PB3C News

Neue Heizung reicht nicht zum Paris-Ziel

16. Jan 2022

Hannah Helmke  |  right. based on science

Grundsätzlich ist es ein gutes Zeichen, wenn mehr und mehr Bauherren und Bestandshalter ihrer Verantwortung gerecht werden wollen. Sie entwickeln Neubauten nach aktuellen Energieeffizienzstandards und investieren in die energetische Sanierung ihrer Bestandsgebäude. Doch gemessen an den Pariser Klimazielen wird der Klimaeffekt bei Bestandssanierungen regelmäßig deutlich überschätzt. Dahinter steckt keine böse Absicht. Es kann sich einfach kaum jemand so recht etwas unter einer Tonne CO2-Äquivalent vorstellen.

Klarer sieht man, wenn man die Wirkung dieser Emissionen in den Blick nimmt – und zwar umgerechnet in Grad Celsius. Man spricht auch von ‚Temperature Alignment‘. Also: Wie stark würde sich der Planet erwärmen, wenn die ganze Welt genauso emissionsintensiv wäre wie dieses Asset? Und wie verändert sich dieser skalierte Wert, wenn Sanierungsmaßnahmen umgesetzt werden?

Nach dieser Rechnung stellt man fest: Die Installation einer modernen Heizungsanlage – ohne Frage eine sinnvolle Investition – reicht in einem schlecht isolierten Büroaltbau nicht aus, um die Vereinbarkeit mit dem Pariser Klimaziel von 1,5 Grad Erderwärmung herzustellen. Auch die Beachtung der EU-Taxonomie kann, muss aber nicht automatisch Paris-Konformität bedeuten. Denn die Taxonomieverordnung sieht zwar Klimaneutralität bis 2050 vor, rückt aber nicht die frühzeitige und fortschreitende Emissionsreduktion in den Mittelpunkt, die für das 1,5-Grad-Ziel entscheidend ist. Ein konkretes Praxisbeispiel: Ein Bürogebäude mit Gasheizung und deutschem Strommix steht im Ist-Zustand bei einem Klimaeffekt von 2,6 Grad. Durch eine Fassadendämmung sinken die Emissionen aus der Heizung um 50 % und der Klimaeffekt auf 2,1 Grad. Ein guter Fortschritt – aber leider nicht genug. Wird dieselbe Immobilie zusätzlich mit einer Wärmepumpe und einer Photovoltaikanlage auf dem Dach ausgestattet, sinken die Heizemissionen um 95 % und der Stromverbrauch um 50 %. Im Ergebnis wird das 1,5-Grad-Ziel erreicht.

Der zweite entscheidende Faktor ist der Zeitpunkt der Durchführung. Denn für die Klimawirkung kommt es nicht nur auf die Emissionen ab einem bestimmten Stichtag an. Mindestens genauso wichtig ist die Menge der emittierten Treibhausgase bis zu diesem Zeitpunkt. Kurzum: Je früher Sanierungsmaßnahmen umgesetzt werden, desto weniger Emissionen werden ausgestoßen und verbleiben dauerhaft in der Atmosphäre – und desto besser ist die Auswirkung auf das Temperature Alignment.

Dieser Artikel erschien am 13.1. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an die Leiter unserer Redaktion Jan Döhler und Kai Gutacker.