Das Thema wird zu heiß gekocht
20. Mrz 2022
20. Mrz 2022
Die Preisblase ist quasi der Yeti oder das Ungeheuer von Loch Ness in der Immobilienwelt: Viele tun sie als bloßes Hirngespinst ab, einige sind überzeugt, dass sie irgendwo da draußen ist. Exakt identifizieren kann sie niemand, aber alle reden über sie. So auch viele Medien. „Angst vor der Immobilienblase“, hieß es in der FAZ, „Die gefährliche Immobilien-Illusion“ in der NZZ und „Der Albtraum vom Eigenheim“ im Stern. Doch gibt es die Preisblase wirklich? Und wann wird sie platzen?
Ich bin der Meinung, das Thema wird zu heiß gekocht: Es gibt Überhitzungstendenzen – aber keine Blase. Denn die bräuchte Leerstand. In den Wachstumsgemeinden, Metropolen und Universitätsstädten ist die Nachfrage nach Wohneigentum aber größer als das Angebot, und sie steigt. Außerdem können sich Eigentümer über weitere Wertzuwächse ihrer Wohnungen beziehungsweise ihrer Häuser freuen – und zwar auf dem Niveau der vergangenen Jahre.
Auch von spekulativem Neubau oder spekulativem Kaufverhalten – ebenfalls Voraussetzung für eine Blase – kann in Zeiten akuter Wohnungsnot keine Rede sein. Und da die Banken eine restriktive Kreditvergabe haben, gibt es keine Darlehen an Menschen ohne genügend Bonität. Die Kreditausfallquote in Deutschland liegt nahe null. Allerdings sollte man die Überhitzungstendenzen am Markt genau beobachten.
Ich denke dabei an die klaffende Schere zwischen Mietpreisen, die sich deutschlandweit stabilisieren und nur moderat steigen, und den explodierenden Preisen für Eigentumswohnungen. Kapitalanleger haben eine niedrigere Rendite zu erwarten als in der Vergangenheit. Durch den nominalen Preisanstieg in fast allen Bereichen sinkt die Erschwinglichkeit. Steigen könnten auch die Bauzinsen, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) dafür sorgen will, dass deutsche Banken einen Sicherheitspuffer aufbauen.
Vor diesem Hintergrund ist es natürlich mit einem hohen Risiko verbunden, in einer Region mit geringem Mietpreiswachstum während einer Preisüberhitzung auf dem Peak zu kaufen. Und ja, es waren in der Vergangenheit auch Marktauswüchse zu beobachten. Meiner Meinung nach sollten private Immobilienkäufer deshalb 20 % bis 30 % Eigenkapital einbringen, um die Auswirkungen bei einer möglichen Marktkorrektur gering zu halten. Kapitalanleger sollten dort investieren, wo dauerhaft eine organische Nachfrage nach Wohnraum besteht.
Außerdem: Für immer mehr Käufer ist die Immobilie als Inflationsschutz interessant. Zwar ist die Einstiegsrendite niedriger als früher, doch in dem Moment, in dem es einen indexierten Mietvertrag gibt, hat man eine inflationssichere Kapitalanlage. Deshalb: Ein bloßes Hirngespinst ist die überhitzte Marktlage sicher nicht – eine konkrete Bedrohung aber auch nicht, wenn man sich an die Regeln hält.
Dieser Artikel erschien am 11.3. auf HANDELSBLATT INSIDE REAL ESTATE.
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