PB3C News

ESG – kein Abgesang, sondern ein neues Kapitel für nachhaltiges Investieren

9. Mai 2025

Robert Bluhm  |  Universal Investment

ESG steht weiter im Fokus der Kapitalanlage – nicht trotz, sondern wegen aktueller Herausforderungen und Regulierungen auf europäischer Ebene.

Mit Blick auf die jüngsten Marktentwicklungen scheint sich die allgemeine Wahrnehmung zu verstärken, dass sich der Megatrend ESG am Ende als Strohfeuer entpuppt. Zu stark nämlich ist offensichtlich mittlerweile der Gegenwind gegen das Akronym und gleichzeitig Synonym für nachhaltiges und verantwortungsvolles Wirtschaften. Große Unternehmen stellen ihre Diversity, Equity & Inclusion (DEI)-Programme ein und globale Finanzhäuser treten reihenweise aus der Net-Zero-Banking Alliance (NZBA) aus.

Doch aus einer differenzierteren Perspektive betrachtet lässt sich klar erkennen, dass ESG mehr denn je seine Berechtigung hat. Das gilt umso mehr, wenn man die aktuellen Entwicklungen als Chance begreift, den Blick auf ESG-Prioritäten zu schärfen und zu fokussieren. Dann nämlich ist und bleibt Nachhaltigkeit ein unverzichtbares Anlageprinzip und integraler Bestandteil resilienter Portfolios. Das unterstreichen auch unterschiedliche Erhebungen.

So zeigt beispielsweise eine aktuelle Studie von Morningstar, dass das Vermögen nachhaltiger Fonds Ende 2024 ein Allzeithoch von 3,2 Billionen US-Dollar erreicht hat, was einem Anstieg von acht Prozent im Vergleich zu 2023 entspricht. Einer anderen Analyse zufolge erwartet eine Mehrheit von Unternehmen aus verschiedenen Ländern und Branchen, dass ihr ESG-Engagement in den nächsten zwölf Monaten entweder gleichbleibt oder sogar zunimmt.

Fokus auf ESG könnte zukünftige Performance von Immobilienportfolios schützen
Viele Experten in der Immobilienbranche sind sich einig darüber, dass die Taxonomiekonformität von Immobilien sowohl die entsprechenden Finanzierungskonditionen als auch deren Verkehrswerte und Bewertungen messbar verbessert, während parallel dazu die Versicherungsprämien sinken. Immobilien wiederum, die als gefährdet gelten, könnten möglicherweise künftig mit einem Abschlag gehandelt werden und nicht mehr versicherbar sein.

Das zeigt, dass die Implementierung von ESG-Schlüsselfaktoren in die übergreifende Anlagestrategie ein wichtiger Hebel sein kann, um die Performance von Immobilienportfolios langfristig zu schützen.

Die kontinuierliche Überwachung und Integration der Offenlegung von Nachhaltigkeitsaspekten stellt dabei sicher, dass Portfolios mit den aktuellen und künftigen globalen und/oder staatlichen Nachhaltigkeitsvorschriften konform sind. Dies wiederum kann jetzt und in der Zukunft den Zugang zu nachhaltigen Finanzierungen sichern und den Wert der Immobilien schützen. Andererseits sehen sich Unternehmen angesichts der hohen regulatorischen und administrativen Anforderungen sowohl finanziell als auch personell vor große Herausforderungen gestellt. Um Unternehmen etwas zu entlasten, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und gleichzeitig die Nachhaltigkeit weiter zu fördern, hat die Europäische Kommission nun eine Vereinfachung der wichtigsten bestehenden Nachhaltigkeitsvorschriften vorgeschlagen.

Wie das Omnibus-Paket der EU die wichtigsten Nachhaltigkeitsanforderungen vereinfachen soll
Mit dem Vorschlag für ein sogenanntes Omnibus-Paket hat die EU einen wichtigen Schritt zur Überarbeitung der Nachhaltigkeitsgesetze unternommen. Die Vereinfachung der ESG-Berichterstattung betrifft die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD), die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD), das CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Adjustment Mechanism, CBAM), die Taxonomie-Berichterstattung und die InvestEU-Verordnung.

Insgesamt zielt das Omnibus-Paket darauf ab, ein günstigeres Geschäfts- und Investitionsumfeld zu schaffen, Unternehmen dabei zu helfen, ihre Tätigkeiten an Nachhaltigkeitszielen auszurichten und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, in der EU und weltweit.

Diese Effizienzsteigerung und Bündelung bestehender und künftiger ESG-Berichtspflichten könnte zu einem messbaren Abbau von Redundanzen beitragen, eine Harmonisierung zwischen den verschiedenen Verordnungen bewirken und insgesamt zu einer erheblichen Senkung der Verwaltungskosten führen.

Die dabei freigesetzten finanziellen und nicht zuletzt auch personellen Ressourcen könnten im Gegenzug dazu verwendet werden, die Dekarbonisierung der Immobilienwirtschaft zu beschleunigen und das nachhaltige Wachstum in diesem Sektor zu fördern. Dies ist umso dringlicher, wenn man bedenkt, dass die Immobilienbranche immer noch rund 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verursacht.

Konsolidierung bestehender ESG-Berichtspflichten ist der richtige Kurs
Während es noch ein Jahr dauern könnte, bis das Omnibus-Paket in Kraft tritt – derzeit, wie gesagt, ist es nicht mehr als ein Vorschlag, mit dem Potenzial wesentlicher Änderungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens –, hoffen viele Marktteilnehmer zu Recht auf weitere Vereinfachungen.

Wir halten die Konsolidierung und Vereinfachung bestehender ESG-Berichtspflichten für einen Schritt in die richtige Richtung, da dies am Ende dazu führen könnte, überflüssige Anforderungen zu prüfen und, wo immer es angebracht ist, Quantität durch Qualität zu ersetzen. Die Komplexität der spezifischen Anforderungen sollte jedoch jederzeit berücksichtigt werden.

Schließlich bilden Rentabilität und Nachhaltigkeit eine funktionale Einheit und ESG wird in Europa bis auf Weiteres ein zentrales Thema bleiben. Viele Investoren haben Nachhaltigkeit bereits als wirtschaftlich attraktiven Faktor erkannt – auch unter Risikogesichtspunkten. Gemeinsam könnten sie die Integration von Nachhaltigkeit in die Kapitalanlage weiter vorantreiben und den Weg zu einer nachhaltigkeitsorientierten Wertschöpfung in den Portfolios von Investoren und Produktanbietern weisen.

Dieser Beitrag erschien am 07.05.2025 auf immobilienmanager.de.

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an die Leiter unserer Redaktion Jan Döhler und Kai Gutacker.