Baustoffpreise werden zum Politikum
5. Sep. 2021
5. Sep. 2021
Bezahlbarer Wohnraum ist ein politisch umkämpftes Gebiet. Nur in einem Punkt sind sich alle einig: Es gibt zu wenig davon. Das größte wirtschaftliche Hindernis für mehr günstige Wohnungen sind unbestreitbar die Grundstückspreise. Doch nun gehen Handwerker in Kurzarbeit und Gewerke stehen still. Bauleiter legen Materiallager an. Der Grund: Die Nachfrage nach Rohstoffen wie Sand und Holz ist so groß, dass sie zum Teil zur Mangelware werden – und damit zum Politikum.
Umso überraschender finde ich, dass es die Baukosten nicht auf die große politische Bühne schaffen. Dabei werden sie gerade zum größten Kostentreiber nach den Grundstückspreisen. Während es viele Diskussionen und Ideen zur Bodenbevorratung, zur Baulandgewinnung und zu Alternativen von der Konzeptvergabe bis zum Erbbaurecht gibt, wird bisher viel zu wenig über die immer deutlichere Verknappung von Rohstoffen gesprochen. Beispiel Holz, eines der wichtigsten Materialien für nachhaltiges Bauen und die CO2-Neutralität im Gebäudesektor: Die Preise sind in nur einem Jahr um bis zu 500 % gestiegen, die Medien sind voll davon – doch politisch passiert bisher nichts.
Das kann nicht gut gehen. Die Preisrallye, befeuert von der hohen Baustoffnachfrage vor allem aus den USA, China und Kanada, kann aus meiner Sicht nur noch politisch gebremst werden – sei es in Form von Exportbeschränkungen, einer temporären künstlichen Begrenzung der Nachfrage aus Übersee also, oder einer Ausweitung der Rohstoffproduktion. Andernfalls steigen die Preise weiter, mit Folgen für das bezahlbare Wohnen: Entweder scheitern viele Projekte an den Kostensteigerungen, was einen Dominoeffekt erzeugen und die Branche insgesamt belasten dürfte. Oder der Staat gewährt Steuervorteile beziehungsweise direkte Zuschüsse, um den Bau von Wohnungen zu fördern.
Beide Möglichkeiten eines politischen Eingriffs, die Intervention genauso wie die Subvention, erscheinen aus marktwirtschaftlicher Perspektive erst einmal wenig hilfreich. Natürlich wäre es am besten, wenn sich Angebot und Nachfrage ganz automatisch einpendeln würden. Doch Wohnraum ist kein Wirtschaftsgut wie jedes andere. Menschen können nicht auf ihn verzichten und jeder und jede sollte ein individuell bezahlbares Dach über dem Kopf haben. Wenn das nicht gelingt, muss aus meiner Sicht der Staat eingreifen, – und wenn sich bei den Rohstoffpreisen nicht bald etwas tut, ist dieser Moment nicht mehr weit.
Dieser Artikel erschien am 2.9. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.