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Spagat auf dem Wohnungsmarkt

11. Okt 2020

Marc Sahling  |  Dr. Lübke & Kelber

Stabil, stabiler, Wohnungsmarkt. Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, dass die Nachfrage nach Wohnraum in Deutschland weiterhin hoch ist: Es gibt in allen Ballungsgebieten mehr Mieter als Mietwohnungen, und daran wird sich in den kommenden Jahren wenig ändern. Gute Aussichten also für Investoren, die in ein nachgefragtes Asset investieren und mit Wertsteigerungen nach dem Kauf rechnen dürfen.

Freilich rate ich zur Vorsicht, das gesamte Wohnsegment pauschal über den “Schönwetterkamm” zu scheren. Für manche Marktteilnehmer geht derzeit ein regulärer oder auch verlängerter Zyklus zu Ende. Verkäufe stehen an, weil Businesspläne erfüllt sind und manche Fonds gezwungen sind, zu agieren. Auch Allokationsquoten müssen erfüllt werden. Die Volatilität an den Aktienmärkten hat schon immer Immobilientransaktionen beflügelt: Manch ein Assetmanager muss verkaufen, um den Anteil der Immobilien in seinem Fondsportfolio richtlinienkonform zu halten. Man mag die diesbezüglichen Lockerungen der BaFin begrüßen, klar ist aber auch: Bereits getroffene Verkaufsentscheidungen bleiben bestehen. Das mag sich erst einmal gut anhören, da Angebotsknappheit herrscht und endlich wieder Produkte auf den Markt kommen.

Gleichzeitig herrscht jedoch eine gewisse Unsicherheit – und die ist durchaus nachvollziehbar. Es gibt Investoren, die jetzt lieber etwas mehr Kapital zurückhalten, die einen aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus, die anderen in Erwartung weiterer Opportunitäten. Verübeln kann man es ihnen nicht, zumal mit erheblichen Potenzialen in den kommenden Jahren zu rechnen ist, vor allem in Assetklassen wie etwa Büro und Hotellerie, die in Zeiten von Corona unwillkürlich ins Straucheln geraten, aber grundsätzlich erfolgversprechend sind. Von der allgemeinen Unsicherheit, in welche Richtung sich die Wirtschaft insgesamt entwickeln wird, ganz zu schweigen. Einige einkommensstarke Regionen mit traditioneller Industrie in Deutschland müssen sich in den kommenden Jahren neu erfinden.

Andererseits herrscht auf dem Transaktionsmarkt ein Deal-Stau. In diesem Jahr wurde zeitweise weder gekauft noch verkauft. Jetzt, im Q3 2020, haben es entsprechend viele plötzlich eilig, die verlorenen Monate aufzuholen. Dank des zunehmenden Schwungs an Transaktionen sind sogar bessere Jahresergebnisse als im Vorjahr möglich. Ob das nun eine Folge voller Kassen und zyklischer Verkäufe ist oder am Ende doch das Vertrauen in den deutschen Wohnungsmarkt widerspiegelt, kann heute noch keiner sagen.

Dieser Artikel erschien am 8.10. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.