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Anlagechancen im europäischen Immobiliensektor

15. Sep 2023

Tomasz Dukala  |  EPH European Property Holding

Anhaltend hohe Inflationsraten, steigende Zinsen sowie geopolitische und konjunkturelle Unsicherheiten: Die Immobilienbranche sieht sich gleich mit diversen Herausforderungen konfrontiert. Das lange Zeit stabile Markt- und Finanzierungsumfeld hat sich innerhalb der vergangenen 18 bis 24 Monate massiv verändert und stellt die Marktteilnehmer vor eine neue Normalität. Doch selbst im aktuellen Marktumfeld bieten die europäischen Immobilienmärkte interessante Investitionschancen.

Die Immobilienbranche wird auch im weiteren Jahresverlauf 2023 vor einigen Hürden stehen. Die Preisfindungsphase am Immobilienmarkt ist noch nicht abgeschlossen und die Transaktionsaktivitäten sind noch immer stark rückläufig. Die Verunsicherung der Marktteilnehmer und Zurückhaltung vieler Investoren und Finanzierer halten an. Nicht zuletzt, weil die Europäische Zentralbank den Leitzins seit Sommer 2022 neun Mal in Folge auf aktuell 4,25 Prozent angehoben hat, um der hohen Inflation entgegenzuwirken. Sobald sich die Zinsen jedoch wieder stabilisieren und damit eine gewisse Planungssicherheit für Entwickler und Investoren einhergeht, dürfte auch die Marktdynamik zurückkehren. Das könnte in den nächsten zwölf bis 18 Monaten der Fall sein, wenn auch die Konjunktur wieder anzieht. Bis dahin abzuwarten, ist jedoch nicht ratsam. Gerade für langfristig orientierte Investoren mit Fokus auf nachhaltig werthaltige Portfolios bieten sich auch in der aktuellen Marktphase interessante Möglichkeiten.

Die hohe Nachfrage auf den Immobilienmärkten hat in den vergangenen Jahren zu massiven Preissteigerungen geführt, sodass einige Objekte überteuert verkauft wurden. Dieser Effekt bereinigt sich derzeit und Preiskorrekturen setzen sich fort. In Deutschland zum Beispiel sanken die Immobilienpreise nach Angaben des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VDP) im zweiten Quartal 2023 über alle Kategorien hinweg um 6,4 Prozent im Jahresvergleich und um 1,1 Prozent zum Vorquartal. Dabei verzeichneten Gewerbeimmobilien Preisrückgänge sogar von 10,3 beziehungsweise 2,0 Prozent im Jahres- und im Quartalsvergleich. Das bedeutet wiederum, dass sich für Investoren mit ausreichender Liquidität in dieser Marktphase attraktive Chancen ergeben können. Denn die Einstiegspreise sind derzeit so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Und sobald sich der Markt wieder etwas normalisiert, wird auch die Marktdynamik wieder zunehmen und die Preise könnten langfristig wieder leicht steigen. Um echte Chancen mit langfristigem Potenzial zu erkennen und zu nutzen, bedarf es jedoch Expertise und einer sorgfältigen Marktselektion.

Investitionschancen im Büro- und Hotelmarkt

Immobilieninvestments können aktuell sinnvoll sein, wenn sie den Marktbedarf treffen und sich auf Assetklassen mit stabiler Nutzernachfrage konzentrieren. Das gilt insbesondere für hochwertige Büroflächen in zentralen Lagen europäischer Metropolen. Untermauert wird das durch die Entwicklung der Spitzenmieten. Diese sind laut BNP Paribas Real Estate seit Sommer 2022 in allen wichtigen deutschen Top-Büromärkten gestiegen. Auch seit Anfang 2023 weisen die meisten Märkte im Spitzensegment stabile Mieten auf, München, Köln und Essen im zweiten Quartal 2023 sogar einen weiteren Anstieg. Aber auch Wien ist laut CBRE ein Beispiel für steigende Spitzenbüromieten im zweiten Quartal 2023.

Weitere Mietpreissteigerungen seien den Experten zufolge zu erwarten aufgrund der Nachfrage nach modernen und auch ESG-konformen Flächen. Was die Situation noch verschärft: Das Angebot an Neubauflächen verknappt sich aufgrund steigender Bau- und Finanzierungskosten sowie Projektausfällen. Die hohe Nachfrage trifft somit auf ein begrenztes Angebot. Potenzial für Mietwachstum bieten aber auch die im Gewerbeimmobilienbereich üblichen Indexmietverträge.

Neben den Büroimmobilienmärkten bietet der Hotelsektor interessante Anlagemöglichkeiten für Investoren. Nach den massiven Einbrüchen im Zuge der Corona-Pandemie hat sich der Tourismus wieder deutlich erholt und die Übernachtungszahlen steigen kontinuierlich. Die Beherbergungsbetriebe in Deutschland zählten dem Statistischen Bundesamt zufolge im Juni 2023 insgesamt 49,5 Millionen Übernachtungen, nach 48,9 Millionen ein Jahr zuvor und 30,5 Millionen im Juni 2021. Dennoch machen der Branche weiterhin die hohen Energie- und Lebensmittelpreise sowie der Fachkräftemangel zu schaffen. Bei einer Investition im Hotelsegment muss daher auf Details geachtet werden: Die Qualität der Immobilie, des Betreibers und des Konzepts sowie eine geringe Abhängigkeit von einer Zielgruppe sind wichtige Erfolgsfaktoren. Im Hinblick auf die Flächenauslastung und langfristige Wertentwicklung des Portfolios bieten qualitativ hochwertige Objekte an attraktiven Standorten in Ballungsräumen grundsätzlich Vorteile. Die Vermietung an bonitätsstarke und erfahrene Betreiber kann zudem das Risiko deutlich minimieren.

Aktives Asset-Management und ESG-Kriterien im Fokus

In der aktuellen Situation wird auch ein aktives Asset-Management immer wichtiger. Konnte man sich noch vor wenigen Jahren auf stetig steigende Immobilienwerte verlassen und ein Investment quasi passiv verwalten, sind Immobilien kein Renditegarant mehr. Der Erfolg eines Investments bemisst sich wieder zunehmend mehr an Standortkriterien, Mikro-Marktfaktoren, der Qualität des einzelnen Objekts sowie der Bonität der Mieter. Auch der enge Kontakt zu den Mietern ist wichtig, um Marktveränderungen zu erkennen und schnell reagieren zu können – um Mieter zu halten und neue Flächen zu vermieten. Auch bei der Umsetzung von ESG-Anforderungen spielt das Asset-Management eine wichtige Rolle, nicht nur um Mietern mehr Komfort zu bieten, sondern auch um Betriebskosten zu senken und Reportingprozesse zu optimieren.

Denn ESG-Faktoren gewinnen nicht nur durch strengere gesetzliche Auflagen immer mehr an Bedeutung. Nachhaltige Gebäude nehmen auch bei Anlegern und Mietern einen immer größeren Stellenwert ein. Es ist zu erwarten, dass Immobilien, die ESG-Kriterien nicht erfüllen, zu sogenannten Stranded Assets werden, die nicht mehr veräußerbar oder vermietbar sind und stark an Wert verlieren. Es gilt daher, das Immobilienportfolio rechtzeitig zukunftsfähig zu gestalten.

Fazit:In der aktuellen Marktphase mit sinkenden Preisen bieten sich für Investoren mit solider Liquidität und langfristiger Orientierung attraktive Anlagechancen im europäischen Immobiliensektor. Voraussetzung ist eine realistische Einschätzung der Objekt- und Standortqualität sowie der Zukunftsfähigkeit der jeweiligen Assetklasse. Um Potenziale ausschöpfen zu können, ist allerdings eine deutlich sorgfältigere Objektauswahl erforderlich als noch vor einigen Jahren. Vor allem Immobilien in zentraler Lage, die wichtige ESG-Kriterien erfüllen, sollten weiterhin auf eine ausreichende Nachfrage treffen – insbesondere im europäischen Top-Bürosegment. Zur Werterhaltung und -steigerung von Immobilien gewinnt zudem ein professionelles Asset-Management an Bedeutung.

Dieser Artikel erschien online am 12.09..2023 online auf immobilienmanager.de

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