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City-Logistik braucht Flächenstandards

12. Nov 2021

Kuno Neumeier  |  Logivest

Seit 30 Jahren debattieren wir über City-Logistik, und seit 30 Jahren gibt es weder einheitliche Last-Mile-Strategien noch einen Immobilienstandard. Die Flächen, welche mit diesem Label versehen werden, sind in der Regel entweder klein und unpraktisch oder aber am Stadtrand gelegen und somit nicht im engeren Sinne urban. Gleiches gilt für die Belieferung mit Sprintern, die 20 km oder 30 km bis zum Stadtkern fahren müssen. Pilotprojekte mit autonomen Fahrzeugen verliefen erfolglos.

Ein weiterer Ansatz, der von den alteingesessenen Logistikspezialisten jahrelang debattiert, aber nicht in die Praxis umgesetzt wurde, ist die Same-Hour-Delivery. Hierbei haben junge E-Commerce-Unternehmen wie Flink, Gorillas und Getir nun schlicht und einfach Fakten geschaffen. Sie beliefern die deutschen Innenstädte aus alten, umgenutzten Handelsflächen heraus innerhalb von wenigen Minuten. Diese jungen Firmen nehmen Probleme und Konfrontationen durchaus in Kauf, beispielsweise in Form von zugeparkten Straßen während der Be- und Entladung.

Heißt das nun, dass diese Start-ups unbedingt zum Vorbild für die Logistik von morgen werden müssen? Keinesfalls, schließlich muss die Wirtschaftlichkeit ihrer Modelle kritisch hinterfragt werden und auch die flächenbezogenen Probleme sind langfristig zu groß. Dennoch erinnert mich die aktuelle Situation an die Konfrontation zwischen „New Economy“ und „Old Economy“ zur Jahrtausendwende: auf der einen Seite Unternehmen, welche zweifellos ein wenig gehypt werden und deren langfristige Wettbewerbsfähigkeit aktuell noch nicht feststeht – auf der anderen Seite etablierte Firmen, die nun aber mit der Zeit gehen müssen, um sich zu behaupten.

Die alteingesessenen Logistikdienstleister und Verlader sollten die aktuelle Konkurrenzsituation als Handlungsimpuls wahrnehmen und die Versäumnisse nachholen. Dies funktioniert aber nur, wenn sie zuerst strategisch denken und nicht überstürzt auf Standortsuche gehen. Wird hingegen weiterhin aufgrund der Flächenknappheit jedes verfügbare und halbwegs akzeptable Grundstück gesichert, nehmen die Insellösungen noch weiter zu. Stattdessen sollte endlich einmal die Lieferkette vom Produktionsstandort über das Zentrallager im Hinterland bis hin zur Endkundenbelieferung im Mittelpunkt stehen. Ein funktionierender Prozess kann zum Vorbild für weitere Standortsuchen und Expansionen werden. Denn über diesen Umweg könnte sich letztlich auch ein Standard für die Last-Mile-Immobilie herausbilden.

Dieser Artikel erschien am 10.11. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.