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Corona bremst die Spekulanten

14. Jun 2020

Dirk Ruppert  |  Cells Group

Corona ist der “Schwarze Schwan”, der die Korrektur der spekulativen Marktverzerrungen und Übertreibungen der vergangenen Jahre auf dem deutschen Immobilienmarkt einleitet. In besonders angespannten Märkten war vor dem Ausbruch der Krise – insbesondere in Berlin – eine paradoxe Situation zu beobachten: Manche Investoren waren bereit, für ein Büroobjekt mit kurzfristigen Mietverträgen oder Leerstand mehr zu zahlen als für ein vergleichbares, langfristig an ein bonitätsstarkes Unternehmen vermietetes Core-Objekt. Die Spekulation auf Mietsteigerungen führte zu höherer Zahlungsbereitschaft als die Aussicht auf sichere Erträge. Damit dürfte nun Schluss sein.

Das Ertragspotenzial einer Immobilie aktiv zu steigern, ist freilich keine exotische Strategie. Doch zuletzt konnte sich vor allem der Käufer durchsetzen, der die größte Mietfantasie hatte, und nicht derjenige mit dem besten Nutzungskonzept. Aufgrund des durch die Corona-Krise ausgelösten kurz- bis mittelfristigen Nachfrageschocks in allen Nutzungsarten werden von nun an jedoch wieder verstärkt diejenigen Käufer zum Zuge kommen, die in der Lage sind, mit solchen Situationen umzugehen und an der Immobilie zu arbeiten – und nicht die aggressivsten Spekulanten.

An Kapital wird es nach meiner Einschätzung nicht mangeln: Nicht zuletzt dank der niedrigen Zinsen und der Liquiditätsschwemme durch Notenbanken und Regierungen wird weiterhin eine enorme Liquidität für Immobilieninvestments zur Verfügung stehen, zumal die Börsen volatil bleiben. Gleichzeitig jedoch werden viele Investoren das, was in den vergangenen Jahren als Chance gesehen wurde, nun wieder als Risiko einpreisen. Das bedeutet umgekehrt, dass eine langfristig vermietete Immobilie wieder mehr wert sein wird als ein Leerstandsrisiko.

In der Konsequenz glaube ich, dass Core-Immobilien wertstabil bleiben oder gar steigen werden. Core-plus- und Value-add-Investments dürften jedoch aufgrund der Neubewertung des Risikos im Wert nachgeben. Diese Preisanpassung wird nicht so zäh erfolgen wie im Nachgang der Finanzkrise, da nun die Nutzer- und nicht die Finanzierungsseite betroffen ist. Bei Mietausfällen sind die Businesspläne nicht mehr einzuhalten oder der Kapitaldienst kann nicht mehr geleistet werden. Ich denke, dass wir irgendwann im Jahr 2021 zahlreiche Deals zu deutlich reduzierten Preisen sehen werden. Wohl dem, der in den vergangenen Jahren nicht jede Übertreibung mitgemacht hat.

Dieser Artikel erschien am 12.6. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.