Wohninvestments in Deutschland – Juni 2022
27. Mai 2022
27. Mai 2022
Liebe Leserinnen und Leser,
in das Thema kommunales Vorkaufsrecht kommt wieder Bewegung. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig hatte Ende 2021 klargestellt, dass das Vorkaufsrecht nur dann ausgeübt werden darf, wenn tatsächlich ein Missstand im Sinne des Baugesetzbuchs vorliegt – und nicht etwa nur der Verdacht gegeben ist, der Käufer könnte beispielsweise nach einer energetischen Sanierung die Miete erhöhen wollen.
Dass nach diesem Urteil in dieser Sache kein Frieden Einzug halten würde, war abzusehen. Im Februar brachte die Linken-Fraktion einen eigenen, freilich aussichtslosen Gesetzentwurf zu einer Verschärfung des kommunalen Vorkaufsrechts in den Bundestag ein. Der Entwurf, der drei Monate später vom Bundesbauministerium folgte, setzte auf den Vorschlag der Linken noch eins drauf: Demnach soll das Wohl der Allgemeinheit für die Ausübung des Vorkaufsrechts genügen. Dieses Thema wird Wohnungsinvestoren somit auch nach dem Leipziger Urteil wohl noch lange beschäftigen – vermutlich in schärferer Form als bisher. Der energetischen Gebäudesanierung hingegen dürfte durch die vielen zu erwartenden Abwendungsvereinbarungen ein Bärendienst erwiesen werden.
Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre.
Jürgen Michael Schick & Holger Friedrichs
Sascha Hertach | Vorstandsmitglied, Arbireo Capital AG
Die hohe Nachfrage professioneller Investoren nach deutschen Wohnimmobilien wurde in den vergangenen Jahren immer stärker durch große Portfoliotransaktionen bedient. Das Jahr 2021 mit seinem Rekordvolumen von 49,8 Milliarden Euro (Quelle: JLL) sticht dabei besonders heraus, ging doch mit 23,5 Milliarden Euro fast die Hälfte auf das Konto der Übernahme des Deutsche-Wohnen-Portfolios durch Vonovia. Anders als über Portfoliotransaktionen ließe sich die sechsstellige Zahl gewerblicher Wohnungskäufe pro Jahr auch gar nicht stemmen. Die Frage ist, ob Investoren damit auch die für sie beste Akquisitionsstrategie fahren. Daran habe ich so meine Zweifel.
Der Vorteil von Portfoliotransaktionen am Wohnungsmarkt liegt auf der Hand: Wohnungen sind granulare Assets. Mehrere kleine Einheiten zu einem größeren Gesamtpaket zusammenzufassen, verringert den Transaktionsaufwand. Gleichzeitig reduziert der Diversifikationseffekt die Risikoexposition des Gesamtportfolios: Das eine oder andere „faule Ei“ in diesem Korb fällt dann nicht weiter ins Gewicht und wird in Kauf genommen.
Die Gefahr von „Stranded Assets“ macht einen Strich durch die Portfoliorechnung
Doch ob diese Rechnung langfristig noch aufgeht? Die Renditekompression der vergangenen Jahre hat dafür gesorgt, dass es kaum noch Puffer für den Ausfall einzelner Objekte gibt. Jede Transaktion ist mit sehr spitzem Bleistift gerechnet, das Dreißig- oder Vierzigfache der Jahresmiete ist auch bei Portfoliotransaktionen keine Seltenheit mehr. Die Abschreibung auch nur eines einzelnen Objekts kann den Investment-Case ins Wanken bringen.
Und gerade dazu kann es immer häufiger kommen. Denn angesichts der Debatte um Nachhaltigkeit und Klimaschutz geht es nicht mehr nur um vorübergehende Mietausfälle oder Reparaturbedarf, sondern um „Stranded Assets“: Objekte, die nicht mehr den Standards von Mietern und Investoren entsprechen und deshalb nicht mehr marktgängig sind. Solche Totalausfälle sind auf Dauer kaum zu kompensieren.
Im Vorteil sind deshalb diejenigen Investoren, die sich jedes Einzelinvestment von vornherein genau ansehen und um große Portfolios mit schwer identifizierbaren Einzelrisiken einen Bogen machen. Das gilt vor allem für kleinere Transaktionsmanager. Voraussetzungen sind dabei allerdings der Marktzugang, die Vernetzung innerhalb der Branche sowie die eigene Wohnimmobilienexpertise. Der höhere Aufwand lohnt sich bei entsprechend langer Haltedauer, da er nur einmal anfällt, während die Risiken mit der Zeit steigen.
Große Investoren beziehungsweise Asset-Manager werden auch weiterhin stark auf Portfolioankäufe setzen. Notgedrungen, denn wer zu lange prüft, überlegt und feilscht, wird von der Konkurrenz in einem Bieterwettstreit schnell ausgestochen. Wohl dem, der es sich erlauben kann, eine enge und genaue Auswahl auf Einzeltransaktionsbasis zu treffen – und sich damit ein Portfolio ohne „faule Eier“ aufbauen kann.
André Vollbach | Geschäftsführer, HIH Property Management GmbH
Mehr als 13 Jahre nach der Ausstellung der ersten „Green Building“-Zertifizierung in Deutschland scheint die Branche von einem einheitlichen Nachhaltigkeitsstandard weiter entfernt als je zuvor. Investoren und Projektentwickler haben die Wahl, ob sie eines der europäischen Zertifikate oder ein amerikanisches Pendant bevorzugen – oder ob sie sicherheitshalber gleich beide Zertifizierungen in Anspruch nehmen. Jedes dieser Zertifikate hat wiederum unterschiedliche Qualitätsstufen wie Silber, Gold und Platin – wobei die Platinstandards von 2015 bei ein und demselben System heute in Einzelfällen nicht einmal mehr eine Gold-Auszeichnung bekämen.
Status quo: Property-Manager haben die „Last“ der Entscheidungsfreiheit
Wenngleich diese Zertifikate und Systematiken verschiedenste Nachhaltigkeitskriterien umfassen, bilden sie keinen Handlungsrahmen oder Leitfaden, nach welchem sich Property-Manager im deutschsprachigen Raum richten können. Diesen Rahmen bildet hingegen die Offenlegungs- und EU-Taxonomieverordnung, die seit dem ersten Januar dieses Jahres anzuwenden ist. Nun könnte man behaupten, die Verordnungen richteten sich lediglich an das Fonds- oder maximal das Asset-Management. Doch die eigentliche Wirkung wird in der täglichen Arbeit auf den Flächen erzielt, weshalb das Property-Management ebenfalls im Fokus steht. Letztlich liegt es an jedem Property-Manager, selbst zu entscheiden, inwiefern die ESG-Ziele und entsprechende Maßnahmen zum Erreichen dieser Ziele einerseits im Alltag umgesetzt und andererseits in die übergeordnete Unternehmensstrategie integriert werden. Ein Property-Manager kann also frei wählen, ob er selbst nur das nötige Mindestmaß erfüllen will, oder ob er den Regularien von morgen einen Schritt voraus bleiben möchte. Allerdings bleibt zu bedenken, inwieweit ein weniger nachhaltig agierender Property-Manager den Anforderungen immer stärker ESG-orientierter Investoren gerecht werden kann.
Die Gesetzgebung an sich bringt keine Einheitlichkeit
Bei dieser verwirrenden Konstellation und der weitgehenden Freiwilligkeit der komplexeren Nachhaltigkeitsmaßnahmen verwundert es nicht, dass es sich Initiativen wie GRESB und ECORE zum Ziel gesetzt haben, unterschiedlichste Immobilienportfolios im Bereich Nachhaltigkeit miteinander vergleichbar zu machen und somit letztlich auch die Arbeit des Property-Managements transparenter zu bewerten. Neben den unterschiedlichen Zertifizierungen spielen dabei auch weitere Regularien wie beispielsweise die besagte EU-Taxonomieverordnung eine Rolle. Doch abgesehen davon, dass es sich um zwei unterschiedliche Systematiken handelt, die sich teilweise überschneiden, gibt es Investoren, die sich auf einen Teil der jeweiligen Analysekriterien beschränken.
Aber obwohl jeder neue Kriterienkatalog und jede Überarbeitung der bestehenden Regularien für eine weitere Ausdifferenzierung sorgt, bringen sie überraschenderweise auch wichtige Impulse für einen lang erwarteten Handlungsrahmen mit. Die unterschiedlichen Zertifizierungssysteme und Initiativen fordern zumindest in weiten Teilen eine einheitliche Datengrundlage, beispielsweise bezüglich der laufenden Verbräuche sowie bei der anfallenden Abfallmenge. Letztlich können diese Kriterienkataloge und Datenbanken zum Beispiel parallel zur Global Reporting Initiative (GRI), zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex oder zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) angewandt werden, um eine passende Strategie zu entwickeln und anschließend effizient umzusetzen. Aber selbstverständlich muss sich jemand im Vorfeld die Arbeit machen und die verfügbaren Stellschrauben und Einflüsse definieren und klarstellen.
Datenmanagement ermöglicht beides: Individualisierung und Standardisierung
Die Daten, die zuvor ungeordnet und bestenfalls in Excel-Tabellen auf Objektebene vorlagen, werden von Property-Managern seit einigen Jahren daher gezielt erhoben und zentral gespeichert. Diese Datengrundlage wird immer umfangreicher, beispielsweise durch die Installation von Smart-Metering-Systemen, aber auch aufgrund der Tatsache, dass bei vielen Objekten inzwischen ein zeitlicher Vergleich über Jahre hinweg möglich ist. Die Praxis, Rahmenverträge mit Betreibergesellschaften gebündelt abzuschließen, trägt ebenfalls zu einer Vereinheitlichung in der täglichen Managementarbeit bei. Gleichzeitig ermöglicht ein solches Vorgehen eine größere Flexibilität im Investoren-Reporting: Wenn die Daten auf Knopfdruck abgerufen werden können, lassen sie sich umso einfacher an die unterschiedlichsten Anforderungen der einzelnen Investoren und Systeme anpassen.
Mit anderen Worten sorgen eine wachsende Digitalisierung und Transparenz im Property-Management dafür, dass die Prozesse nicht nur dokumentiert, sondern stetig optimiert werden. Dadurch lassen sich Best Cases auf Objektebene gewinnbringend auf das gesamte Portfolio anwenden. Auf diese Weise nähern wir uns den Standards vom Property-Management herkommend an und formen den Handlungsrahmen der gesamten Branche.
Moritz Kraneis | Geschäftsführer, Deutsche Zinshaus Gesellschaft mbH
100 Milliarden Euro mögliches Transaktionsvolumen in Deutschland – mit dieser selbstbewussten, aber keinesfalls aus der Luft gegriffenen Prognose ließen die Maklerhäuser Anfang Oktober aufhorchen. Die beachtlichen Ergebnisse an den deutschen Investmentmärkten gehen dabei maßgeblich auf das Wohnsegment zurück: Wohnimmobilien haben sich CBRE zufolge mit einem Volumen von fast 21 Milliarden Euro im dritten Quartal 2021 als stärkste Assetklasse etabliert. Das liegt keineswegs nur an den großformatigen Portfolioverkäufen, die zuletzt die Medien beherrschten, sondern vielmehr daran, dass inbesondere Investoren mit einem hohen Gewerbeflächenanteil im Portfolio für mehr Diversifikation gesorgt haben.
Doch während beim Bürosegment vor allem die Top-Objekte in Bestlagen ihre Stabilität unter Beweis gestellt haben, ist das beim Wohnen keineswegs der Fall. Hierbei zeigen gerade die Innenstädte der Metropolen Überhitzungstendenzen und äußerst niedrige Spitzenrenditen von 2,24 Prozent im Core-Segment – während in der Peripherie sowohl die absoluten Kaufpreise als auch die Mietpreisniveaus, gemessen am Haushaltseinkommen, noch relativ niedrig ausfallen. Zusätzlich ergeben sich seit einigen Jahren Abwanderungstendenzen aus den Kernstädten in Richtung Speckgürtel, sodass besonders die ländlichen Gemeinden in Metropolnähe profitieren.
Hierbei ergibt sich jedoch ein grundsätzliches Problem. Internationale Investoren bevorzugen Deutschland nach wie vor wegen des hohen Sicherheitsniveaus. Wenn ein Investor aus dem Raum Asien-Pazifik oder den USA im Wohnsegment jedoch einen „Safe Haven“ wünscht, würde er aufgrund der konstant positiven Marktdynamik ohne Überhitzungstendenzen sowie aufgrund der höheren Performance am ehesten an Speckgürtel-Standorten wie Hanau oder Hattersheim als im Frankfurter Westend fündig. Viele Investoren wissen jedoch noch nicht einmal von diesen Marktopportunitäten – oder schlichtweg von der Tatsache, dass diese Städte überhaupt existieren. Auf diese Weise allokieren die meisten institutionellen Investoren, die Savills zufolge inzwischen immerhin 49 Prozent des Marktanteils auf sich vereinen, nach wie vor große Teile ihres Kapitals in den vermeintlich sicheren Top-7-Städten.
Hinzu kommt noch eine mögliche Wahrnehmungsverzerrung: Wenn es um ESG im Wohnsegment geht, stehen allzu häufig Forward-Deals für Neubauimmobilien im Mittelpunkt, die nach höchsten energetischen Standards errichtet werden. Doch auch die energetische Modernisierung beziehungsweise Ertüchtigung der Millionen deutscher Bestandsimmobilien ist eine wichtige Stellschraube, um zusammengenommen einen wichtigen Umwelt- und Klimaeffekt zu erzielen. Entsprechend orientierte Investoren können ihre ESG-Ziele also durchaus auch im Segment der Bestandsimmobilien realisieren.
Mein Fazit: Die Immobilienbranche benötigt gerade im Bereich Wohnen noch bessere Netzwerke und mehr Produktaufklärung. Gerade die Märkte in den Regionalzentren sind von institutionellen Investoren bislang nur wenig erschlossen – und im Umkehrschluss haben viele der lokalen Akteure keine ausreichende Verbindung zu den internationalen Investment- und Asset-Managern. Dementsprechend werden sich auf absehbare Zeit Fondslösungen als Plattform durchsetzen, die jeweilige Immobilien zu Portfolios bündeln. Ob es langfristig auch zum verstärkten Direktbesitz kommt und es in einigen Jahren bei der Begehung heißt: „Ladies and Gentlemen, welcome to Hattersheim“, muss sich hingegen erst noch zeigen. Für Investoren, die seit Jahren auf diese Märkte spezialisiert sind, würde es sicherlich positive Auswirkungen haben.
Jürgen Michael Schick, FRICS | Präsident des IVD, Immobilien Verband Deutschland e.V.
Wenn man durch die 72 sozialen Erhaltungsgebiete Berlins läuft, begegnet einem nur noch selten ein städtebaulicher Missstand. Klar lässt sich über Geschmack streiten, aber ein echter Missstand im Sinne von Verwahrlosung oder Baufälligkeit ist eher die Ausnahme. Und dennoch haben die Berliner Bezirke bei Mehrfamilienhäusern das für diese Fälle vorgesehene Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten seit 2017 77-mal ausgeübt und in 292 Fällen mit dem Käufer eine Abwendungsvereinbarung geschlossen. Zu Unrecht, wie das Bundesverwaltungsgericht Ende 2021 anhand eines Berliner Falls urteilte. Das höchste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig befand, dass die Kommune ein Vorkaufsrecht nicht lediglich deswegen ausüben dürfe, weil sie eine satzungswidrige Nutzung durch den Käufer annimmt, er also vielleicht Mieterhöhungspotenziale ausschöpfen will oder womöglich auf die „absurde“ Idee kommen könnte, energetisch zu sanieren. Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, dass dies gerade nicht als Missstand im Sinne des Baugesetzbuchs zu verstehen ist. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, muss man eigentlich nur lesen können. Denn im Gesetz sind die Grenzen für ein Vorkaufsrecht klar umschrieben.
Der Wortlaut einer Vorschrift ist in der Juristerei nur eine Möglichkeit, um an das Ziel zu kommen. Die Berliner Bezirke und Verwaltungsgerichte orientierten sich aber lieber an dem von ihnen vermuteten Zweck der Regelungen, nämlich den vermeintlichen Schutz der Mieter vor Verdrängung. Die Klarheit des Gesetzes hielten sie offensichtlich für ein redaktionelles Versehen und sahen ein Vorkaufsrecht deshalb für gegeben an.
Nach der Entscheidung in Leipzig dauerte es nur Sekunden, bis der Ruf nach dem Gesetzgeber laut wurde. Immerhin konnte man sich in den anschließenden Koalitionsverhandlungen im Bund auf einen Prüfantrag zum Thema einigen. Diesen flankierte die Bundestagsfraktion die Linke mit einem eigenen Gesetzentwurf, der Mitte Februar 2022 eingebracht wurde. Dieser setzt auf die Fortführung der bisherigen Praxis, da allein die Prognose unredlichen Handelns des Erwerbers für das kommunale Vorkaufsrecht beziehungsweise strenge Abwendungsvereinbarungen ausreichen sollen. Zwar hat dieser Gesetzentwurf als Antrag der Opposition keine Aussicht auf Erfolg, er hat aber immerhin dazu geführt, die Ampelkoalition zu treiben. Mit Erfolg. Das Bundesbauministerium startete vor wenigen Tagen die Ressortabstimmung zu einem eigenen Gesetzesvorschlag, der im Vergleich zum Antrag der Linken noch radikaler ist. Kurz gesagt sieht er vor, dass sich das Vorkaufsrecht nur nach dem Wohle der Allgemeinheit richten müsse. Dass die Linken insoweit von einem deutlich schärferen Vorschlag überholt werden, hätten sie sich wahrscheinlich auch nicht träumen lassen.
Wie das Verfahren nun weitergeht, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen, die am 9. Mai 2022 im Bauausschuss des Bundestags zum Antrag der Linken stattgefunden hat, lässt aber erahnen, dass hierbei mit einer Neuregelung zu rechnen ist. Insbesondere SPD und Grüne wollen den Kommunen das Vorkaufsrecht gewähren, auch wenn die Gefahr der Verdrängung nicht einmal in anekdotischer Evidenz bewiesen werden konnte. Betrachtet man die Sache nüchtern, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Nutzen eines zusätzlichen Vorkaufsrechts überschaubar ist. Das Mietrecht schützt den Mieter bereits in starkem Umfang vor einer Verdrängung. Nachteilige Effekte sind vor allem für den Klimaschutz zu erwarten, und zwar insbesondere dann, wenn es zu einer Abwendungsvereinbarung gekommen ist. Denn darin wird meistens für viele Jahrzehnte die Konservierung des aktuellen Gebäudezustands vereinbart. Energetische oder altengerechte Maßnahmen haben dabei keinen Platz. Manchmal werden sogar Mietobergrenzen zementiert, was mit dem Thema Städtebau rein gar nichts zu tun hat. Die Diskussion um das Vorkaufsrecht ist lästig. Sie bietet aber die Chance, beispielsweise den Zielkonflikt zwischen Klimaschutz und Sozialverträglichkeit aufzulösen. Parallel muss zunächst aber der im Koalitionsvertrag vereinbarte Prüfauftrag abgearbeitet werden, also der Nutzen für die Allgemeinheit eines solchen Vorkaufsrechts bewiesen werden.
Die Erstveröffentlichung dieses Beitrags ist in der Zeitschrift DAS GRUNDEIGNETUM erfolgt.
Weil ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2021 der bisherigen Praxis zum Vorkaufsrecht die Grundlage entzogen hat, steht das Vorkaufsrecht vor einer Neuauflage: Als eine Reaktion auf die Initiative der Länder Berlin, Bremen und Hamburg macht sich der Bundesrat für das kommunale Vorkaufsrecht stark. Auch in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung Bauwesen und Kommunen wurde Anfang Mai über die Wiederherstellung des kommunalen Vorkaufrechts diskutiert. Die Pläne von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) stoßen innerhalb der Immobilienbranche auf Kritik. Dem Immobilienverband IVD zufolge schafft ein kommunales Vorkaufsrecht keinen Mehrwert: Ein öffentlicher Vermieter sei per se nicht besser als ein privater Vermieter. Das Mietrecht schütze Bestandsmieter ohnehin. Statt der Diskussion um eine Neuauflage des kommunalen Vorkaufrechts sollte sich der Fokus der Politik verstärkt auf Neubauaktivitäten richten.
Im April veröffentlichte das Amtsgericht Spandau ein Urteil zum Berliner Mietspiegel 2021: Darin wurde das Mieterhöhungsverlangen zurückgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Berliner Mietspiegel 2021 nicht ausreichend qualifiziert sei. Es handele sich um die zweite Fortschreibung in Folge. Dies sei nicht zulässig. Das Amtsgericht Wedding hingegen unterstützte den Mietspiegel 2021 in einem Urteil. Diese ambivalente Bewertung des Mietspiegels sorgt für Verunsicherung – die Rechtssicherheit steht infrage und das Vertrauen in den Mietspiegel hat gelitten. Denn auch die Mietpreisbremse kann nur dort gelten, wo ein wirksamer Mietspiegel vorliegt. Der IVD kritisierte die erneute Fortschreibung des Mietspiegels aus juristischen Gründen bereits 2021. Auch wenn das Amtsgericht Wedding den Mietspiegel 2021 stützt, bleibt die Frage offen, wie das Land Berlin in den kommenden Jahren einen rechtmäßigen und vertrauenswürdigen Mietspiegel erstellen kann.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat den Startschuss zur Reform der Grunderwerbsteuer gegeben. In ersten Beratungen wurde deutlich, dass die Politik danach strebt, die Hürden zum Immobilienerwerb zu senken. Die Länder sollen die Grunderwerbsteuer bis auf null absenken können. Ziel dieser Initiative ist es, private Erstkäufer zu entlasten. Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands Deutschland IVD, begrüßt diesen Entschluss. Besonders für junge Leute scheitere der Traum vom Eigenheim wegen des fehlenden Eigenkapitals. Deshalb sei die geplante Reform der Grunderwerbsteuer ein wichtiger Schritt in die Richtung. Sie könne Menschen mit mittlerem Einkommen den Zugang zu Wohneigentum ermöglichen. Um Nachhaltigkeit weiter voranzutreiben, plädiert der IVD für eine Erstattung der Grunderwerbsteuer bei energetischer Sanierung.