Bürovermietung: Die Innenstadt behält ihren Reiz
18. Aug 2023
18. Aug 2023
Büroimmobilien in Innenstädten feiern ein Comeback, B- und C-Lagen am Stadtrand stehen vor Herausforderungen.
Kurze Wege, gute Erreichbarkeit, lebendiges Umfeld – dieser Dreiklang steht bei Büromietern in der Flächenauswahl weiterhin an oberster Stelle. Wer seinen Mitarbeitern einen Mehrwert und eine echte Alternative zum Homeoffice bieten will, muss also ein gewisses Preisniveau in Kauf nehmen, denn die Spitzenmieten für hochwertige Objekte in zentraler Lage steigen weiter: im ersten Halbjahr 2023 in Düsseldorf laut Colliers um 33 Prozent, in Köln um 26 Prozent, in Stuttgart um 19 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. In Berlin zahlt man für Top-Büroraum zurzeit fast 44 Euro pro Quadratmeter, ein Plus von rund vier Prozent binnen eines Jahres. Somit liegt Berlins Preisniveau direkt hinter München und Frankfurt am Main.
Hintergrund in fast allen Metropolen ist das knappe Angebot an modernen und möglichst ESG-konformen Flächen sowie die Tatsache, dass weniger gebaut wird als noch vor zwei Jahren. Entsprechend fragen Büromieter vor allem kleinere Flächen nach, die den höheren Quadratmeterpreis bei den Gesamtkosten unterm Strich kompensieren. Dafür sind diese Flächen ökologisch und ökonomisch nachhaltig auf die Zukunft ausgerichtet. Idealerweise befinden sich die Büroflächen innerhalb eines vielseitigen Nutzungsmixes, sodass auch im Objekt selbst verschiedene Einkaufsmöglichkeiten, Services und Gastronomieangebote bereitstehen.
Ein zyklischer Vermietungsmarkt
Der Bürovermietungsmarkt ist ein zyklisches Geschäft und hängt in hohem Maße mit dem allgemeinen Wirtschaftswachstum zusammen. Gerät die Wirtschaft ins Straucheln, reagieren Unternehmen äußerst sensibel in Bezug auf Neuabschlüsse oder Umgestaltungen. Das zeigen auch aktuelle Zahlen, die das Marktgeschehen der ersten sechs Monate dieses Jahres widerspiegeln: In den Top-7-Städten ist der Flächenumsatz um 40 Prozent gesunken. Mit nur rund 1,16 Millionen Quadratmetern lag das Halbjahresergebnis sogar noch unter dem der beiden ersten Pandemiejahre 2020 und 2021.
Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit: Die Zurückhaltung bezieht sich hauptsächlich auf Großabschlüsse, die allerorten Mangelware sind – sowie auf die Lagen am Rande der Kernstädte, also zwischen Innenstadt und Speckgürtel. Nach wie vor gibt es im Bereich der Büroflächen bis 2.000 Quadratmeter zahlreiche Abschlüsse. Laut Colliers deutschlandweit nur rund zehn Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Dafür legten die künftigen Nutzer sehr viel mehr Wert auf die energetische Beschaffenheit der Immobilien, flexible Raumkonzepte sowie gut angebundene zentrale Standorte.
HR-Abteilungen bestimmen mit
Der Trend hin zu kleineren Flächen, dafür aber in einem hochwertigen Zustand und in bester Lage, dürfte kein kurzfristiger sein: Ich sehe darin eher einen Ausdruck fundamentaler gesellschaftlicher Veränderung und personalwirtschaftlichen Kalküls. Denn durch das hybride Arbeiten als Folge der Corona-Pandemie hat die Büropräsenz bekanntlich deutlich abgenommen. Rund 61 Prozent aller in diesem Sommer vom ifo Institut in Kooperation mit Randstad befragten Unternehmen erlauben Homeoffice – im Durchschnitt 6,4 Tage im Monat. Dennoch ist und bleibt das Büro für die meisten Firmen der Dreh- und Angelpunkt ihres Agierens. Dadurch benötigen sie zwar tendenziell kleinere Büroflächen, die aber an moderne Arbeitsformen angepasst und komfortabel sein müssen, damit die Mitarbeiter sich dort wohlfühlen. Büroflächen sollten also Mehrwert sowohl für die Unternehmen als auch für ihre Mitarbeiter liefern – unter anderem mit Terrassenflächen für Meetings oder Pausen sowie andere Ruhebereiche. Angesichts des Fachkräftemangels ist das heutzutage ein absolutes Muss, weshalb die Human-Resources-Abteilungen bei der Flächenauswahl schon sehr früh ein Wörtchen mitreden.
Dasselbe gilt für ein attraktives, also innerstädtisches Arbeitsumfeld, das schnell und bequem zu erreichen ist und die quirlige Atmosphäre von gelebter Urbanität bietet. Will man engagierte Fachkräfte an sich binden und hochqualifizierten Nachwuchs gewinnen, sollte die Büroimmobilie innerhalb eines urbanen Quartiers gelegen sein und dieses idealerweise sogar mitprägen. Eine eingangs erwähnte Mischnutzung, beispielsweise mit Supermärkten, Fitnessbereichen, Gastronomie, Kita oder ähnlichem, kann dafür sorgen, dass noch offene Angebotslücken in der jeweiligen Nachbarschaft direkt auf der Fläche gefüllt werden können. Deswegen sollten die entsprechenden Projektentwickler immer auch die bereits vorhandene lokale Infrastruktur im Blick haben.
Mehr als die Hälfte des Flächenumsatzes entfällt auf Innenstadtlagen
Dass Unternehmen bei der Wahl der Bürofläche mehr auf Qualität als auf Quantität setzen, ist gerade in der Bundeshauptstadt klar zu beobachten: Mit nur knapp 700 Quadratmetern war die durchschnittliche Quadratmeterzahl CBRE zufolge bei Neuvermietungen in Berlin im ersten Halbjahr 2023 so niedrig wie seit fast zehn Jahren nicht mehr. Außerdem entfiel knapp die Hälfte des Flächenumsatzes im ersten Halbjahr auf den Innenstadtbereich. Das sah im Vorjahreszeitraum noch ganz anders aus: Da wurde der Umsatz mehrheitlich noch in den B- und C-Lagen am Stadtrand generiert – nicht zuletzt, weil dort auch größere Projektentwicklungen realisiert wurden.
Damit zeigt sich eine spannende Dynamik: Die Innenstädte feiern ein klares Comeback und bleiben auch auf lange Sicht äußerst attraktiv. Die B- und C-Lagen am Stadtrand, zwischen Innenstadt und Speckgürtel gelegen, werden hingegen vor Herausforderungen stehen. Zwar sind diese Standorte günstiger, werden aber auch als weniger attraktiv empfunden.
Gleichzeitig bleiben die innerstädtischen Bauflächen limitiert – weshalb einerseits der Nachfrageüberhang nach modernen Flächen tendenziell noch steigen dürfte. Andererseits ist für die Projektentwickler damit der Auftrag verbunden, diese raren Flächen bestmöglich zu nutzen, sodass nicht nur viel Nutzfläche, sondern auch eine hohe Flächenintensität dabei entsteht.
Dieser Artikel erschien online am 17.08.2023 online auf immobilienmanager.de.
Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an die Leiter unserer Redaktion Jan Döhler und Kai Gutacker.