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Investitionen in die bevorstehende Transformation sind das Gebot der Stunde

31. Mrz 2023

Dr. Nicole Arnold  |  Commerz Real

Frau Dr. Arnold, Sie sind seit Anfang des Jahres Mitglied des Vorstands der Commerz Real. Was genau sind Ihre Aufgabenbereiche und wo möchten Sie in Ihrer neuen Position Schwerpunkte setzen?
Zu meinen Verantwortungsbereichen im Vorstandsteam gehören unter anderem Institutional Sales and Group Treasury, Product Management Institutional Clients, Green Deal Infrastructure Investments, Retail Distribution und CFB-Fonds. Einen wesentlichen Teil meiner Arbeit widme ich dabei dem institutionellen Geschäft. Genau da will ich die Commerz Real gemeinsam mit meinem Team weiter voranbringen. Gute Voraussetzungen bringen wir mit. Wir verfügen über eine fundierte Expertise in der Strukturierung von Spezialfonds und Individualmandaten und können einen langjährigen Track-Record bei Immobilien und auch bei Infrastruktur, insbesondere erneuerbaren Energien, vorweisen. Für die Zukunft lautet mein Anspruch, mit visionären Konzepten für institutionelle Anlagen zu punkten – solchen, die idealerweise auch internationale Kunden ansprechen.

Heißt das, hier dürfen institutionelle Investoren in Kürze neue Konzepte und Produktideen erwarten?
So ist es – unsere Investoren dürfen gespannt sein auf neue Konzepte unseres Produktbereichs Institutional Investments. Und das sowohl bei Immobilien als auch bei erneuerbaren Energien. Insbesondere die Energiewende ist ein gesellschaftliches Transformationsprojekt von enormer Dimension. Mit Investitionen in die dafür notwendige Infrastruktur können institutionelle Anleger nicht nur von Renditechancen profitieren, sondern auch einen wirkungsvollen Beitrag leisten. Ein gutes Beispiel hierfür sind unsere Investitionen in zwei neu zu errichtende dänische Solarparks mit insgesamt 362 Megawatt Leistung in der Spitze, die wir bei professionellen und semiprofessionellen Investoren platzieren werden. Ein weiterer Ansatz besteht darin, beide Welten – also Immobilien und erneuerbare Energien – zu einem Ökosystem zu verschmelzen. Das hätte den Charme, die Mieter unserer Immobilien in Eigenregie mit günstiger grüner Energie versorgen zu können. Weitere neue Anlagekonzepte im Immobiliensegment entstehen durch die erforderliche energetische Sanierung – „Manage to Green“ beziehungsweise „Manage to ESG“. Bei mehr als 75 % energetisch ineffizienten Bestandsgebäuden in Europa sind Investitionen in die bevorstehende Transformation das Gebot der Stunde. Dabei ist die institutionelle Anlage kein Selbstzweck. Letzten Endes geht es darum, gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Mit unseren Produkten wollen wir dazu beitragen, Märkte positiv zu verändern.

Das Investmentumfeld hat sich in den vergangenen Monaten wesentlich verändert, vor allem auf der Zinsseite. Jahrelang waren die niedrigen Zinsen ein großer Treiber für institutionelle Investments in Sachwerte, insbesondere Immobilien. Das ist jetzt vorbei. Warum bleiben Real Assets trotzdem für Institutionelle interessant?
Real, also inflationsbereinigt, sind die Zinsen ja immer noch vergleichsweise niedrig. Womit wir beim neuen Treiber wären, der an die Stelle der nominalen Niedrig- und Negativzinsen getreten ist: die Inflation. Real Assets sind nicht nur aus Gründen der Diversifikation gefragt, sondern auch wegen ihres Potenzials, inflationsgeschützte Erträge zu erwirtschaften. Das Kapitalmarktjahr 2022 führt das deutlich vor Augen: Von den 62,2 Milliarden Euro Nettomittelaufkommen, die offene Spezialfonds laut BVI-Statistik im Jahr 2022 verzeichnen konnten, entfielen knapp 13 Milliarden auf Immobilienfonds. Dieser Anteil ist verglichen mit dem Vorjahr nahezu unverändert geblieben, wogegen das Nettomittelaufkommen für Spezialfonds damals mit 131,4 Milliarden Euro fast doppelt so hoch lag. Sachwerte können also in verschiedenen Marktszenarien punkten – in einer Rezession, indem sie gegen Verluste absichern, und in Wachstumsphasen, indem an Wertsteigerungen partizipiert werden kann. Weiteres Potenzial für institutionelle Investoren sehe ich angesichts sich entwickelnder Volkswirtschaften und der Verknappung fossiler Energien mehr und mehr im Bereich der nachhaltigen Infrastruktur und Bestandstransformation. Dort werden wir auch eine größere Bandbreite an Chance-Risiko-Profilen sehen.

Welche Anlagestrategien gewinnen Ihrer Ansicht nach jetzt an Relevanz? Worauf sollten institutionelle Investoren bei der Investition in Sachwerte besonders achten?
Investitionen in Sachwerte über gemanagte Vehikel sind und bleiben ein wesentlicher Bestandteil eines diversifizierten institutionellen Portfolios. Entscheidend für den Anlageerfolg wird es dabei sein, wie Vermögensverwalter aktuell mit den Themen Zinsen, Inflation und gestiegene Energiepreise umgehen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Können die Asset-Manager jetzt sich bietende Chancen am Investmentmarkt nutzen, Stichwort „distressed projects“? Machen sie einfach weiter wie bisher oder entwickeln sie auf Basis der veränderten gesamtwirtschaftlichen Situation neue, innovative Anlagekonzepte?

Und last but not least: An nachhaltigen Anlagen gemäß dem ESG-Dreiklang Environmental, Social, Governance führt für institutionelle Investoren kein Weg mehr vorbei – insbesondere bei Sachwerten. Was wir gerade erleben, nennt PwC einen Paradigmenwechsel: ESG-Anlagen werden als der Wachstumsmotor der Zukunft wahrgenommen. Gemäß einer im Dezember 2022 veröffentlichten Studie der Beratungsgesellschaft haben sich 57 % der Investoren mittlerweile verpflichtet, Investitionen in Non-ESG-Fonds zu stoppen. Das betrifft Neuanlagen, aber geht vielmehr auch einher mit der Aufgabe, das Bestandsportfolio energetisch zu sanieren. Chancen ergeben sich für Institutionelle somit insbesondere auch unter „grünen“ Vorzeichen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf commerzreal.com.