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Jetzt muss Wohnungspolitik gemacht werden

3. Okt 2021

Jürgen Michael Schick  |  IVD

Dass Bündnis 90/Die Grünen und FDP unmittelbar nach der Bundestagswahl mit Sondierungen begonnen haben, ist ein anschaulicher Beleg für die Kräfteverschiebung im Deutschen Bundestag. Auf die Immobilienpolitik hat das jedenfalls erhebliche Auswirkungen. Fakt ist: Auch die Grünen haben erkannt, dass man im Neubau bessere und nachhaltigere Gebäude schaffen kann. Damit müsste klar sein, dass die kommenden Jahre im Zeichen einer Neubauoffensive stehen werden.

Sollte es zu einer Regierung Scholz kommen, würde das Hamburger Modell deutschlandweit Schule machen – die Metropolen wären dann wahrscheinlich im Vorteil, da hier auch die Mehrheit der Ampelwähler lebt. Unter einer unionsgeführten Regierung würden hingegen auch viele Mittelstädte und die ländlichen Regionen stärker in den Fokus rücken, hier wäre ein Infrastrukturprogramm sicherlich konsensual.

Die größte Gefahr besteht indes darin, dass die wohnungspolitischen Interessen während der Koalitionsverhandlungen insgesamt zu kurz geraten. Würde zum Beispiel die FDP einem von der SPD und Bündnis 90/Die Grünen geforderten Mietenmoratorium zustimmen, wenn sich dadurch Steuererhöhungen oder die Einführung einer Vermögensumlage verhindern ließen? Ganz ausgeschlossen ist das nicht. Und umgekehrt stellt sich die gleiche Frage: Welches klimapolitische Geschenk müssten Union und FDP den Grünen machen, damit diese weitere Maßnahmen zur Eigentumsbildung unterstützen? Dabei gibt es aus meiner Sicht schon heute gute Möglichkeiten, Kompromisse zwischen den Klimazielen auf der einen und einer austarierten Wohnungs- und Eigentumspolitik auf der anderen Seite zu finden. Man könnte zum Beispiel die Senkung der Grunderwerbsteuer an Sanierungszusagen der neuen Eigentümer knüpfen.

Die Kernfrage lautet: In welcher Konstellation sind die Zugeständnisse an den jeweils kritischsten Partner am schmerzvollsten? Bei einer Ampelkoalition müssten SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegenüber der FDP einige bittere Pillen schlucken, ebenso wie Union und FDP für Bündnis 90/Die Grünen ein gewaltiges Paket schnüren müssten, damit sie über ihren parteiinternen Schatten springen. Eine Situation, in der die Wohnungspolitik zugunsten der schwarzen Null oder verhinderter Steuererhöhungen zum Opfer gebracht wird, ist nicht undenkbar. Umso wichtiger ist es daher, dass wir nun der Politik in Erinnerung rufen, welche Kurskorrekturen für eine kluge Immobilienpolitik essenziell sind.

Dieser Artikel erschien am 30.9. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.