Nachhaltige Anlagemöglichkeiten für Investoren
21. Jun 2024
21. Jun 2024
Die Transformation der Energieversorgung erfordert gewaltige Investitionssummen. Deshalb hat die Politik ein großes Interesse daran, attraktive Rahmenbedingungen für Investitionen in die Energiewende zu schaffen beziehungsweise zu erhalten.
Der Weg zu einer „Zukunft ohne Emissionen“ ist eine Herkulesaufgabe. Dem Expertenrat für Klimafragen zufolge werden nach jetzigem Stand weder die Klimaziele der Bundesregierung bis 2030 noch die Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 erreicht, nicht einmal bis 2050. Trotz aller unabweisbaren Anstrengungen weist der Dekarbonisierungspfad noch immer nicht steil genug nach unten. Es ist daher weitgehend unstrittig, dass in den kommenden Jahren massive Investitionssummen in die Energiewende fließen müssen. Um der Transformation den nötigen Schub zu verleihen, ist es dabei unerlässlich, ergänzende Konzepte zu den etablierten Erzeugungsarten Onshore-Windenergie und Photovoltaik sowie die erforderliche Energieinfrastruktur stärker in den Fokus zu rücken.
Das gilt nicht nur für die Energiepolitik, sondern auch für die Anlagestrategien von Investoren. Die gewaltigen Investitionssummen, die für die weitere Transformation der Energieversorgung noch erforderlich sind, werden von der öffentlichen Hand allein nicht zu stemmen sein. Die Politik hat also ein großes Interesse daran, attraktive Rahmenbedingungen für Investitionen in die Energiewende zu schaffen beziehungsweise zu erhalten.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten waren Windenergieanlagen an Land und Photovoltaik-Freiflächenanlagen zum Beispiel auf stillgelegten Militärflugplätzen das Rückgrat des Ausbaus der Stromerzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Energien. Doch die weiteren Ausbaupotenziale dieser beiden Erzeugungsarten stoßen an ihre Grenzen und reichen nicht aus: Die Standorte mit den besten Windpotenzialen sind entweder bereits bebaut oder werden (häufig aus lokalpolitischen Gründen) bewusst freigehalten. Größere geplante Photovoltaikanlagen wiederum geraten immer häufiger in Flächenkonkurrenz etwa zu Agrarnutzungen oder Naturschutzgebieten. Ein weiterer limitierender Faktor sind die begrenzten Netzkapazitäten.
Großes Potenzial der Assetklasse Offshore-Windenergie
Eine Assetklasse, die hingegen noch erhebliches Potenzial entfalten dürfte, ist die Offshore-Windenergie. Leistung und Ertrag sind höher als bei Onshore-Anlagen. Auf offener See herrschen zumeist stärkere und konstantere Winde, sodass die maximale Anzahl an Betriebsstunden in der Regel wesentlich höher ist. Zudem besteht noch ein deutlich größeres Ausbaupotenzial – das auch unbedingt benötigt wird, um den wachsenden Strombedarf durch den Vormarsch der Elektromobilität und die Umstellung der Industrie auf „grünen“ Wasserstoff zu decken.
Für Finanzinvestoren gibt es hier allerdings nur begrenzte Einstiegsmöglichkeiten, da die meisten Offshore-Windparks industriellen Stromverbrauchern oder großen Stromversorgern gehören. Es kommen aber immer wieder Asset-Tranchen auf den Markt, etwa wenn Erstinvestoren – häufig an Planung und Bau beteiligte Unternehmen – sich von ihren Anteilen nach einigen Jahren trennen wollen. Offshore-Wind ist so etwas wie die Königsklasse der Erneuerbare-Energien-Investments. Die Komplexität und die Risiken sind besonders in der Entwicklungsphase deutlich größer als bei Photovoltaik oder Wind an Land. Wenn ein Offshore-Park aber erstmal genehmigt, errichtet und am Netz ist, kann er seinen Eigentümern langfristig stabile Erträge einbringen.
Ebenfalls großes Potenzial hat die Hybridisierung von bestehenden Erneuerbare-Energie-Anlagen an Land, um bestehende Netzanschlüsse effizienter zu nutzen. Die Idee dabei: Unterschiedliche Erzeugungsarten haben unterschiedliche Erzeugungsprofile. Wird neben eine Windenergieanlage auch eine Photovoltaikanlage installiert, kann der Netzanschluss auch bei Flaute genutzt werden, wenn dafür die Sonne scheint. Noch größer ist das Potenzial, wenn zusätzlich ein Batteriespeicher installiert wird. Hybridanlagen dürften in den nächsten Jahren daher der neue Standard werden.
Das dritte Beispiel ist das sogenannte Repowering, also das Ersetzen bestehender Onshore-Windenergieanlagen durch neue, größere und effizientere Anlagen. Dies ist ein Thema, das beinahe ein Vierteljahrhundert nach Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zunehmend an Relevanz gewinnt. Damals wurden zuerst auf den am besten geeigneten Flächen Windräder gebaut. Deren Lebensdauer von zumeist 20 bis 30 Jahren läuft jetzt nach und nach ab – womit die Flächen für eine Nachnutzung durch modernere, leistungsstärkere Anlagen zur Verfügung stehen.
Assetklasse Photovoltaik liefert langfristig planbare Erträge
Photovoltaik ist als Assetklasse lange etabliert. Solarparks liefern auf lange Sicht planbare Erträge und sind in der Planung und im Bau unkomplizierter als Windenergieanlagen. Doch auch auf diesem bewährten Feld finden Weiterentwicklungen statt, an denen auch Investoren partizipieren können. Lösungen, um im Photovoltaikbereich Flächennutzungskonflikte zu verringern, sind zum Beispiel Agri-PV, also PV-Anlagen, die eine gleichzeitige landwirtschaftliche Nutzung der Fläche vorsehen, sowie Floating-PV, also auf Gewässern schwimmende Anlagen. Dieses Potenzial wird ergänzt von der konsequenten Nutzung von Gebäudedächern und -fassaden. Hierbei ist allerdings auch der Gesetzgeber gefragt, einige noch bestehende regulatorische Hürden zu beseitigen.
Experten drängen zudem schon lange darauf, dass auch offene Immobilienfonds als Beimischung einen Teil ihres Vermögens in Erneuerbare-Energien-Anlagen investieren dürfen sollten. Dies würde auf einen Schlag viele Milliarden Euro für die Finanzierung der Energiewende bereitstellen. Ebenso notwendig sind Investitionen in Stromübertragungsnetze sowie Speicherkapazitäten, um den Anteil der Erneuerbaren an der Stromversorgungweiter steigern zu können.
Der Aus- und Aufbau der Netz- und Speicherinfrastruktur inklusive Wasserstoff wird in den kommenden Jahren viel Geld kosten. Welche Rolle hier privatwirtschaftliche Investitionen spielen können, dazu sind Stand heute noch viele Fragen offen. Es handelt sich zweifellos um ein Zukunftssegment, das es im Blick zu behalten gilt.
Das Feld der Infrastrukturinvestments dürfte sich in den nächsten Jahren überaus dynamisch entwickeln. Manche Beobachter sprechen von einem Jahrzehnt der Infrastrukturinvestments. Investoren stehen vor spannenden Möglichkeiten.
Dieser Artikel erschien am 11.06.2024 online auf der Website der F.A.Z.
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