PB3C News

Gefördertes Wohnen: Investment-Potenzial wird unterschätzt

5. Apr 2024

Sophie Jenßen  |  Bonava

Geförderter Wohnbau ist ein Thema, mit dem sich immer mehr Investoren beschäftigen. Dennoch wird diese Investitionsmöglichkeit noch von vielen unterschätzt. Zu Unrecht. Schließlich leistet gefördertes Wohnen nicht nur einen gesellschaftlichen Beitrag, sondern bietet auch attraktive Investmentchancen – vor allem in A-Lagen. Dort sind die Nachfrage und das langfristige Mietentwicklungspotenzial am höchsten, während die Angebotssituation zunehmend angespannter wird. Gleichzeitig ist es in den Metropolen aus Kostengründen häufig am schwierigsten, geförderten Wohnraum auch wirtschaftlich zu realisieren. Mit entsprechendem Know-how kann das aber durchaus gelingen.

Der Bedarf ist immens und wächst stetig: In Deutschland fehlen Prognosen zufolge bis 2030 mehr als 910.000 Sozialwohnungen. War es Ende 2022 gut eine Million, müssten bis 2030 bundesweit zwei Millionen Sozialwohnungen zur Verfügung stehen, um den Bedarf zu decken, so das Ergebnis einer Studie im Auftrag des Bündnisses „Soziales Wohnen“. Das wären jährlich somit mehr als 110.000 Wohnungen. Allerdings liegt dieser Wert und damit auch das Ziel der Bundesregierung, dass von insgesamt 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr ein Viertel Sozialwohnungen sein sollen, in weiter Ferne: 2023 wurden bundesweit nur rund 30.000 Sozialwohnungen fertiggestellt.

Der Wohnungsbau ist insgesamt rückläufig. Nach Schätzungen des ifo Instituts gab es 2023 insgesamt lediglich rund 270.000 neue Wohnungen, 2024 könnten es nochmals weniger sein. Denn auch die Baugenehmigungen gehen stark zurück: Gemäß Statistischem Bundesamt wurden 2023 nur 214.100 neue Wohnungen genehmigt, fast 30 Prozent weniger als im Vorjahr. Im Januar 2024 waren es mit insgesamt 13.500 Wohnungen rund 28 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.

Insbesondere in den A-Städten ist die Wohnungssituation weiterhin angespannt. Dort entwickeln sich die freien Mieten dynamisch nach oben, weil die Nachfrage aufgrund des Bevölkerungswachstums weiter deutlich steigt und das Angebot immer knapper wird. Zudem bewirkt die erschwerte Finanzierbarkeit von Eigentum ebenfalls, dass Endkunden sich auch auf den Mietwohnungsmarkt fokussieren. Gleichzeitig ist der Bedarf an gefördertem Wohnraum in den Großstädten am größten, da das Wohnen dort am wenigsten erschwinglich ist. Städte und Gemeinden fordern häufig, dass geförderte Wohnungen Teil von Wohnbauprojekten sind – am besten mitten in der Stadt. Die Politik muss aber mehr Anreize und entsprechende Förderprogramme schaffen, damit Projekte wirtschaftlich umgesetzt werden können. Das ist nicht immer dort möglich, wo die Nachfrage am größten ist. In der Folge wird die Angebotslücke immer größer.

Expertise und Marktsondierung sind essenziell
Eine Herausforderung für Investoren und Projektentwickler ist, dass die Förderkonditionen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind und sich regelmäßig ändern, zum Beispiel in Bezug auf Darlehenslaufzeiten, Zinssätze und Mieteranpassungsmöglichkeiten. Vorteile erhalten Bauherren beispielsweise momentan in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, wo Darlehen mit relativ langen Laufzeiten von 25 bis zu 35 Jahren und niedrigen Anfangszinsen von maximal 0,5 Prozent gewährt werden. Während Schleswig-Holstein bis zu 1.500 Euro der Baukosten pro Quadratmeter bezuschusst, können es in Berlin sogar bis zu 1.800 Euro pro Quadratmeter sein. In Nordrhein-Westfalen ist es möglich, ohne Wartezeit die Miete um 2,0 Prozent pro Jahr anzupassen und Tilgungsnachlässe von bis zu 40 Prozent zu bekommen. Auch die beliebtesten sächsischen Städte Dresden und Leipzig bieten momentan Baukostenzuschüsse und Möglichkeiten zur Mietenanpassung.

Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, wie differenziert die Förderlandschaft ist. Gleichzeitig sind das wichtige wirtschaftliche Faktoren, die sich auf die Finanzierbarkeit eines Projekts auswirken. Daher ist es wichtig zu wissen, in welchen Bundesländern welche Förderkonditionen gelten und welche Standorte zum Zeitpunkt der geplanten Projektrealisierung für den geförderten Wohnungsbau attraktiv sind. Denn nur wenn das Förderprogramm adäquat ist, kann das geförderte Wohnen funktionieren und rentabel sein. Schließlich sind die Errichtungskosten identisch mit denen frei finanzierter Wohnungen. Es können zwar Unterschiede bei den Ausstattungen der Wohnungen vorgenommen werden, es fallen aber ebenso die mittlerweile stark gestiegenen Baukosten an – allerdings bei gedeckelten Mietpreisen. Mehr denn je sind daher erfahrene Partner gefragt, die die unterschiedlichen regionalen Marktbedingungen und Fördervoraussetzungen kennen und nutzen können.

Stabile Einnahmen und langfristiges Potenzial
Für Investoren spricht vieles für ein Investment in gefördertes Wohnen: Schließlich investieren sie langfristig in Wertsteigerungspotenzial. Gefördertes Wohnen bietet einen stetigen Miet-Cashflow, der durch die starke Nachfrage gesichert ist, aber auch die Chance auf künftige Miet- und Wertsteigerungen, da die Mietpreisgrenzen für Sozialwohnungen in der Regel nach 20 oder 30 Jahren auslaufen. Kauft man beispielsweise eine Immobilie mit gefördertem Wohnraum und einer Miete von neun Euro pro Quadratmeter, sind nach Auslaufen der Mietpreisbindung Anpassungen von bis zu 20 Prozent möglich.

Für den geförderten Wohnbau spricht auch, dass der Druck auf Investoren steigt, in Taxonomie-konforme Finanzprodukte zu investieren, und dass Artikel-8- und Artikel-9-Produkte gemäß EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) zunehmend in den Fokus rücken. In diesem Zusammenhang bietet der geförderte Wohnungsbau weitreichende Potenziale: Er trägt dazu bei, die sozialen Aspekte und damit das ESG-Rating eines Produkts deutlich zu verbessern.

Inzwischen hat sich das Image des geförderten Wohnbaus insgesamt deutlich gewandelt, ein viel größerer Teil der Bevölkerung fällt in den Bereich gefördertes Wohnen. Durch die verschiedenen Förderwege werden oft auch Menschen mit niedrigem Einkommen unterstützt und die Mieter können durch den Vermieter ausgewählt werden. Die Bewohnerstruktur ist daher oft eine andere als noch vor einigen Jahren.

Fazit: Die Assetklasse gefördertes Wohnen kann für langfristig orientierte Investoren attraktiv sein. Damit Konzepte aber wirtschaftlich und zukunftsfähig sind, muss der Markt genau sondiert werden. Denn die unterschiedlichen Fördermodelle von Bund, Ländern und Kommunen bringen eine hohe Komplexität mit sich. Deshalb ist nicht nur Expertise in der Realisierung von Wohnprojekten erforderlich, sondern auch Kenntnisse der unterschiedlichen regionalen Märkte und der Konditionen für geförderten Wohnraum. Es ist daher genau zu prüfen, ob – je nach Region und Projekt – nicht auch der frei finanzierte Wohnungsbau eine attraktive Alternative sein kann. Mischkonzepte aus frei finanziertem und gefördertem Wohnungsbau können unter Umständen für eine nachhaltige Cashflow-Modellierung sinnvoll sein. Allerdings ist die Politik gefordert, mehr Anreize zu schaffen und geeignete Förderprogramme aufzulegen. Es wird viel darüber diskutiert, aber es passiert noch zu wenig, damit geförderter Wohnraum auch dort geschaffen werden kann, wo er am dringendsten benötigt wird: in den Metropolen.

Dieser Artikel erschien am 15.03.2024 online auf immobilienmanager.de.

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an die Leiter unserer Redaktion Jan Döhler und Kai Gutacker.