Auf Deutschlands Wohnungsmärkten wird nicht aus Not verkauft. Wer heute verkauft, tut das aus Stärke. Wer heute kauft, tut das mit Plan.
Viele Eigentümer haben über zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre Wertzuwächse erlebt, die ihre Kaufpreise mehrfach übertreffen. Private Halter realisieren nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfreie Gewinne. Andere wollen Komplexität reduzieren, Verantwortung geordnet übergeben oder Liquidität für die Familie schaffen. Das sind rationale Entscheidungen, keine Notlagen.
Genauso rational agieren die Käufer. Nach dem Ende des Nullzinsrausches haben sich Preise wieder an Fundamentaldaten angenähert. In vielen deutschen Großstädten liegen die Faktoren bereits auf tragfähigem Niveau. Exemplarisch steht Berlin. Im zweiten Quartal 2025 wurden dort Wohn- und Geschäftshäuser im Schnitt zu 2.286 Euro je Quadratmeter gehandelt, die meisten Quartale der letzten zwei Jahre bewegten sich zwischen 2.200 und 2.250 Euro. Berlin repräsentiert rund 24 Prozent des deutschen Zinshausmarkts und ist damit ein Frühindikator. Das sind keine Ausverkaufspreise, sondern eine tragfähige Basis. Wer jetzt kauft, steigt also nicht am Gipfel ein, sondern in einen neuen Zyklus, der Wertentwicklung wieder möglich macht.
Käufer nutzen Angebotslücke
Warum bleibt die Käuferseite trotz aller Schlagzeilen aktiv? Weil die Fundamentaldaten intakt sind. Viele deutsche Metropolen wachsen weiter. Jobs, Hochschulen, Internationalität, Kultur und eine starke Wissensökonomie sichern dauerhafte Nachfrage. Gleichzeitig liefert der Neubau in vielen Städten zu wenig. Genehmigungen dauern, Baukosten bleiben hoch, zahlreiche Projekte sind vertagt. Die Folge ist eine Angebotslücke, die Bestände und Cashflows stabilisiert. Wer heute ein gutes Haus in intakter Mikrolage sichert, kauft Knappheit, die nicht über Nacht verschwindet.
Auf der Verkäuferseite dominieren vier Motive. Erstens Gewinnmitnahme nach langen Haltezeiten. Zweitens Lebensphasenwechsel. Ein Haus mit 45 zu bewirtschaften ist etwas anderes als mit 75. Drittens Nachfolge und Erbschaft. Liquidität lässt sich leichter verteilen als ein Gebäude, das später eine Erbengemeinschaft belastet. Viertens die wachsende Aufgabe der Dekarbonisierung. Nicht jeder Eigentümer möchte Zeit, Kapital und Know-how in energetische Ertüchtigung investieren. Genau dafür gibt es Käufer, die diese Aufgabe annehmen und daraus Wert schaffen.
Wertzuwachs durch langfristige Finanzierung
Das bringt uns zum Thema ESG. Die Sorge vor starren Etiketten weicht einem pragmatischen Blick auf Wirkung. Entscheidend ist nicht der Buchstabe auf dem Energiepass, sondern die reale CO₂-Reduktion im Betrieb. Technologieoffene Lösungen, Sanierungsfahrpläne nach Wirkung und klare Prioritäten machen Bestände zukunftsfähig, ohne die Wirtschaftlichkeit zu kippen. Käufer, die so denken, investieren nicht gegen die Zeit, sondern mit ihr.
Bleibt die Frage nach der Finanzierung. Wir sind nicht mehr im Ausnahmezustand der Nullzinsen, aber wir sind auch nicht in einem Umfeld, das Investitionen unmöglich macht. Planbare Zinsbindungen, konservative Hebel und solide Tilgung reichen, um tragfähige Businesspläne aufzusetzen. Wer in Beständen denkt und nicht den schnellen Flip sucht, schläft ruhiger und rechnet ehrlicher. Genau das prägt die Transaktionen, die wir sehen. Mehr Substanz, weniger Spekulation.
Deal, bei dem beide Seiten gewinnen
Was heißt das für den Markt heute? Käufer und Verkäufer treffen sich auf Augenhöhe. Es gibt kein Überangebot an Zwangsverkäufen, aber es gibt motivierte Anbieter. Es gibt keine Preisphantasien, aber es gibt Verhandlungsspielräume. In vielen Fällen entsteht genau das, was Investoren suchen. Ein fairer Deal, bei dem beide Seiten gewinnen. Die Verkäufer realisieren starke Ergebnisse nach langen Haltezeiten. Die Käufer starten ihren eigenen Zyklus und heben Potenziale durch aktives Management und kluge Modernisierung.
Wer jetzt kauft, sollte drei Dinge beherzigen: Lage schlägt alles; ehrlich rechnen (Capex, energetische Maßnahmen, Mietentwicklung und Zinskosten gehören ins Szenario); Zugänge nutzen, denn viele gute Häuser wechseln diskret. Wer verkauft, sollte sich nicht kleiner machen. Gute Häuser erzielen gute Preise, wenn sie richtig positioniert sind, mit transparenten Unterlagen, klarer Geschichte und ohne Schönfärberei. Der Markt honoriert Qualität.
Deutschland bleibt ein Chancenmarkt, nicht weil alles leicht ist, sondern weil Angebot, Nachfrage und Disziplin wieder zusammenpassen.