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Keiner braucht kleinere Büros

15. Aug 2021

Stefan Klingsöhr  |  Klingsöhr

Seit Beginn der Pandemie und der ersten Homeoffice-Phase rätselt die Branche, wie stark der Büroflächenbedarf der Unternehmen sinken wird. Wirklich überzeugen konnte mich noch kein Argument, warum dieser tatsächlich signifikant sinken sollte. Denn es gibt hier nicht einen Trend, sondern zwei, die gegeneinander wirken: einerseits die Digitalisierung, dank der viele Arbeitnehmer heutzutage flexibel mobil arbeiten können. Gerade große Unternehmen benötigen dadurch im Mittel weniger permanente Arbeitsplätze.

Andererseits setzt heutzutage niemand mehr ernsthaft auf Großraumbüros, dieser Trend der 2000er-Jahre hat sich inzwischen umgekehrt. Längst ist klar, dass die Qualität des Arbeitsumfelds direkt mit dem Unternehmenserfolg korrespondiert. Also werden inzwischen auch wieder verstärkt Zellenbüros mit maximal sechs Arbeitsplätzen nachgefragt. Konsequenz: Der Flächenverbrauch pro Arbeitsplatz steigt um bis zu 50 %.

Im Vergleich zum permanenten Hintergrundrauschen mit Dutzenden tippender und telefonierender Kollegen im Großraumbüro kehrt so wieder mehr Ruhe ein am einzelnen Arbeitsplatz. Das dürfte die Vorteile des Homeoffice aus Sicht der Arbeitnehmer zumindest teilweise relativieren, die Möglichkeit, konzentrierter zu arbeiten, gehört schließlich zu den am häufigsten genannten Pluspunkten.

Doch auch unabhängig davon fällt das Einsparpotenzial geringer aus als meist angenommen. Durch mobiles Arbeiten lassen sich kaum mehr als 20 % der Flächen einsparen – und auch das nur im günstigsten Fall. Denn für eine effektive Verkleinerung der Flächen muss die Anwesenheit der Mitarbeiter koordiniert werden. Andernfalls würde sich die Auslastung zeitlich womöglich nicht gleichmäßig verteilen. Für den realen Bedarf wäre auch nicht die mittlere Zahl der Anwesenden entscheidend, sondern ihre Zahl zu Spitzenzeiten. Ein solches System müsste erstens technisch implementiert werden und würde zweitens zwar zu besserer Planbarkeit führen, wäre aber kein Allheilmittel gegen Belegungsspitzen. Die Flächeneffizienz lässt sich ja nicht beliebig steigern.

Es dürfte für viele Firmen einfacher und günstiger sein, weiterhin genügend Arbeitsplätze vorzuhalten, als große Summen in ein aktives Flächenmanagement zu investieren. Zudem werden nur wenige Mitarbeiter widerspruchslos die neu gewonnene Homeoffice-Flexibilität dagegen eintauschen, die ganze Woche oder den ganzen Monat im Voraus ihre Anwesenheitszeiten in der Firma zu planen. Ich bin mir deshalb sicher: Unter dem Strich wird nicht weniger, sondern wohl eher mehr Fläche benötigt.

Dieser Artikel erschien am 12.8. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.