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Menschen sind wichtiger als Design

5. Feb 2023

Matthias Goßmann  |  HB Reavis

Menschen sind grundverschieden. Diese Vielfalt wird von vielen Büroflächenplanern aber meist nicht berücksichtigt – sie führen oft nur Workshops mit wenigen ausgewählten Vertretern der späteren Nutzer durch. Dabei bräuchte es zusätzlich Einzelgespräche und Interviews im großen Stil.

So wünschen sich extravertierte Menschen oft beruhigende, stark begrünte Büroabschnitte für nur wenige Kollegen – für mehr Arbeitsfokus als Gegenpol zu ihrer eigenen geselligen Ader. Neurotiker fühlen sich eher von schreienden Farbwelten unterstützt, die ihren lautstarken inneren Kritiker übertönen helfen. Erfahrungsoffene Menschen nehmen positive Reize durch Kunst und außergewöhnliches Design besonders stark auf, also für sie bitte keine Möblierung von der Stange. Harmoniebedürftige Menschen wiederum freuen sich über neue Raumkategorien wie Familien- oder Spielzimmer, über die Weinbar im Büro und über haustierfreundliche Bereiche. Für die Gewissenhaften hingegen kommt es eher darauf an, dass sie direkt an das “Gesamtsystem Arbeitsplatz” andocken und loslegen können. Es muss ruhig sein und der Weg zum Essen, zu Getränken und Information kurz. Thinktanks direkt neben Teeküche und Bibliothek beispielsweise.

Für die eher stillen Charaktere mit geringerem Nähebedürfnis bieten sich Arbeitsinseln an, die nicht zu groß sind und bei offenen Bürostrukturen eher am Rand als im Zentrum liegen. Herrscht bei den stillen Charakteren vielleicht eine vermehrte Telefonangst vor? Können zusätzliche Telefonboxen helfen, in denen man auch länger isoliert arbeiten kann und möchte?

Gerade hier wären bei der Büroplanung einzelne Interviews besonders wichtig, denn die stillen Charaktere sind erwiesenermaßen die Menschen, die am liebsten weiterhin im Homeoffice bleiben. Um sie vom Büro als Ort der gemeinsamen Unternehmenskultur zu überzeugen, muss man ihre individuellen Bedürfnisse erkennen und diese eben unter anderem auch innenarchitektonisch spiegeln und in die künftige Bürolandschaft einplanen.

Fazit: Selbst in kleinen Unternehmen kommen hunderte verschiedenster Menschentypen zusammen. Auch wenn nicht sämtliche Bedürfnisse erfüllbar sind, kann man sich durchaus um ein optimales Ergebnis bemühen. Das geht aber nur, wenn man dieses klar vor Augen hat. Es liegt in der Verantwortung der dienstleistenden Büroflächenplaner, die Mitarbeiterbedürfnisse im mietenden Unternehmen mindestens genauso gut zu kennen wie die Personalabteilung und Geschäftsführung des Kunden.

Dieser Artikel erschien am 2.2. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.

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