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Grüner ist nicht automatisch auch besser

24. Mai 2020

      Markus Reinert  |  IC Immobilien Gruppe

Natürlich sollten wir uns intensiv Gedanken darüber machen, wie wir Immobilien umweltschonend bauen und betreiben. Wir haben jedoch in der aktuellen Green-Building-Debatte einen Punkt erreicht, an dem ich mich frage, ob wir das Kernthema aus den Augen verlieren: Eine Immobilie muss zuerst einmal rentabel sein, sowohl für den Investor als auch für den Nutzer. Bedingt durch den sehr langen positiven Zyklus in unserer Branche konnten wir Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit in einem Investment vereinen.

Aber was passiert, wenn sich die Märkte drehen und Investoren wie Nutzer im Zweifel zwischen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit entscheiden müssen? Dass ein Green Building grundsätzlich wertstabiler als eine ähnliche nicht zertifizierte Immobilie ist, halte ich für einen Mythos. Im Gegenteil: Nicht nur der Bau dieser Immobilien ist teurer. Es können zudem erwiesenermaßen höhere Betriebskosten anfallen – unter anderem durch die komplexere Gebäudetechnik und den höheren Managementaufwand. Die große Gefahr ist, dass ein Investor heute ein Green Building teuer einkauft und sich die Flächennachfrage verringert oder das Flächenangebot wieder zunimmt. Ja, noch herrscht Flächenmangel, aber denken wir nur einmal an die Zeit vor zehn Jahren zurück, in der Experten sogar den ersatzlosen Abriss von Büroimmobilien wegen zu hoher Leerstände forderten. Sollten die Leerstandsquoten wieder steigen, werden wenige Unternehmen bereit und in der Lage sein, zu den heutigen Marktkonditionen anzumieten.

Was sollten wir also tun? Ein erster wichtiger Schritt wäre, stärker zu differenzieren: Eine BREEAM-Zertifizierung ist deutlich weniger kosten- und zeitaufwendig als beispielsweise eine LEED-Zertifizierung. Hinzu kommt noch das rein deutsche DGNB-Zertifizierungssystem, dessen Kriterien nicht mit den internationalen Systemen gleichgesetzt werden können. Abgesehen davon gehört Deutschland zu den Ländern mit den weltweit höchsten energetischen Baustandards, selbst für nicht zertifizierte Gebäude. Für deutsche Büroneubauten sind inzwischen sogar teilweise Zweifachverglasungen nicht mehr ausreichend, der zulässige Heizwärmebedarf hat sich seit Beginn der 2000er Jahre großteils mehr als halbiert. Eine Immobilie kann also selbst dann sehr hohe Umweltstandards aufweisen, wenn nirgends die Worte ‚Gold‘ oder ‚Platin‘ auf einer Plakette im Eingangsbereich stehen. Die niedrigen Energieverbräuche sind an den Nebenkostenabrechnungen ablesbar.

Dieser Artikel erschien am 22.5. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.