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Bei allem Verständnis: Das Vertrauen in die Politik ist stark gefährdet

30. Jan 2022

Philipp Pferschy  |  GIEAG

Ich versuche Verständnis aufzubringen, wo immer es geht. Und ich kann es nachvollziehen, dass die Bundesregierung Anpassungen an Programmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude vornehmen will. Die Angebote mit KfW-Effizienzstandard 55 und dem noch sparsameren Effizienzstandard 40 waren sicher ausbaufähig. Wie es hieß, nutzten auch einige Firmen Lücken im System aus, um sich zu bereichern. Das geht nicht und das sollte auch unbedingt verhindert werden.

Doch diese Förderungen einfach so und ohne Vorankündigung vor der eigentlichen Frist zu stoppen, macht mich fassungslos. Das Vertrauen in die neue Regierung ist vorerst verspielt! Der Dialog zwischen der neuen Bundesregierung und der Immobilienwirtschaft war gerade erst im Entstehen, wird durch diese Ad-hoc-Maßnahme aber doch vollkommen konterkariert. Natürlich kann man nicht nur mit fremden Mitteln planen. Aber Bauherren und Bauwillige erwarten eine Rechtssicherheit und an dieser Stelle auch eine gewisse Planungssicherheit, wenn Fördermittel eine Laufzeit haben. Sie haben sich darauf verlassen und hängen jetzt in der Luft. Bauträger sind nun in einer Situation, in der sie nicht planen können. Wie die Projekte jetzt weiterlaufen, die teilweise gefördert werden sollten, weiß zum aktuellen Zeitpunkt niemand so richtig. Und das Problem hat nicht einer – es haben alle. Dadurch droht der Wohnungsbau nun stark ausgebremst zu werden. Dabei hatte die Regierung sich doch vorgenommen, dieses Jahr 400.000 neue Wohnungen zu schaffen.

Besonders verwirrend: Diese Entscheidung wurde von einem grünen Wirtschaftsminister getroffen. Erstmals hatte nach viel zu langer Zeit endlich ein Fördermittel flächendeckend dazu geführt, dass klimafreundlicher gebaut wird. Jetzt wird alles über den Haufen geworfen. Es mag nachvollziehbar sein, dass der KfW-55-Standard als Fördermittel irgendwann auslaufen und zum neuen Baustandard werden musste. Aber warum auch der KfW-40-Standard? In Zeiten gestiegener Baukosten werden Entwickler dadurch so gut wie gezwungen, nur das Allernötigste in Sachen Klimaschutz zu tun.

Die KfW-Förderungen müssen so schnell es geht fortgesetzt werden. Ich wüsste nicht, wie man sonst klimaeffiziente Bauvorhaben effektiv fördern könnte. Die Politik ist jetzt in der Pflicht, sich das verlorene Vertrauen so schnell es geht zurück zu erarbeiten. Schließlich ist die Immobilienbranche nicht nur auf die Politik angewiesen, sondern die Politik auch auf uns. Nur gemeinsam im Dialog schaffen wir klimafreundlichen Neubau.

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an die Leiter unserer Redaktion Jan Döhler und Kai Gutacker.