Restrukturierungen schaffen Opportunitäten
14. März 2025

Jan Düdden | Arcida Advisors
14. März 2025
Jan Düdden | Arcida Advisors
Belebung des Transaktionsmarktes zu erwarten
Die Immobilienbranche sieht sich im aktuellen Marktumfeld anhaltenden Herausforderungen gegenüber. Rezession, Zinsunsicherheit und veränderte Nachfragebedürfnisse belasten alle Akteure nach wie vor erheblich.
Institutionelle Investoren, Projektentwickler, Mieter und Finanzierer sind gefordert, sich schnell und strategisch auf die veränderten Marktbedingungen einzustellen. Handlungsbedarf ergibt sich obendrein aus der sogenannten Finanzierungslücke: Einer Studie von CBRE zufolge dürfte sich Deutschland bei Gewerbeimmobilien zu einem der größten Märkte im Segment der notleidenden Kredite in Europa entwickeln.
Die Beleihungswerte im institutionellen Geschäft sind kontinuierlich rückläufig. Mittlerweile sind wir bei rund 55 %. Bis 2027 geben die Marktbeobachter von CBRE die Finanzierungslücke bei Gewerbeimmobilien mit etwa 77 Mrd. Euro an. In dieser Schätzung noch nicht erfasst sind übrigens jene Prolongationen, die in den Jahren 2017 und 2018 ausgereicht wurden und im vergangenen Jahr und 2025 fällig werden.
„Neue“ Eigentümer sind gefordert
Für Immobilieninvestoren gilt es, alternative Finanzierungslösungen zu prüfen. Denn parallel zur Refinanzierungsthematik ziehen sich viele deutsche Banken ganz oder teilweise aus der Finanzierung von Immobilienprojektentwicklungen zurück. Zeitgleich finden sich Banken und andere Finanzierer in der Position des „wirtschaftlichen“ Eigentümers wieder, wenn die ursprünglichen Eigentümer ausfallen. Diese „neuen“ Eigentümer sind nun gefordert, aktiv zu werden, um den Wert ihrer Projekte zu retten. Aber wie?
Der einfachste Weg ist, zu verkaufen, wie es steht und liegt. Im heutigen Marktumfeld bedeutet das nicht nur einen Preis unter Inkaufnahme von deutlichen Verlusten, sondern jenen mit dem niedrigsten Ergebnis. Deshalb überrascht es nicht, dass viele Marktteilnehmer diese Option nicht in Betracht ziehen.
Die zweite Option besteht darin, das Objekt fertigzustellen. Dabei stellt sich die zentrale Frage: Wer übernimmt die Finanzierung und wer die operative Umsetzung? Insbesondere Letzteres erfordert einen strukturierten Ansatz. Um diese Herausforderung erfolgreich zu meistern, sollten die wirtschaftlichen Eigentümer auf erfahrene Partner setzen. Dazu gehört ein kompetenter Projektmanager mit dem notwendigen Know-how, um den Bau abzuschließen. Zudem sind neue Kapitalgeber gefragt, die die „Cost to Complete“ finanzieren.
Schließlich bedarf es eines Partners, der beide Bereiche – Finanzierung und operative Steuerung – zusammenführt und effizient koordiniert.
Bleibt eine dritte Möglichkeit: niedriger Kaufpreis mit Besserungsschein. Diese Option bietet Kreditgebern die Möglichkeit, an der künftigen Wertschöpfung zu partizipieren. Ein Beispiel: Es kann sinnvoller sein, ein Objekt für 80 Mio. Euro, statt für 100 Mio. Euro zu verkaufen, wenn nach der Fertigstellung dafür nochmals 40 Mio. Euro verdient werden können.
Gleichwohl gibt es im aktuellen Marktzyklus bereits Opportunitäten. Für institutionelle Investoren liegen die besten Gelegenheiten in diesem Jahr dort, wo einige Marktteilnehmer sie möglicherweise nicht erwarten: bei den Projektentwicklungen und deren Finanzierung. Denn die Banken agieren in diesem Marktsegment äußerst zurückhaltend – und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen, im Gegenteil. Entsprechende Opportunitäten werden vor allem von angelsächsischen Investoren gesehen. Die MIPIM bietet eine gute Gelegenheit dafür, „den Puls zu messen“, insbesondere im Hinblick auf die bereits erwähnten Projektentwicklungen, wo wir das größte Potenzial sehen.
Wir sind davon überzeugt, dass 2025 mehr Transaktionen zustande kommen werden – bei Büro vor allem aus dem Distressed-Debt-Bereich. Ein Zweitmarkt für notleidende Immobilienkredite gewinnt daher weiter an Bedeutung, mit entsprechendem Bedarf an effektiven Restrukturierungskonzepten und konsequenten Workout-Strategien. Wir sehen, dass Debt-Fonds derzeit bereits Whole-Loan-Portfolios über ein breites Spektrum europäischer Immobilienmärkte und Assetklassen aufbauen. Ihren Investoren, die bereit sind, die Kosten zur Fertigstellung zu übernehmen, bieten die Fonds die Möglichkeit, an der künftigen Wertschöpfung zu partizipieren.
Bereit lösungsorientiert zu agieren
Die ersten beiden Monate des Jahres geben einen Vorgeschmack. So haben beispielsweise drei prominente Hamburger Immobilien des insolventen Signa-Konzerns im Januar Käufer gefunden, davon zwei deutsche Adressen und eine britische. Die ersten Angebote lagen bereits im ersten Quartal vergangenen Jahres auf dem Tisch des Insolvenzverwalters. Die Baulücke in Hamburgs Bestlage am Gänsemarkt etwa besteht seit dem Frühjahr 2023, somit hat es fast zwei Jahre gedauert, ehe eine Lösung zustande kam.
Restrukturierungen und Refinanzierungen brauchen Zeit. 2024 war das Jahr, in dem sich alle ins Thema Restrukturierung und Lösungen bezüglich der Distressed-Debt-Thematik eingearbeitet haben. Dazu gehören auch die Banken, die nun bereit sind, das Thema lösungsorientiert anzugehen.
Dieser Beitrag erschien am 08.03.2025 in der Börsen Zeitung.
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