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Drei Fragen an … Robin Behlau und Marko Schneider (Fuchs & Eule Energy Experts)

11. Aug 2023

DOMICIL

Was motiviert Immobilienbesitzer, vom BAFA zertifizierte Experten wie Sie zu beauftragen – eher Kosteneinsparung oder eher Klimarettung?

Marko Schneider (MSCH): Tatsächlich ist Kosteneinsparung der primäre Grund. Gleichzeitig etwas fürs Klima zu tun, wird als positiver Nebeneffekt begrüßt. Der Anteil derer, die vorrangig das Klima retten wollen, liegt unter zehn Prozent.

Robin Behlau (RB): Ich hatte ursprünglich mit einem höheren klimapolitischen Ehrgeiz gerechnet. Aber man muss sich das auch leisten können. Energetische Sanierungsmaßnahmen sind per se teuer. Die Einkommen hingegen sind unterschiedlich hoch. Menschen mit geringem Einkommen sind auf Förderungen oder verbilligte Kredite angewiesen. Noch schwieriger wird es für ältere Menschen, die über geringe Mittel verfügen und keine Kredite erhalten. Da kann die kaputte Gasheizung zur Existenzfrage werden.

MSCH: Auch für Eigentümer von Mehrfamilienhäusern steht die Kostenfrage im Mittelpunkt – und zwar in zweierlei Hinsicht: Sie müssen abwägen, ob sie Geld für eine energetische Sanierung in die Hand nehmen oder einen zunehmenden Wertverlust akzeptieren. Laut Statistik reden wir aktuell von 3,6 Prozent Preisabschlag. Dieser Prozentsatz wird sich in den nächsten Jahren verzehnfachen. Das erhöht den Entscheidungsdruck.

RB: Im schlimmsten Fall wird aufgrund Mietpreisbremse und Mietendeckel gar nicht saniert, was zur Folge hat, dass es irgendwann so heruntergekommen aussieht wie in Lissabon vor 20 Jahren.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung für Ihr Geschäftsmodell?

RB: Lassen Sie uns die Frage am besten gleich auf die gesamte Branche übertragen. Derzeit gibt es in Deutschland 10.000 bis 11.000 Energieberater, von denen rund 7.000 aktiv sind. Diese Aktiven haben im letzten Jahr 150.000 individuelle Sanierungsfahrpläne (iSFP) eingereicht. Wie soll dieser kleine Kreis an Fachkräften in kürzester Zeit 21 Millionen Gebäude auf ihre energetische Optimierbarkeit überprüfen?

MSCH: Deshalb ist es notwendig, diesen Bereich zu digitalisieren. Vor Corona war eine Energieberatung ohne Vor-Ort-Besuch undenkbar. Mittlerweile findet die Begehung virtuell via Kamera, Bilder und Daten statt. Die Digitalisierung muss die ganze Branche schneller durchdringen – auch mit Blick auf die Häuser auf dem Land, wo es weit und breit keinen Energieberater gibt.

RB: Grundsätzlich ist die Branche auf einem guten Weg, den wir nun konsequent weiter beschreiten müssen. Daher wünsche ich mir, dass die Bedeutung der Digitalisierung in der Politik stärker und klarer artikuliert wird.

Das Ziel eines individuellen iSFP ist ein Effizienzhaus 70. Was raten Sie, wenn dieses Ideal mit der Immobilie gar nicht umsetzbar ist?

MSCH: Der iSFP ist der erste und richtige Schritt. Er zeigt das Potenzial auf und dient als Entscheidungsbasis. Je genauer ein Kunde seine Möglichkeiten kennt, desto besser kann er planen. Und frühzeitig umgesetzte Maßnahmen amortisieren sich schneller.

RB: Natürlich ist der iSFP sehr starr und nicht aus jeder Immobilie lässt sich ein Effizienzhaus 70 zaubern. Deshalb unterbreiten wir im zweiten Schritt Vorschläge, die aus finanzieller Sicht für das jeweilige Objekt sinnvoll sind. Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage wird – abhängig von Parametern wie Standort, Objektnutzung oder persönlichen Vorstellungen – folglich immer anders ausfallen.

MSCH: Und nicht immer zur Zufriedenheit aller Beteiligten. So wird es künftig mehr „Stranded Assets“ geben – also Objekte, deren Mieteinnahmen im absoluten Missverhältnis zu einer energetischen Sanierung stehen. Und viele Menschen, deren Immobilie Teil ihrer Altersvorsorge ist, werden Wertverluste hinnehmen müssen.

RB: Viele Asset Manager gehen jetzt schon dazu über, gut laufende Objekte durch solche mit besserer Energiebilanz zu ersetzen. Das ist vor dem Hintergrund der EU-Gesetzgebung, die zu genauen Stichtagen bestimmte Energieeffizienz-Level vorgeben wird, auch sinnvoll. Denn dass wir etwas gegen den Klimawandel unternehmen müssen, steht außer Frage. Nur dürfen dabei die Menschen und ihre persönlichen Schicksale nicht auf der Strecke bleiben.