PB3C News

Mezzanine, NPLs und Co. – wie sich die Immobilienfinanzierung neu erfindet

7. März 2025

Ricardo Brehme  |  Axeris Capital AG

Vor der globalen Finanzkrise 2008 war es weltweit gang und gäbe, dass Banken Immobilienprojekte mit bis zu 110 Prozent des Kaufpreises finanzierten. Dieses Modell brach infolge der Lehman-Pleite zusammen, als massive Kreditverluste auftraten und die globale Wirtschaft beeinflussten. Die Banken zogen sich daraufhin – nicht zuletzt aufgrund der verschärften regulatorischen Vorgaben – zurück, und alternative Finanzierungsformen wie Mezzanine-Kapital wurden zu einer essenziellen Ergänzung der mehr und mehr diversifizierten Finanzierungsmodelle in der Immobilienwelt.

Viele Mezzanine-Investoren konnten daraufhin in den Boomjahren bis 2022 hohe Renditen erzielen, doch mit dem Ende dieses Immobilien- und Zinszyklus zeigen sich nun auch die Verlierer einer veränderten Finanzierungslandschaft. Projekte, die vor wenigen Jahren mit niedrigen Finanzierungskosten kalkuliert wurden, gerieten und geraten noch immer zunehmend unter Druck. Dies betrifft besonders Projektentwicklungen ohne stabilen Cashflow, da sich viele der bisherigen Annahmen über Wertsteigerungen und Finanzierungsbedingungen angesichts der Zinswende in Luft aufgelöst haben.

In der Folge kommen zahlreiche Projekte und Objekte aus Non-Performing Loans (NPLs) auf den Markt. Diese Entwicklung wird den Markt auch im laufenden Jahr definitiv noch prägen. Während die Anzahl der notleidenden Kredite in den vergangenen Jahren anstieg, ist der deutsche Markt noch weit von einer Bereinigung entfernt. Dies liegt am wesentlichen Unterschied zu den angelsächsischen Märkten, wo Investoren, die erkennen, dass ihr Projekt gescheitert ist, die neuen Gegebenheiten rascher akzeptieren und einpreisen. In Deutschland dauert der Abwicklungsprozess oft länger, da viele hoffen, in Sachen Bewertung mit einem blauen Auge davonzukommen. Hinzu kommt, dass Banken allgemein ihre Kapazitäten für den Umgang mit NPLs in der langen Boomphase zwischen der Lehman-Krise und der Zinswende reduziert haben, was die Bearbeitung weiter verzögert.

Interessant ist dabei die Frage, welche Assets in der NPL-Welle noch auf den Markt gespült werden. Unglücklicherweise beobachtet man in der Branche, dass es vor allem NPLs sind, die vor großen Herausforderungen stehen. Neben den Projektentwicklungen ohne Cashflow betrifft das auch Bürobauten aus den 80er-Jahren, die von Grund auf saniert werden müssten, um heutigen Nachhaltigkeitsansprüchen zu genügen. Chancen bieten sich dagegen bei den nicht-ESG-konformen Wohnbeständen großer institutioneller Bestandshalter, die ihre Portfolien aussortieren. Während die Kernsanierung alter Büros oftmals unwirtschaftlich ist und Mixed-Use-Konzepte oft in den bestehenden Strukturen nicht verwirklicht werden können, bieten zu sanierende Wohnobjekte mehr Potenzial für spezialisierte Investoren und werden lieber finanziert.

Im Bereich Wohnimmobilien zeigt sich daher ein differenziertes Finanzierungsbild. Dadurch, dass sich der Fokus zunehmend auf Manage-to-Green-Projekte verschiebt und die Kauffaktoren bei veraltetem Bestand teilweise nur bei dem zehn- bis zwölffachen der Jahresmiete liegen, schrumpft der Mezzanine-Anteil und Banken übernehmen wieder vergleichsweise hohe Finanzierungsquoten von bis zu 90 Prozent. Der wohnwirtschaftliche Markt bleibt daher aktuell einer der interessantesten Bereiche für Finanzierungen, während der Büromarkt für viele Investoren unwirtschaftlich ist. Dennoch lohnt es sich, die Augen offenzuhalten und interessante Bürolagen für Umnutzungen, wo sich die Sanierung womöglich eher rechnet, in Betracht zu ziehen.

Denn die zentrale Lehre, die man aus der Lehman-Krise und den jüngeren Insolvenzen von Immobilieninvestoren und Mezzanine-Finanzierern ziehen kann, ist, dass die großen Turbulenzen immer aus einem hohen Hang zur Spekulation entstehen. Spekulativer Grundstückshandel, das Aussitzen von Bewertungsverlusten mit der Hoffnung auf schnell fallende Zinsen und das Beharren auf nicht mehr aktuellen Bewertungen tragen hauptsächlich dazu bei, dass sich die Notlage einzelner Objekte auf gesamte Portfolios ausdehnen kann – und die bestehenden Cashflows nicht reichen, um das Ruder noch herumzureißen.

Der Immobilienmarkt wird vorerst vermutlich volatiler bleiben, als wir es in der Boomphase gewohnt waren, doch es gibt einige Aussichten und Chancen, die es zu nutzen gilt. Auch wenn es angesichts der jüngsten Inflationsentwicklungen nicht klar absehbar ist, wäre es für den Markt gesund, wenn sich die immobilienrelevanten Zinsen mittelfristig auf einem gesunden Niveau von zweieinhalb bis zwei Prozent einpendeln, was die Grundlage für eine Markterholung begünstigen würde. Dabei dürfen Marktteilnehmer nicht auf eine Rückkehr zu den sehr angenehmen Finanzierungsbedingungen der Nullzinszeit hoffen. Stattdessen ist Anpassungsfähigkeit gefragt: Je schneller Marktteilnehmer mit Finanzierungsschwierigkeiten erkennen, dass selbst die Verkaufsfaktoren der Jahre vor Corona nicht mehr erzielbar sind, desto schneller kann der deutsche Immobilienmarkt zu einem Normal zurückkehren.

Obwohl die Herausforderungen bei Finanzierungen groß sind, bieten sie auch Chancen für Investoren, die bedacht vorgehen. Gerade Projekte im Bereich “Manage-to-Green” und innovativ nachhaltige sowie geschickte Umnutzungskonzepte für veraltete Bürogebäude könnten in der näheren Zukunft den Weg weisen. Investoren, die flexibel am Ball bleiben und gezielt Chancen nutzen, werden sehr wahrscheinlich als Gewinner aus dieser Markttransformation hervorgehen. Gerade bei der Umnutzung von zentral gelegenen Büroflächen in gewerbliches Wohnen oder Senior Living bieten sich interessante Optionen – vorausgesetzt, alle beteiligten Parteien arbeiten an einem tragfähigen Konzept zusammen. 

Dieser Beitrag erschien am 07.03.2025 auf der Website von Immobilien & Finanzierung. 

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an die Leiter unserer Redaktion Jan Döhler und Kai Gutacker.