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In alten Büros schlummert Potenzial für das Seniorenwohnen von morgen

2. Feb 2024

Felix von Braun  |  DPF Group

Beim Seniorenwohnen gibt es eine große Versorgungslücke. Die könnte teilweise durch die Umnutzung von Büro-Bestandsimmobilien geschlossen werden.

Beim Seniorenwohnen gibt es ein Problem. Es ist einer der größten Wachstumsmärkte überhaupt, die Nachfrage steigt exponentiell, gleichzeitig wird die Angebotslücke immer größer. Zu dieser trägt nicht nur der demografische Wandel bei, also die Alterung der Bevölkerung. Es fehlt vor allem ein adäquates Angebot an Wohnformen, das den veränderten Bedürfnissen der Senioren von heute entspricht, die bis ins hohe Alter aktiv und selbstbestimmt leben wollen. Dafür sind vor allem Fachwissen und tragfähige Konzepte, aber auch Beweglichkeit und Ideenreichtum gefragt.

Die große Versorgungslücke beim Seniorenwohnen kann nicht allein durch Neubau geschlossen werden. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) geht etwa beim betreuten Wohnen beziehungsweise Servicewohnen für Senioren davon aus, dass rund zehn Prozent der über 70-Jährigen diese Wohnform bevorzugen. Bereits heute besteht eine Angebotslücke von 550.000 Wohneinheiten, die bis 2040 auf ein Niveau von fast einer Million anwachsen könnte. Große Chancen sehen wir seit Langem in der Umnutzung von Bestandsimmobilien – vor dem Hintergrund des Nachhaltigkeitsaspekts im Sinne einer effizienteren Nutzung vorhandener Ressourcen und der Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks.

So können beispielsweise bestehende Büroimmobilien unter bestimmten Voraussetzungen sehr gut dafür geeignet sein, in Seniorenwohnungen umgewandelt zu werden. Zwar ließe sich allein dadurch die große Versorgungslücke nicht vollständig schließen, aber es wäre ein Baustein zur Verbesserung des Angebots und auch eine Win-win-Situation für beide Segmente – also für das Seniorenwohnen und den Büroimmobilienbereich gleichermaßen.

Das Büro im Wandel
In deutschen Großstädten geht die Nachfrage nach Büroflächen zurück. Die konjunkturelle Abkühlung, zurückhaltende Investitionsentscheidungen der Unternehmen sowie veränderte Arbeitsformen mit Homeoffice beziehungsweise hybridem Arbeiten machen den Bürovermietungsmärkten zu schaffen. Gemäß German Property Partners (GPP) sank der Flächenumsatz der deutschen Top-7-Bürovermietungsmärkte 2023 um 31 Prozent im Jahresvergleich auf rund 2,4 Millionen Quadratmeter. Es war gleichzeitig das umsatzschwächste Jahr seit Gründung des Maklernetzwerks im Jahr 2013. An allen Standorten zog der Flächenleerstand weiter an und die durchschnittliche Leerstandsquote erhöhte sich auf 6,1 Prozent von 5,1 Prozent. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Seniorenwohnungen in den Städten seit Jahren deutlich an.

Unterschätzte Optionen älterer Bürogebäude für das Wohnen im Alter
Dabei gibt es große Überschneidungen zwischen Büroimmobilien und dem Anforderungsprofil für seniorengerechtes Wohnen. Das gilt weniger für die neueren Büroimmobilien, die häufig in Gewerbegebieten am Stadtrand entstanden sind. Denn diese bieten nicht die für Senioren wichtige fußläufige Erreichbarkeit von Geschäften, Gesundheitsdiensten und sozialen Aktivitäten. Die Großraumbüros der 1970er- und 1980er-Jahre zum Beispiel wurden oft in guter Wohnlage gebaut. Und genau das macht sie für die Umnutzung zum Seniorenwohnen interessant. Denn die zentrale Stadtlage mit guter Infrastruktur ist ein wichtiger Aspekt für Senioren, die aktiv am Leben teilnehmen wollen. Eine solche Umnutzung ist beispielsweise nicht nur in A-Städten wie Köln, Düsseldorf, München und Frankfurt am Main denkbar, sondern auch in anderen Städten mit sehr guter Wohnqualität wie Wiesbaden oder auch Bad Homburg und Königstein. Beispiel Frankfurter Westend: Dort soll bereits in zwei Jahren das „Tertianum Premium Suites“ seine Türen öffnen. Dafür wird dort ein bestehendes Bürogebäude aus den 1980er-Jahren revitalisiert. Auf 7.800 Quadratmeter Nettowohnfläche sollen nach derzeitigen Planungen 120 Wohnungen sowie diverse Service- und Gemeinschaftsräume entstehen. Dazu gehört auch eine 450 Quadratmeter große begrünte Gemeinschaftsdachterrasse.

Das Projekt zeigt erneut: Ältere Bürogebäude bieten oftmals viele bauliche Vorteile für die Umgestaltung von Seniorenwohnungen. Häufig wurden sie in Skelettbauweise errichtet, sodass die Struktur weitgehend erhalten bleiben kann und gleichzeitig die Grundrisse flexibel gestaltbar sind – anders als etwa bei der Schotten- oder Zellenbauweise im Hotelbereich mit der parallelen Anordnung identischer Zimmer. Zudem verfügen ältere Bürogebäude häufig über Raumtiefen und -höhen, die sich für breite Flure und den Einbau von Lüftungsanlagen eignen, die für das Seniorenwohnen erforderlich sind. Schließlich verfügen Bürogebäude oftmals bereits über Aufzüge und barrierefreie Zugänge, die den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht werden.

Vorteile für Bürobestandshalter
Potenziale ergeben sich auch für Bürobestandshalter, die nun ein Nutzungsproblem haben. Teilweise müssten ältere Gebäude aufwendig und teuer revitalisiert werden, um sie weiterhin als Büro nutzen zu können. Gleichzeitig sinkt die Nachfrage nach Büroflächen weiter. Die unsicheren Perspektiven im Bürosegment werden derzeit auch von Finanzierern kritisch gesehen. Ein Umnutzungskonzept für Seniorenwohnungen kann deutlich mehr Sicherheit bringen, denn man adressiert einen dynamisch wachsenden Markt aufgrund der steigenden Nachfrage. Natürlich bedarf es erfahrener Partner, welche die notwendige Immobilienexpertise für die Umsetzung aufweisen und sich mit den veränderten Ansprüchen heutiger Senioren auskennen.

Insgesamt kann die Umnutzung von Büroimmobilien in Seniorenwohnungen bei guter Planung und solider Umsetzung viele Vorteile sowohl für die Gesellschaft als auch für Immobilienentwickler, Investoren und Bestandshalter bieten. Der Büromarkt befindet sich im Wandel, die Flächennachfrage nimmt weiter ab. Für leer stehende Büroimmobilien kann eine mögliche Umnutzung eine attraktive Lösung sein. Gleiches gilt für den Wachstumsmarkt seniorengerechtes Wohnen, bei dem die Nachfrage dynamisch steigt und das Angebot immer knapper wird.

Dieser Artikel erschien am 01.02.2024 online auf Immobilienmanager.de.

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