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Hotelbetrieb im Umbruch

7. Nov 2021

Christian Gaiser  |  Numa Group

Corona hat nicht nur, aber auch die Tourismusbranche durcheinandergewirbelt. Viele Menschen reisen schon heute anders, und sie werden das noch konsequenter in Zukunft tun. Weniger, dafür länger, lautet der Makrotrend. Denn Flüge werden auf absehbare Zeit teuer bleiben, also bucht man lieber nur ein- oder zweimal, ist dafür aber länger unterwegs. Denn schon jetzt werden Arbeiten und Reisen miteinander verknüpft, weil die Zeit der dauerhaften Anwesenheit in den Büros vorüber ist. Man kann seinen Videocall auch von Barcelona aus durchführen – um dann nach Feierabend das Flair einer Weltstadt zu erleben.

Dieser Trend verlangt neue Hotels. Keine gesichtslosen großen Häuser mit 100 Zimmern und mehr, dem immer gleichen Frühstück, Zeitvergeudung an Rezeptionen, mittelmäßigen Fitnessräumen. Die modernen Städtereisenden sind mit der preisgünstigen Individualität von Airbnb aufgewachsen. Jetzt haben sie mehr Geld, suchen mehr Komfort – doch der Anspruch an Individualität und Authentizität ist geblieben oder sogar gestiegen. Sie wollen Häuser, die bei Architektur und Einrichtung das Flair einer Stadt aufnehmen, sie wollen sich nicht an feste Frühstückszeiten binden, sondern sich in der eigenen Küche versorgen, sie wollen eine schnelle und zuverlässige Internetanbindung. Und sie sind digital affin und schätzen es, wenn sie maximal flexibel etwa per App ein- und auschecken können. 80 % der klassischen Hotelprozesse lassen sich digitalisieren, das spart nicht nur kostbare Zeit – sondern auch Ressourcen und Fixkosten. Viele Betreiber klassischer Hotels werden nicht umhinkommen, sich hier anzupassen.

Die Hotelfläche in Deutschland ist im zurückliegenden Jahrzehnt dynamisch gewachsen, im Sommer 2021 erlebten wir den Beginn einer Marktbereinigung – und das ist dem neuen Reisetrend geschuldet. Immer mehr Videokonferenzen ersetzen kostspielige Kongresse, die wiederum Hotels mit großen Sälen benötigt hatten. Tempi passati. Für die Traditionalisten unter den Geschäftsreisenden, mit Anzug und Einstecktuch, gibt es noch genug Hotels der „alten Schule“. Doch die neue Generation der Berufstätigen will so etwas nicht mehr. Sie will smart reisen, in kleinen, individuellen Hotels absteigen und den Herzschlag fremder Städte genießen. Auf keinen Fall will sie abends ihr Bier an einer Hotelbar trinken, sondern lieber in einer trendigen Location in der Nachbarschaft. Die Zukunft gehört Häusern mit individuellem Charme.

Dieser Artikel erschien am 4.11. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.