Wohninvestments,

Wohninvestments in Deutschland – Juni 2023

5. Jun 2023

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

steht die Bestandswohnimmobilie vor einer Renaissance? Dafür gibt es zumindest einige Indikatoren und gute Argumente. Von einigen Leuchtturmprojekten einmal abgesehen ist der Wohnungsneubau in der Breite faktisch tot. Die Gründe sind bekannt: hohe Baukosten, stark gestiegene Finanzierungskosten, kaum noch kostendeckend erfüllbare Bauvorschriften und ewig lange Genehmigungsverfahren. Das von der Ampelkoalition ursprünglich ausgegebene Ziel von 400.000 Neubauwohnungen pro Jahr rückt in immer weitere Ferne.

Die Preise für Bestandswohnungen hingegen sind so günstig wie lange nicht. In den großen Städten sind die Preise seit der Zinswende zum Teil zweistellig zurückgegangen. Ein Quadratmeter vermieteter Bestandswohnung in Berlin kostet heutzutage weniger als die Hälfte von dem, was für die Erstellung eines Neubaus veranschlagt würde.

Gleichzeitig sind die Mieten in den Metropolen weit davon entfernt, ebenfalls zu sinken – im Gegenteil: Die Nachfrage bleibt unverändert groß und wird mangels ausreichenden Neubaus auf absehbare Zeit nirgendwo gestillt. Damit bieten Bestandswohnungen auch Potenzial zum langfristigen Inflationsausgleich. Und sie bieten oftmals die Chance, durch gezielte Sanierungsmaßnahmen mit überschaubarem Kapitalaufwand nicht nur eine Wertsteigerung zu erzielen, sondern auch den ökologischen Fußabdruck zu verbessern.

Jürgen Michael Schick & Holger Friedrichs

BEITRÄGE

Wie KI die Suche nach der besten Wohnlage verfeinert

Dr. Marcelo Cajias  |  Head of Data Intelligence, PATRIZIA

Digitalisierung und künstliche Intelligenz durchdringen unseren Alltag in immer mehr Bereichen. Die Anwendungsgebiete erobern in rascher Folge neue Branchen und liefern Erkenntnisse, die in dieser Qualität noch vor kurzem – aufgrund fehlender Datenbasis – nicht möglich gewesen wären. So sind auch in der Immobilienwirtschaft die Möglichkeiten, durch Datenanalyse und künstliche Intelligenz Mehrwert zu generieren, in kurzer Zeit zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Investmentmanagements geworden.

Eine umfassende Bewertung einer Immobilie bezieht heute neben den Ausstattungsmerkmalen vor allem das Umfeld viel stärker und detaillierter ein als noch vor wenigen Jahren. Sowohl Umfang und Qualität der standortbezogenen Daten als auch die Möglichkeiten ihrer Auswertung haben sich enorm verbessert. So lässt sich heute viel genauer bestimmen, was einen guten Standort für welche Mietergruppe ausmacht und vor allem, wie sich der jeweilige Standort in Zukunft entwickeln wird. Das Investmentmanagement gewinnt dadurch wichtige Erkenntnisse, wo Investitionen besonders erfolgversprechend sind und wie Immobilien am besten weiterentwickelt werden können. Die Suche nach dem besten Standort wird dadurch wesentlich präziser.

Attraktive Lagen bestimmen
Standortbezogene Daten zu Städten und Standorten sind heute ausreichend vorhanden. Öffentlicher Nahverkehr, Haltestellen, E-Ladesäulen, Tankstellen, Schulen, Grünanlagen, Einkaufsgelegenheiten, Restaurants, Arztpraxen, medizinische Versorgungszentren, Apotheken, Spielplätze und vieles mehr, was eine attraktive Lage ausmacht, sind über Datenanbieter und Online-Kartendienste verfügbar.

So fließen beispielsweise in die Datenbasis von PATRIZIA mehr als 250.000 Datenpunkte für London oder Berlin, 80.000 für München und 115.000 für Hamburg ein. Insgesamt erfasst die Datenbasis aktuell bereits mehr als 25 Millionen Datenpunkte – Tendenz stark steigend.

Für die Analyse wird diese ortsbezogene Datenbasis mit Kennzahlen zum Immobilienmarkt und sozio-ökonomischen Informationen angereichert. Die Auswertung setzt eine strukturierte Erfassung der Daten und IT-Systeme mit ausreichender Rechenleistung voraus. Sind Daten erfasst und vorhanden, besteht die Herausforderung darin, die aufgebaute Datenbasis fortlaufend zu aktualisieren und intelligent auszuwerten.

Marktdynamiken rascher erkennen
Dazu bedarf es einer eigenen Analysemethodik mit aussagekräftigen Variablen, wie sie beispielsweise die PATRIZIA für ihr Investmentmanagement entwickelt hat. Methoden der künstlichen Intelligenz sind dabei der klassischen Regressionsanalyse überlegen, da sie die Dynamik des Immobilienmarktes besser abbilden können.

Ansatzpunkte für die Analyse von Wohnimmobilien bietet beispielsweise das Konzept der „15-Minuten-Stadt“ des französisch-kolumbianischen Stadtplaners Carlos Moreno. Danach ist ein Standort dann attraktiv, wenn wichtige Einrichtungen – etwa für Bildung, Arbeit, Mobilität, Einkauf und Naherholung – innerhalb einer Viertelstunde zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sind. Anhand von ortsbezogenen Daten kann diese Erreichbarkeit und damit die Attraktivität eines Wohnstandortes ermittelt werden. Entscheidend ist dabei die Gewichtung der einzelnen Kriterien. Für ein solches Gewichtungssystem ist der Input der Investmentmanager vor Ort wichtig.

Künstliche Intelligenz plus Investmenterfahrung
Im Ergebnis wird die Suche nach der besten Lage damit deutlich präziser. Je nach Auswahl der Kriterien sind bei Wohnimmobilien Aussagen möglich, für welche Mietergruppen die jeweilige Wohnlage besonders attraktiv ist und damit, welche Zimmerzahl und Ausstattungsmerkmale gefragt sind. Da die Daten mittlerweile über längere Zeiträume verfügbar sind, kristallisieren sich Entwicklungsdynamiken in der jeweiligen Stadt heraus.

Mit Hilfe der automatisierten Analyse erhält der Investmentmanager für jeden Standort innerhalb weniger Minuten eine Bewertung, wie attraktiv die jeweilige Wohnlage ist. Dieser Wert kann mit dem Mietniveau verglichen werden und zeigt so eine Über- oder Unterbewertung, gemessen an der Attraktivität der Lage, auf.

Die Möglichkeiten der Datenanalyse gehen weit über die Umfeldbewertung von Wohnimmobilien hinaus und lassen sich auch für andere Anlageklassen anwenden, beispielsweise für Büros oder Seniorenheime. Mit den Möglichkeiten der Datenanalyse erhalten Investmentmanager ein hilfreiches Werkzeug, um attraktive Investitionsmöglichkeiten zu identifizieren. Dies hilft ihnen, den steigenden Anforderungen an Immobilieninvestments auch in Zukunft gerecht zu werden.

Warum bei Wohnimmobilien der Inflationsschutz inbegriffen ist

Rolf Kaewel  |  Geschäftsführer, Hamburger Grund GmbH

Mit der jüngsten Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte Anfang Mai hat die Europäische Zentralbank das Zinsniveau im Euroraum auf den höchsten Wert seit der Weltfinanzkrise gehoben. Ein Ende des Zyklus der Anhebungen ist vorerst noch nicht absehbar.

Für Wohnimmobilieninvestments ist dies grundsätzlich keine gute Nachricht: Je höher die Zinsen, desto schwieriger fällt der Markteintritt im Segment der Wohnimmobilien aus. Vor allem sorgt jedoch die Unsicherheit bezüglich weiterer Zinsschritte dafür, dass potenzielle Käufer und Verkäufer im aktuellen Marktumfeld ihre Preisvorstellungen nicht umsetzen können.

Dementsprechend fallen die Ergebnisse sowohl für die privaten als auch für die professionellen Transaktionsmärkte verhalten aus. Dem Immobiliendienstleister CBRE zufolge betrug das Transaktionsvolumen im ersten Quartal 2023 im professionellen Segment schwache 1,9 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 63 Prozent im Jahresvergleich entspricht.

Diese Zahlen legen auf den ersten Blick – in Verbindung mit den zuletzt gestiegenen Anfangsrenditen – nahe, dass Family-Offices, Pensionskassen, Fondsmanager und andere institutionelle Investoren von Investitionen in der Assetklasse Immobilien Abstand nehmen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Stattdessen wird das Kapital deutlich selektiver: Business-Cases und Investmentmöglichkeiten werden eingehender geprüft als zuvor und nicht für jede Wohnimmobilie findet sich noch ein Käufer. Ein wertstabiles, zukunftsweisendes Produkt wird jedoch stets auf Nachfrage stoßen. Selbst wenn es sich um potenzielle Revitalisierungsgrundstücke handelt, die günstig im Einkauf, aber teuer im Hinblick auf folgende Aufwertungsmaßnahmen sind.

Wirksamer Inflationsschutz
Tatsächlich jedoch spricht vor allem ein Faktor für die langfristige Wertstabilität von Wohnimmobilieninvestments: der wirksame Inflationsschutz. Bei Wohnimmobilien mit vertraglich festgesetzter Indexanpassung an die Inflationsrate ist dies auch schwarz auf weiß gegeben. Aber was ist mit den konventionellen Mietverträgen, die ohne diese Klausel auskommen?

Für Bestandshalter ergibt sich unter anderem ein hohes Maß an Wertstabilität, da die Neubauvorhaben in Deutschland flächendeckend zurückgegangen sind – während gleichzeitig der eklatante Nachfrageüberhang die Preisbildung weiterhin bestimmt. Noch wichtiger jedoch ist, dass sich Mietpreisniveaus niemals auf lange Sicht von der Inflation abkoppeln: Während allzu häufig von Zweitrundeneffekten und den Lohnforderungen der Arbeitnehmer die Rede ist, passen sich jedoch sowohl die Nebenkosten als auch die Kaltmieten nach und nach an. So profitieren Immobilien mit indexiertem Mietvertrag doppelt, da sie sowohl bei Bestandsmietern als auch bei der Neuvermietung Anpassungen zulassen. Das gilt vor allem für jene Märkte, die nicht von einer übermäßigen Regulierung geprägt sind.

Deshalb steht für mich fest: Das aktuelle Marktumfeld bietet günstige Gelegenheiten in einem Umfang, wie wir es seit der Weltfinanzkrise nicht mehr gesehen haben. Diese Situation sollten gerade auch jüngere semiprofessionelle Investoren berücksichtigen und aus den zuvor genannten Gründen Immobilien in ihrer Portfolioallokation einbeziehen, anstatt ihr Geld ausschließlich in andere Assetklassen zu allokieren.

Das urbane Maß aller Dinge: die Zwischenstadt

Thomas Meyer  |  Vorstandsvorsitzender, WERTGRUND Immobilien AG

Stichwort London – woran denken Sie? Big Ben, London Eye, Buckingham Palace? Test bestanden! Das Gleiche können wir jetzt mit Paris – genau, der Eiffelturm – oder Berlin probieren. Was klar wird: Mit dem Namen einer Metropole assoziieren wir in der Regel deren Innenstadt inklusive aller Wahrzeichen. Politikern geht es übrigens ganz ähnlich. Wenn sie vom „Zukunftsraum Stadt“ sprechen, reden sie vom Zentrum. Wenn sie über die Dichte und Höhe der Bebauung, autofreie Zonen oder begrünte Fassaden diskutieren, ist die Innenstadt gemeint. Doch die Kernstadt ist erstens nicht die Stadt der Mehrheit und zweitens nicht die Stadt der Zukunft. Die liegt künftig in der „Zwischenstadt“ – der Schnittmenge aus den Außenbezirken der Kernstadt und dem inneren Vorstadtring. Das behauptet zumindest Thomas Sevcik. Wie der Mann zu dieser These kommt? Lassen Sie sich überraschen.

Liebt als Visionär den Blick über den Tellerrand: Thomas Sevcik
Ob „Autostadt” in Wolfsburg, „LabCampus” am Flughafen München oder „GreenwichPeninsula” in London – sie alle tragen die planerische Handschrift des Wahlschweizers Thomas Sevcik. Der Mitbegründer des Strategie-Thinktanks arthesia hat Büros in Hongkong, Zürich und Los Angeles und berät Unternehmen, Organisationen, Städte und Regionen in Sachen Neupositionierung. Er weiß also, wovon er spricht. Zudem liebt er Fakten wie die, dass im Paris der Touristen zwei Millionen Menschen leben, während sich in den „Banlieues“, den Vororten jenseits der ringförmigen Stadtautobahn „Boulevard Périphérique“ ganze zehn Millionen tummeln. Aber so weit müssen wir den Blick gar nicht schweifen lassen. In München, Hamburg, Köln und Berlin verhält es sich ähnlich. Von daher kann Sevciks Forderung, das Augenmerk auf die „Zwischenstädte“ zu richten, so falsch nicht sein.

Das Potenzial der Zwischenstadt heben – Zürich macht es vor
„Zwischenstädte“ – also die urbanen Bereiche, die jenseits der Tarifzone 1 beginnen und vor den klassischen Schlafstädten enden – haben schon deshalb viel Potenzial, weil sie per se Standorte wichtiger Infrastrukturen wie Flughäfen oder Häfen sowie großer Büro- und Logistikzonen sind. Bislang wüssten das die Planer in deutschen Metropolen wenig zu schätzen und zu nutzen, so die Meinung Sevciks, der Zürich gern als gelungenes Gegenbeispiel ins Spiel bringt.  Hier habe man frühzeitig begonnen, ehemaliges Brachland zwischen Straßenbahndepots, Rangierbahnhöfen, Flughafenzubringern und Stadtgrenzen mit intelligenten urbanen Ensembles zu erschließen, die mit einer vorbildlichen sozialen Durchmischung sowie einer durchdachten Mobilitäts- und Bildungsinfrastruktur punkten.

Auch bei diesem Thema ist die Politik gefragt
Interessierte Investoren und ideenreiche Projektentwickler gäbe es in Deutschland durchaus. Was Sevcik hingegen vermisst, sind:

  • eine flexiblere Bau- und Zonenordnung, die das Ineinandergreifen von urbaner Produktion, Wohnen und Kultur neu definiert und die vielfältige Funktionskombinationen zulässt.
  • klarere Qualitätsrichtlinien jenseits von Abstandsflächen und Baulinien – etwa mit Vorgaben zu Kulturdichte, gesundheitlichen Mehrwerten oder optischer Attraktivität.
  • Planer, die über die nötige Erfahrung mit multifunktionalen Komplexen, Mobilitätsdrehscheiben oder sehr großen Stadtquartieren verfügen.

Das Pilotprojekt „Innovationskorridor Berlin-Lausitz“ mit seinem facettenreichen Funktionsmix ist für den Visionär so etwas wie ein Lichtblick. Auch dass sich der Vertriebs- und Logistikmanager Feng Xu mit der Idee eines „Greater Frankfurt Bund“ um das Amt des Oberbürgermeisters beworben hat, dürfte ihm gefallen haben. Seine Idee: Frankfurt schmiedet mit den Umlandgemeinden einen Pakt für einen gemeinsamen Entwicklungsplan – so wie es „Greater London“ und „Greater Paris“ bereits praktizieren. Feng Xu ist zwar nicht Oberbürgermeister geworden, aber das ändert nichts daran, dass es, wie Thomas Sevcik schreibt, „neue Ideen, neue Debatten und neue Politik“ braucht.

Den Gastbeitrag „Die Kernstadt ist nicht die Zukunft“ finden Sie hier

Der Neubau ist tot, es lebe der Bestand.

Jürgen Michael Schick, FRICS  |  Präsident des IVD, Immobilien Verband Deutschland e.V.

Nur schwer lassen sich dieser Tage die düsteren Zahlen hinsichtlich des Wohnungsneubaus in Deutschland ignorieren. Stark gestiegene Kreditzinsen und hohe Baupreise haben dazu geführt, dass sich immer mehr Projektentwickler, Bauherren, aber auch wohlhabende private sowie gewerbliche Investoren vom Neubau abgewendet haben – und es auch weiterhin tun.

Überhaupt war der Markt für Wohnimmobilien in den vergangenen Monaten von großer Zurückhaltung geprägt. Er stand quasi still.

Doch es tut sich etwas. Erst langsam, doch mittlerweile deutlich erkennbar, entpuppt sich der Markt für Bestandsimmobilien als Keimzelle der neuen Aktivität von privaten und gewerblichen Kaufwilligen.

Dabei werden vornehmlich zwei Arten von Investoren angezogen. Die einen sind diejenigen, die eine konsequente Value-Add-Strategie verfolgen: Dazu gehört beispielsweise, die Ausstattung der Immobilien zu verbessern, die Flächen durch bessere Zuschnitte effizienter zu nutzen oder auch eine nicht benötigte Ladenfläche in eine Wohnung umzuwandeln. Gerade in den vergangenen Jahren ist natürlich die energetische Sanierung wegen sich verschärfender Klimaschutzanforderungen hinzugekommen – eine Wertsteigerung, die trotz der derzeitigen Unsicherheiten mit Blick auf die kommenden Jahre mit Sicherheit sinnvoll ist.

Die andere Art spielt hingegen das klassische Long Game. Solide Bestandsimmobilien dienen vor allem für wohlhabende private Investoren oder Family-Offices als sehr langfristige Anlage, um solide Renditen über einen langen Zeitraum zu erwirtschaften.

Beiden Anlegergruppen ist gemein: Sie glauben an den Bestands- als Chancenmarkt und folgt man einigen Argumenten, könnten sie beide richtig liegen.

Denn eine Bestandsimmobilie vereint mehrere Vorteile. Zunächst sind die Kaufpreise für diese Immobilienklasse in allen Top-7-Städten gesunken; in München und Stuttgart um fast zehn Prozent, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Gleichzeitig kosten Bestandsimmobilien etwa die Hälfte von dem, was Neubau derzeit kostet – und er ist so günstig wie seit Jahren nicht. Die Preise für Wohnanlagen sind in den großen Städten um 25 bis 30 Prozent gesunken. So lag der Quadratmeterpreis für eine vermietete Immobilie in Berlin 2021 noch bei 3.000 bis 3.500 Euro, derzeit sind es 2.000 bis 2.500 Euro. Gleichzeitig zeigen die Mietpreise strikt in eine Richtung. Gerade in vielen Großstädten gibt es zweistellige Wachstumsraten im Mietpreissegment.

Und: Die potenziellen Käufer haben aktuell aufgrund der Zurückhaltung institutioneller Investoren deutlich weniger Konkurrenz um ein Immobilieninvestment.

Zusammenfassend könnte man also sagen: Es gibt momentan die Gelegenheit, Immobilien im Bestand zu Preisen von gestern für die Mieten von morgen zu erwerben.

Hinzu kommt: Investitionen in Bestandsimmobilien fügen sich viel besser in den politisch-gesellschaftlichen Mainstream ein als der in dieser Hinsicht problematischere Neubau. Sie zahlen vielfach auf die Ziele ein, die auch stadtentwicklungspolitisch wünschenswert sind. Dabei ist vor allem die Stärkung der sogenannten Innenentwicklung hervorzuheben, neuen Wohnraum und gewerbliche Nutzungen in erster Linie in den vorhandenen Bereichen auszuweisen und nicht durch umfassende Neubaumaßnahmen auf der grünen Wiese „vor den Toren der Stadt“ noch zu fördern.

Es werden auch weniger Flächen versiegelt, eine wichtige Klimaanpassungsmaßnahme in bereits hochgradig versiegelten Städten. Und kosteneffizienter als Neubauten sind Bestandsimmobilien auch mit Blick auf den Ausbau der Infrastruktur. Diese muss weder neu geplant noch neu gebaut werden. Sie ist einfach schon da, genau wie die Menschen.

Richtig ist: Wer Bestand kauft, muss voraussichtlich auch in absehbarer Zeit energetisch sanieren lassen. Es bleibt trotzdem dabei: Bestandswohnungen und deren Sanierung kosten heutzutage deutlich weniger als Neubauten.

Mein Fazit: Der Bestandswohnung als Investitionsobjekt gehört die Zukunft.

Nachrichten

Berliner Immobilienmarkt ist gut für Klimawandel gerüstet

Der Savills Climate Resilient Cities Index kürt Berlin zum klimaresilientesten Immobilienmarkt unter 23 ausgewählten Städten. Die anderen Topplätze belegen Toronto, Paris und Madrid. Im Rahmen der Studie wurden die geografische Lage, der Anteil an ESG-zertifizierten Immobilien sowie die politischen Maßnahmen gegen den Klimawandel untersucht, um die langfristigen Aussichten auf die Auswirkungen des Klimawandels auf die ausgewählten Immobilienmärkte zu vergleichen. Der Index umfasst die 23 größten, bevölkerungsreichsten und wohlhabendsten Städte, die nach ihrem Klimarisiko eingestuft wurden. Berücksichtigt wurden Temperatur- und Niederschlagsveränderungen der letzten zehn Jahre, die Höhenlage, die Grundwassermenge und die potenzielle Gefährdung durch Naturkatastrophen. Obwohl alle Städte Nachholbedarf haben und auch Berlin von Trockenperioden, Unwettern und Starkregen betroffen ist, punktet Berlin mit seiner Lage, dem zweithöchsten Anteil an zertifizierten Immobilien von 1,5 Prozent und starken klimapolitischen Anstrengungen.

Immobilienwirtschaft blickt gespannt auf Beratung zum Gebäudeenergie-Gesetz

Die Ungewissheit in der Bevölkerung über die künftigen Vorgaben für Heizungsanlagen und Energiesparmaßnahmen für Hausbesitzer und Projektentwickler geht weiter. Am Freitag, den 19.05.2023, hat die Bundesregierung den Entwurf des neuen Gebäudeenergiegesetzes im Bundeskabinett beraten. Ob das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet wird, und wenn ja, mit welchen Änderungen, kann derzeit niemand genau sagen. Gerade die Immobilienwirtschaft verfolgt die Beratungen mit gemischten Gefühlen. Von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche Energiewende bei Immobilien sei eine Technologieneutralität, die die Hürden für Nahwärmenetze und Wasserstofflösungen hinuntersetzt, so der Immobilienverband Deutschland (IVD). Nach der Verabschiedung des Emissionshandelssystems ETS2 im Europäischen Parlament am Donnerstag, 18. Mai 2023, werden die Heizkosten für Gebäude ab 2027 jedenfalls deutlich steigen. IVD-Präsident Jürgen Michael Schick fordert angesichts der stärkeren Regulierung der Immobilienwirtschaft die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität und angemessene Fördermaßnahmen: „Voraussetzung dafür ist, dass die Bundesregierung mit ihren Anforderungen an die Heizungstechnik und die energetische Sanierung Rücksicht auf die baulichen und finanziellen Realitäten nimmt. Auch eine klare und verlässliche Förderperspektive ist unabdingbar. Wer fordert, muss auch fördern.“

Berliner Immobilienpreise leicht rückläufig, nur drei Prozent planen Kauf

Im ersten und zweiten Quartal sind die Preise für Berliner Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser gegenüber dem Jahresdurchschnitt gesunken, wie das Analyse- und Beratungsunternehmen Empirica mitteilt. Der Preisrückgang sei zwar deutlich langsamer als in Hannover oder Hamburg, aber dennoch spürbar. Kostete der Quadratmeter einer Eigentumswohnung im Vorquartal noch rund 5615 Euro, sind es jetzt 275 Euro weniger. Auch für Häuser werden durchschnittlich 126 Euro weniger pro Quadratmeter verlangt. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Berlin liegt bei 4054 Euro. Nach den Zahlen des Dr. Klein-Trendindikators sind die Berliner Wohnungspreise um 2,7 Prozent und die Häuserpreise um 2,24 Prozent gesunken. Von den Preisrückgängen zeigen sich die Berliner indes unbeeindruckt. Nur drei Prozent planen in diesem Jahr einen Immobilienkauf, wie die Berliner Sparkasse im Februar in einer repräsentativen Umfrage herausfand.