nachbarn. Aber auch im AIF-Segment sehen die Iren Potenzial für den Ausbau ihrer Marktstellung innerhalb der EU.

Deutschland nicht vergessen
Und vergessen wir Deutschland nicht: Das Land ist und bleibt der potenziell mit Abstand größte Absatzmarkt. Mit dem offenen Immobiliensondervermögen gibt es in Deutschland ein seit Jahrzehnten erfolgreiches Vehikel, das immer wieder kopiert, aber in dieser Marktdurchdringung nie erreicht wurde.

Luxemburg muss die Konkurrenz nicht fürchten, im Gegenteil: Sie sorgt dafür, dass sich der Fonds- und Finanzplatz stetig weiterentwickelt. Deshalb erwarte ich, dass das Land seine herausragende Bedeutung als Fonds- und vor allem als AIF-Standort in Europa bis auf Weiteres behaupten wird.

Dieser Artikel erschien am 13.12.2023 in der Sonderbeilage der Börsen-Zeitung.

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