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Pro und Kontra: Wie lebendig ist Mezzanine?

7. Jun 2024

Jan Düdden / Moritz Kraneis  |  Arcida / Deutsche Zinshaus           

Wie sieht die aktuelle Situation der Mezzanine-Finanzierung im deutschen Immobilienmarkt aus und welche Zukunft hat dieses Segment? Darüber sind Moritz Kraneis, geschäftsführender Gesellschafter Deutsche Zinshaus, und Jan Düdden, Managing Partner Arcida Advisors, sehr unterschiedlicher Ansicht.

Ohne Mezzanine geht es nicht

Jan Düdden

Frank Zappa sagte einmal: „Jazz is not dead, it just smells funny.“ Abgewandelt auf die heutige Situation am Immobilienmarkt könnte es heißen: „Mezzanine is not dead, it just smells funny.“ Der „komische Geruch“ kommt in erster Linie von den hohen Verlusten, die Mezzanine-Geber in den vergangenen Monaten verzeichnen mussten. Aber der Bedarf ist durch die Marktverwerfungen nicht gesunken, sondern gestiegen. Denn Banken als lmmobilienfinanzierer werden eher noch mehr Zurückhaltung an den Tag legen. Die Kreditinstitute erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine weitere Verschlechterung der Qualität ihrer Immobilienkreditportfolios, seien es Darlehen für Gewerbe- oder für Wohnimmobilien.

Bei neuen Krediten sind Banken schon sehr restriktiv, erst recht bei Projektentwicklungen. Und auch bei Refinanzierungen werden sie eher defensiv agieren, den Aufsichtsbehörden sei Dank. Denn sowohl die Europäische Zentralbank als auch Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ziehen die Zügel bei Immobilienkrediten an.

Vor diesem Hintergrund sind aus unserer Sicht unterschiedliche alternative Finanzierungen – zu denen eben auch Mezzanine gehört – unbedingt notwendig, um substanziell eigentlich gute und sinnvolle Projekte durchführen beziehungsweise fertigstellen zu können. Wie soll ansonsten die größer werdende Lücke zwischen Eigenkapital auf der einen und Senior-Tranchen mit immer niedrigeren Loan-to-Values auf der anderen Seite geschlossen werden? Alleine für Refinanzierungen von Bestandsportfolios bezifferte CBRE im Dezember 2023 den „Debt Funding Gap“ – die Lücke an zusätzlich benötigtem Kapital, wenn es zur Refinanzierung kommt – in Deutschland auf 77 Milliarden Euro. Und ohne Mezzanine wird der Projektentwicklungsmarkt kaum wieder in Gang kommen.

Kritiker der Mezzanine-Finanzierungen vergessen aus unserer Sicht einen Punkt: Es hat sich bei Immobilienprojekten eigentlich nur ein Faktor wesentlich verändert: Die Leitzinsen sind schnell in die Höhe geschossen. Damit einher gingen sinkende Marktwerte, die bei Projektentwicklungen erst den geplanten Profit, dann das Eigenkapital und weite Teile des Mezzanine-Kapitals aufgezehrt haben. Doch dies betrifft nur eine Seite der Bilanz. Auf der anderen ist dadurch per se weder die Qualität eines Assets beeinträchtigt noch dessen Cashflow.

Zudem stehen alternative Finanzierer wie Debt-Fonds oder Private­Equity-Kapitalgeber bereit. Wir sehen ein starkes Interesse bei Finanzierern aus dem angelsächsischen Bereich, aber auch bei institutionellen Investoren aus Asien. Denn Mezzanine zu vergeben, ist attraktiver als je zuvor.

Ein Weg, frische Liquidität in unter Wasser geratene Situationen einzubringen, können endfällige Payment-in-Kind(PIK)-Strukturen darstellen, da die Immobilienprojekte meist noch keine oder nicht ausreichend Liquidität hervorbringen, mit denen Zins und Tilgung bedient werden könnten. Bei PIK-Strukturen leistet der Kreditnehmer weder Zins- noch Tilgungsleistungen. Mit PIK­Strukturen tun sich die Banken jedoch nicht nur aus regulatorischen Gründen, sondern auch unter internen Risikobewertungs­ und Pricing-Gesichtspunkten schwer.

Genauso wie auch der Jazz nicht aus der Musikwelt wegzudenken ist, so wenig kann auf Mezzanine verzichtet werden. Sorgen wir für Durchzug und lüften ordentlich, dann wird auch der „komische Geruch“ in absehbarer Zeit verfliegen.

 

Mezzanine ist tot

Moritz Kraneis

Das waren noch Zeiten: Die Ära der historisch niedrigen Zinsen war eine goldene für Mezzanine-Finanzierer. Die tatsächlichen Preise waren den regulatorischen Beleihungswerten weit enteilt. Aufgrund regulatorischer Vorgaben begaben Banken vornehmlich Senior-Kredittranchen. Investoren setzten auf einen hohen Anteil von Fremdkapital, um ihre Eigenkapitalrenditen zu optimieren. Die Finanzierungslücke schlossen nur allzu gerne Mezzanine-Kapitalgeber. Die Renditen waren vergleichsweise hoch, die Risiken waren beherrschbar. So dachten zumindest viele Marktteilnehmer.

Aus der Traum. Mezzanine ist aus meiner Sicht zurzeit tot. Die Risiken für Finanzierer sind zu hoch. Dadurch ist die Nachrangfinanzierung schlichtweg zu teuer geworden. Heute müssen dem Mezzanine-Geber Haut und Haare verpfändet werden. Und dann werden dafür meist Zinsen von knapp an die 20 Prozent fällig. Aber auch wenn Mezzanine bei Neufinanzierungen eigentlich nicht mehr infrage kommt, bieten bestehende Nachrangdarlehen durchaus Chancen für mutige Investoren. Denn nicht performende Mezzanine-Tranchen werden durchaus gehandelt. Und das mit zum Teil erheblichen Abschlägen.

Ein Vorteil für die mutigen Anleger, ausfallgefährdete Mezzanine­Finanzierungen zu kaufen: Sie erwerben zwar nicht die Immobilie selbst. aber sie können die Kontrolle über das Objekt erlangen. Und das sorgt für niedrige Transaktionskosten. Aufgrund des meist hohen Abschlags lassen sich bei diesen Geschäften durchaus zweistellige Renditen erzielen. Für Mezzanine-Geber hingegen bedeutet dies ein Ende mit Schrecken.

Mezzanine-Finanzierer könnten in der derzeitigen Situation aber von einer Überlegung der Banken profitieren: Einen Kreditnehmer jetzt in die Insolvenz zu schicken ergibt mangels Masse selbst für erstrangig besicherte Institute wenig Sinn. Sie sollten mit dem Mezzanine-Geber stattdessen kooperieren, um den Gang zum Insolvenzgericht zu vermeiden. Wir erleben dies seit einiger Zeit. Aber das wird meist privatwirtschaftlich hinter verschlossenen Türen verhandelt. Und da dringt nur selten was nach außen. Oder der Mezzanine-Geber holt einen neuen Partner ins Boot und versucht dadurch, den Wertverlust der Immobilie zu mindern.

Eine dritte Möglichkeit ist: Der Finanzierer findet sich mit seiner neuen Rolle ab und wird zum Eigentümer der Immobilie. Das Problem: Eine Bestandsimmobilie – und erst recht eine laufende Projektentwicklung – erfordert ein professionelles und erfahrenes lmmobilien-Asset-Management, das die Mezzanine-Geber oftmals gar nicht leisten können oder wollen. Das Ziel: Der Finanzierer gewinnt Zeit, um das Objekt professionell zu restrukturieren. Der Nachteil: Er wird sich meist die entsprechende Immobilienexpertise ins Haus holen müssen. Sein Lohn ist dann aber: Gelingt die Restrukturierung, kann die Immobilie in einer günstigen Marktphase gewinnbringend verkauft werden.

Mutige Investoren können, wie gezeigt, durchaus von Mezzanine­Finanzierungen profitieren. Neue wird es demnächst aber eben nicht geben. Sie sind zu teuer. Bei Projekten oder Assets, bei denen zurzeit dennoch auf Mezzanine gesetzt wird, würde ich deswegen vorsichtig sein. Das könnte auf Probleme beim Objekt oder beim Investorr hindeuten.

Dieser Artikel erschien am 27.05.2024 im Immobilienmanager.

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