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„Wir erwarten keine Massenflucht aus Immobilienfonds, sondern Zuflüsse“

22. Mrz 2020

Matthias Weber  |  KGAL

PB3C: Herr Weber, vor rund einem Jahr ist KGAL erstmals mit einem offenen Immobilienpublikumsfonds an den Markt gegangen. Dabei tummeln sich in diesem Markt in Deutschland einige seit Jahrzehnten etablierte Flaggschiffe. Warum diese Entscheidung?

Matthias Weber: Wir haben mehr als 50 Jahre Erfahrung mit Fonds- und Immobilien-Investments. Da lag es nahe, auch neue Anlegergruppen anzusprechen. Zudem hatten zu diesem Zeitpunkt viele Wettbewerber die Annahme von Neugeldern gestoppt, weil sie für die Mittelzuflüsse nicht mehr genug Anlageziele fanden und Liquidität derzeit teuer ist. Wir haben jedoch genug attraktive Objekte in der Anbindung. Zudem verfolgen wir mit unserem ‚immoSubstanz‘ einen anderen Investmentansatz: Im Mittelpunkt der Anlagestrategie steht eine breite Streuung auf kleinere bis mittelgroße Objekte, bei denen wir neben den regelmäßigen Mieterträgen eine aktive Wertsteigerung verfolgen. Deshalb betreut ein Assetmanager im Schnitt lediglich vier Objekte – und kann sich entsprechend engagiert darum kümmern.

PB3C: Das Coronavirus und die damit verbundenen Einschränkungen werden höchstwahrscheinlich zu einer scharfen Rezession führen. Welche Auswirkungen erwarten Sie für die Immobilienmärkte im Allgemeinen und für Immobilienfonds im Besonderen?

Matthias Weber: Dass der Boom nach mehr als zehn Jahren irgendwann einmal an seine Grenzen stoßen würde, war uns bewusst. Die aktuellen dynamischen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus hat allerdings niemand absehen können. Einzelne Nutzungsarten werden bereits sehr schnell und sehr stark von der Krise betroffen sein, man denke nur an Gastronomie, Hotellerie und bestimmte Bereiche des Einzelhandels. Mit fortschreitender Dauer werden auch andere Nutzungsarten leiden. Wir erwarten allerdings nicht, dass Privatanleger wie in der Lehman-/Subprime-Krise vor zwölf Jahren in Panik massenhaft Gelder aus den offenen Fonds abziehen – in der Regel ist das auch gar nicht mehr möglich. Stattdessen haben die Rückschläge an den Aktienmärkten die Vorteile von Immobilienfonds für Privatanleger gezeigt: die deutlich geringere Volatilität und die höhere Verlässlichkeit. Wir erwarten deshalb mittelfristig eher weiter steigende Zuflüsse, etwa von Privatanlegern, die sich enttäuscht vom Aktienmarkt abwenden.

PB3C: In Großbritannien berichten Medien von einer regelrechten Schließungswelle bei Immobilienpublikumsfonds.

Matthias Weber: Diese Produkte sind nicht direkt mit deutschen offenen Immobilienpublikumsfonds vergleichbar. Sie ähneln eher REITs, deren Bewertungen laufend angepasst werden müssen. Hinzu kommt, dass die Branche dort schon durch den Brexit unter einem besonderen Druck steht. Wir erwarten für Deutschland jedenfalls keine parallele Entwicklung.

PB3C: Gleichwohl werden sich doch die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise auch in der Performance deutscher Immobilienfonds niederschlagen, oder?

Matthias Weber: Die Auswirkungen der Coronakrise werden sich wahrscheinlich in einer wirtschaftlichen Rezession auswirken, wenn man Experten glauben darf. Das bedeutet für Immobilieninvestments, dass Mietsteigerungen erst einmal vorbei sind. Natürlich wird es Branchen geben, die es stärker trifft. Dies sind insbesondere wie bereits erwähnt der Einzelhandel, die Gastronomie und das Hotelgewerbe. Spätfolgen in diesen Segmenten sind noch nicht abzusehen. Mit dem ‚immoSubstanz‘ verfolgen wir eine defensive Anlagestrategie, die hauptsächlich auf Büroimmobilien und im Einzelhandel bevorzugt auf Lebensmitteleinzelhandel setzt. Eine möglichst breite Streuung auf kleinere Objekte erscheint uns zudem als vielversprechende Strategie gegen diese Risiken. Und seien wir an dieser Stelle nichtsdestotrotz ein bisschen zuversichtlich: Auch diese Krise geht irgendwann vorbei.

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an den Leiter unserer Redaktion Dr. Josef Girshovich.