Bauen im aktuellen Marktumfeld: „Zeit“ wird zum Zünglein an der Waage
10. Jan. 2025
10. Jan. 2025
In einer Zeit, in der sich die Marktbedingungen grundlegend verändert haben, ist Schnelligkeit zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor bei Bauvorhaben geworden. Entsprechend entscheidet die „Time to Market“, also die Zeitspanne von der Planung bis zur Fertigstellung und Vermarktung einer Immobilie, zunehmend darüber, ob ein Projekt Erfolg hat oder scheitert. Hier kommt die Vorfertigung von Bauteilen als keineswegs neuer, aber immer noch ausbaufähiger Lösungsansatz ins Spiel.
Steigende Finanzierungskosten, hohe Baukosten, rückläufige Verkehrswerte: Seit der Zinswende haben sich die Rahmenbedingungen für Immobilienentwickler dramatisch verschärft. Ein langwieriger Bauprozess kann fatale Folgen haben, insbesondere wenn Anschlussfinanzierungen notwendig werden. Die Zinsvolatilität macht das Risiko greifbar: Einer Analyse von Interhyp zufolge schwankten die realen Zinssätze allein im Jahr 2024 um 55 Basispunkte – und zeigen trotz Zinssenkungen wieder eine steigende Tendenz.
Auch die restriktive Finanzierungsbereitschaft bleibt ein Problem. Das aktuelle Geschäftsklima wird unter anderem durch das sehr eindeutige Ergebnis des BF.Quartalsbarometers von Bulwiengesa verdeutlicht, das im vierten Quartal 2024 einen Wert von –9,89 erreichte. Zwar fällt der Wert damit besser aus als im dritten Quartal, wo er bei –13,79 lag, deutlicher Aufschwung sieht jedoch anders aus. Refinanzierungen werden zunehmend zur Gratwanderung: Wer auf ungünstige Zinskonditionen trifft, kann ein Projekt unter Umständen nur mit Verlust abschließen. Zugleich bleibt die Entwicklung des Verkaufspreises angesichts wirtschaftlicher Unsicherheit und globaler Multikrisen schwer prognostizierbar. Auch regulatorische Risiken dürfen nicht unterschätzt werden. Bauzeit bedeutet nicht nur finanzielle, sondern auch konzeptionelle Unwägbarkeiten: Vorschriften und ESG-Ratings können sich innerhalb weniger Jahre so verändern, dass die ursprüngliche Projektplanung nicht mehr den aktuellen Anforderungen entspricht. Das gilt besonders für Projekte, die in puncto Nachhaltigkeit schlecht abschneiden und zum Zeitpunkt der Fertigstellung kaum mehr am Markt platzierbar sind.
Effizient, seriell und modular
Um diesen Risiken entgegenzuwirken, bedarf es also wesentlich effizienterer Bauweisen – zwar existieren diese bereits seit Jahrzehnten auf dem Markt, sie müssen sich jedoch immer wieder durch ein schlechtes Image kämpfen. Die Rede ist von seriellen und modularen Bauweisen. Dabei gilt jedoch entgegen allen Vorurteilen: Schnelligkeit bedeutet nicht zwangsläufig Abstriche bei Qualität und Design. Im Gegenteil – die Vorfertigung von Bauteilen ermöglicht eine erhebliche Verkürzung der Bauzeit, senkt Kosten und minimiert Fehlerquellen.
Ein konventionelles Bauvorhaben benötigt im Hochbau deutlich mehr Zeit, während beim modularen Bauen bis zu 90 Prozent der Bauzeit eingespart werden können. Gleichzeitig lassen sich Baunebenkosten, wie die HOAI-Gebühren, reduzieren. Besonders in angespannten Wohnungsmärkten ist das ein bedeutender Vorteil.
Darüber hinaus reduziert der hohe Vorfertigungsgrad mögliche Baumängel und sorgt für Präzision. Eine gut geplante Modulbauweise kann anspruchsvolles, zeitgemäßes Design mit Nachhaltigkeit verbinden – beispielsweise durch Holzmodulbau, der ESG-Kriterien erfüllt und eine positive Nachfragewirkung erzielt. Denn der Markt verlangt heutzutage mehr als nur Schnelligkeit: Qualität, Design und Aufenthaltswert sind entscheidend, um am Ende den angestrebten Verkaufspreis zu realisieren.
Doch schnelle Bauprozesse allein reichen nicht aus, um ein erfolgreiches Immobilienprojekt zu realisieren. Der Schlüssel liegt in einer intelligenten Quartiersentwicklung, die individuelle Standortfaktoren berücksichtigt. Projekte, die auf die Bedürfnisse ihrer zukünftigen Nutzer abgestimmt sind, performen nachweislich besser. Ein Beispiel: Fehlen in der Nachbarschaft Fitness- oder Freizeitangebote, kann ein integrierter Sport- und Wellnessbereich die Attraktivität erheblich steigern. Auch Coworking Spaces im suburbanen Raum bieten klare Vorteile. Solche Flächenkonzepte erhöhen die Aufenthaltsqualität und fördern auch eine lebendige Community, was wiederum zu höheren Mieteinnahmen oder Verkaufspreisen führt. Ein gut geplantes Quartier schafft darüber hinaus soziale Synergien. Gemeinschaftsflächen, kombiniert mit kleineren privaten Einheiten, reduzieren Baukosten und erhöhen gleichzeitig die Flächeneffizienz. Das zahlt auf den Leitgedanken der sozialen Nachhaltigkeit ein – also das „S“ in ESG. Studien, wie die des Zukunftsinstituts, zeigen, dass Konnektivität einer der Megatrends der kommenden Jahre sein wird.
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen schätzt den Marktanteil des seriellen Bauens derzeit auf etwa fünf Prozent. Experten prognostizieren, dass dieser Anteil mittelfristig auf bis zu zehn Prozent steigen könnte. Doch die anhaltende Wohnungsnot, hohe Baukosten und Finanzierungsunsicherheit zeigen deutlich, dass das Potenzial sogar noch wesentlich größer ist. Die Verkürzung der „Time to Market“ wird zu einem entscheidenden Hebel für Projektentwickler und Investoren. Wer es schafft, Bau- und Planungszeiten effizient zu reduzieren, minimiert Risiken und bleibt in einem unsicheren Markt wettbewerbsfähig. Dabei wird die Entscheidung zugunsten modularer Bauweisen immer häufiger fallen – nicht zuletzt, weil sie Schnelligkeit, Qualität und Kosteneffizienz vereinen. Für Projektentwickler und Investoren ist es daher an der Zeit, die Bauzeit als zentralen Erfolgsfaktor zu begreifen.
Dieser Beitrag erschien am 02.01.2025 auf der Website von Immobilien & Finanzierung.
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