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ESG-Manager sind ein teures Feigenblatt

24. Jan. 2025

Johanna Fuchs-Boenisch  |  Susteco

Steigender Druck und vermehrte Nachhaltigkeitsforderungen haben dazu geführt, dass in vielen Unternehmen eine neue Position geschaffen wurde: die des ESG-Managers. Diese sind inzwischen vielerorts etabliert und werden gerne als Aushängeschild beziehungsweise als Symbol nachhaltigen Handelns präsentiert. Bei näherem Hinsehen stellt sich jedoch die Frage, ob diese Rolle tatsächlich ihr „Soll“ erfüllen kann und nicht oft nur eine teure Inszenierung ist.

Denn ESG-Manager, die – wie in den meisten Fällen – ihre Zeit primär mit der Dokumentation des Status quo und der Verwaltung von Akten sowie der manuellen Pflege von Excel-Tabellen verbringen, kommen kaum dazu, nachhaltige Veränderungen anzustoßen. Damit ist ihre Rolle nicht nur ineffektiv, sondern sie frustriert auch Mitarbeiter, Stakeholder und häufig die Führungskräfte selbst. So wird Nachhaltigkeit nach außen demonstriert, nach innen bleibt alles beim Alten.

Die Blockade der starren Struktur
Doch woran liegt das genau? Die Antwort liegt hier, wie so oft, in der Struktur. ESG-Manager haben vielfach weder das Mandat noch die Ressourcen, um tatsächliche, wirksame Maßnahmen umzusetzen. Stattdessen befassen sie sich mit dem Sortieren und Bewerten von Stromrechnungen und Verbrauchsdaten, die in vielen Fällen sogar auf verschiedensten Plattformen verweilen.

So hat Susteco in Zusammenarbeit mit Union Investment im vergangenen Jahr eine Untersuchung zu den Herausforderungen im ESG-Management durchgeführt. Aussagen wie „Wir müssen erstmal klären, wo die Daten für unsere CO₂-Reduktionsmaßnahmen überhaupt herkommen und was genau wir brauchen“ oder „Ich nutze sehr viele verschiedene Tools. Für jede Aufgabe ein anderes Tool. Das ist anstrengend“ zeigen das Problem eindeutig: Die Struktur fehlt an allen Ecken und Enden.

Der Schlüssel zur effektiven Nutzung dieser Position liegt in der Verknüpfung mit klaren Zielen, klarer Verantwortung und einer offenen Datenkultur. Eine zentrale Herausforderung ist die Fragmentierung von Informationen: Jeder Bereich im Unternehmen sammelt seine eigenen Daten – vom Asset-Management über das Property-Management bis hin zum Portfolio-Management. Das Ergebnis sind Datensilos, die die Erhebung verlässlicher Echtzeitdaten erschweren und eine umfassende automatisierte Analyse verhindern.

Wer ernsthaft langfristige Mehrwerte erzielen möchte, muss daher konsequent eine transparente Informationsbündelung erreichen, die es allen Stakeholdern ermöglicht, in die Umsetzung und Konzipierung von Nachhaltigkeitsstrategien zu kommen und nicht nur alle Ressourcen auf die Erhebung des Status quo zu verwenden. Vor allem müssen Unternehmen aber auch die notwendigen Budgets zur Digitalisierung des ESG-Managements zur Verfügung stellen, um Abteilungen miteinander zu verknüpfen, Daten zu digitalisieren und die dafür notwendige Software einzukaufen. Nur so können die Voraussetzungen geschaffen werden, damit ESG-Manager ihren Aufgaben wirklich nachkommen können.

Wir brauchen mehr Transparenz
Damit einher geht auch das Thema Transparenz. In Deutschland wird viel Geld ausgegeben, um in einer intensiven Due Diligence eine gewisse Transparenz für Käufer herzustellen, aber kaum jemand wagt sich an echte Transparenz bei ESG-Themen. Nachhaltige Maßnahmen bleiben oft vage und unbelegt. Nur wenn Gebäudedaten zentral, digital und transparent vorliegen, können wir verlässlich beurteilen, welche Lösungen tatsächlich wirken. ESG-Manager könnten hier eine zentrale Rolle übernehmen, indem sie als Bindeglied zwischen Abteilungen agieren und sicherstellen, dass wichtige Informationen übergreifend verfügbar sind.

An die CEOs sei hier also appelliert: Befähigt ESG-Manager dazu, sich mit den Ergebnissen der Reports auseinanderzusetzen, um wertvolle Maßnahmen abzuleiten. Sie brauchen einen strategischen Handlungsspielraum, der über bloße Datenerhebung hinausgeht. Nur so können sie zur Transformation beitragen und ihren Job so ausführen, wie er auch in der Stellenausschreibung beschrieben wird.

Dafür müssen allerdings auch Geschäftsführer dazu bereit sein, strategische Kompetenz abzugeben und ihren Spezialisten zu vertrauen. Zu oft lässt sich beobachten, wie top ausgebildete Fachkräfte in einem Spannungsfeld aus monotonen Datenerhebungsaufträgen und der Abwesenheit jeder strategischen Verantwortung zerrieben werden. Das ist nicht nur eine große Geldverschwendung, sondern auch schade für die Reputation der Immobilienbranche gegenüber der Szene der ESG-Manager. Denn die sind gefragt wie nie und finden auch in anderen Branchen ihre berufliche Herausforderung.

Dieser Beitrag erschien am 21.01.2025 online auf immobilienmanager.de

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