Angst vor Stranded Assets – warum Bauen im Bestand zur Kostenfalle wird
3. Jan. 2025
3. Jan. 2025
Family Offices und institutionelle Investoren müssen ihre Bestandsimmobilien fit für die Zukunft machen. Doch beim Umbau lauern teure Überraschungen, warnt Christoph Tholl und macht Lösungsvorschläge.
Viele institutionelle Investoren – vom Family Office bis zum Versorgungswerk – kauften in den vergangenen Monaten verstärkt Immobilien beispielsweise aus Insolvenzen. Die günstigen Einstiegschancen waren verlockend – doch nun stehen die neuen Eigentümer vor großen Herausforderungen.
Eine dieser Herausforderungen ist es, Bestandsimmobilien oder ganze Portfolios umzubauen, um diese an neue Mieter anzupassen. In vielen Fällen sind auch größere Konversionsprojekte nötig, um Flächen mit neuen Nutzungen überhaupt wieder marktgängig zu machen.
Der Handlungsdruck ist angesichts überalterter Gebäudebestände in Europa groß. Rund 42 Prozent aller bestehenden Immobilien wurden zwischen 1949 und 1978 errichtet. Viele davon drohen zu „Stranded Assets“ zu werden, da sie künftige ESG-Anforderungen nicht erfüllen.
Zwar werden laut Statistischem Bundesamt pro Jahr nur etwa 12.600 Gebäude abgerissen – das entspricht 0,1 Prozent des Bestands. Doch die Zahl könnte deutlich steigen, da moderne Arbeitswelten höhere Ansprüche stellen.
Für Eigentümer wie Family Offices, institutionelle Bestandshalter oder auch Banken, die Sicherheiten gezogen haben, bedeutet das: Sie müssen sich intensiver mit baulichen Themen auseinandersetzen als früher und ihr Portfolio einer gründlichen Bestandsaufnahme unterziehen.
Manche dieser Akteure versuchten bereits, entsprechende Baukompetenzen aufzubauen – aber vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Fachkräftemangels ist das keineswegs überall gelungen. Die Alternative ist, externe Dienstleister zu beauftragen, die das Know-how und die Umsetzungskompetenz auf dem Weg zu neuen Nutzungen, mehr Zukunftsfähigkeit innerhalb derselben Nutzung und mehr Nachhaltigkeit mitbringen sollen.
Kostensteigerungen sind an der Tagesordnung
Beim Bauen im Bestand gibt es in der Praxis allerdings oft zwei Probleme, die man sonst eher vom Neubau kennt: Kostenüberschreitungen und Zeitverzögerungen. Die erhofften Kostenvorteile werden in der Realität vieler Vorhaben tatsächlich oft durch unerwartete Kostensteigerungen aufgezehrt. Manchmal wird es sogar so teuer wie ein Neubau.
Zwei Beispiele: Die Sanierung einer Hausmeisterwohnung in Nordrhein-Westfalen wurde durch Statikprobleme um 50 Prozent teurer als geplant. In Berlin explodierte der Umbau eines Bürogebäudes um 60 Millionen Euro und verzögerte sich um ein Jahr – punktuell, wie in diesen Fällen, werden die Probleme öffentlich diskutiert. Gerade bei privaten Bauvorhaben aber ärgern sich die Bauherren meist im Stillen.
Drei Hauptursachen für explodierende Kosten:
Potenziell noch teurer wird es, wenn Bauunternehmen im Ausbau auf zu viele Subunternehmer setzen, wie es hierzulande weit verbreitet ist. Als Indikator für den Effekt kann der direkte Anteil der Materialkosten am Bruttoproduktionswert dienen: Er liegt im Bauhauptgewerbe durchschnittlich bei etwa 25 Prozent. Wenn Nachunternehmer wiederum selbst Material einsetzen, das sie in Rechnung stellen, steigt der Materialkostenanteil im Branchenschnitt auf etwa 40 Prozent.
Neue Lösungsansätze gefragt
Angesichts der Herausforderungen entwickeln Bauunternehmen immer häufiger Lösungen, mit denen sich Zeit- und Kostenüberschreitungen effizient eindämmen lassen. Ein Beispiel ist das Design-and-Build-Konzept, wo die Disziplinen des Planens und der baulichen Umsetzung aus einer Hand kommen. Noch weiter geht der Ansatz, das Themenfeld Consulting dem Design-and-Build vor- sowie außerdem den Gebäudebetrieb nachzulagern.
Von der Fördermittelberatung und Mieteransprache im Vorfeld über die Finanzierung von Bauprojekten im Bestand bis zu Planung, Bau und die Übergabe an den Mieter – wenn alle Leistungen aus einer Hand kommen, fallen idealerweise die Schnittstellenverluste weg, die es oft gibt, sofern sie fragmentiert statt gebündelt eingekauft wurden.
Kompetenzerweiterung für Banken und Family Offices
Für Auftraggeber ohne eigene Bau- oder Entwicklerkompetenz ergibt sich somit ein einheitlicher Ansprechpartner, wodurch auch der Steuerungsaufwand gesenkt wird. Doch gerade aufgrund des eingangs erwähnten teilweise vorhandenen Know-hows der Banken, Family Offices und institutionellen Investoren sollten solche Modelle möglichst nach dem Baukastenprinzip funktionieren: Auftraggeber müssen im Zweifel auch einzelne Leistungspakete auswählen können, die die jeweils eigenen Kompetenzen sinnvoll ergänzen.
Mehr zur Tholl Gruppe erfahren Sie hier: https://tholl-gruppe.de/
Dieser Beitrag erschien am 23.12.2024 auf der Website des private banking magazins.
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