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Die Gesellschaft ist Teil der Immobilienbranche

19. Dez 2019

Thomas Meyer  |  Wertgrund

Wenn es eine Regierungskonstellation gibt, die die politischen Sehnsüchte der Deutschen strukturell perfekt abbildet, dann ist es wohl Schwarz–Grün: Alles soll ungefähr so bleiben, wie es ist, aber eben bitte ein bisschen umweltfreundlicher. Nun befinden wir uns gerade sozusagen in einer schwarz-grünen Woche; am vergangenen Wochenende haben die Spitzengrünen auf ihrem Parteitag klargemacht, dass sie gerne regieren möchten, und am kommenden Wochenende versammelt sich die CDU. Was also wären die schwarz-grünen Aussichten für die Immobilienbranche?

Falls es dazu kommt, wird man sich von einer Vorstellung wohl verabschieden müssen: dass sich überhaupt nichts ändert. Die Grünen werden auf Veränderung dringen, auch immobilienpolitisch. Schlecht muss das nicht sein, denn dass die Wohnungs- und teilweise auch die Gewerbeimmobilienmärkte derart angespannt sind, ist gesellschaftlicher Zündstoff, der Gefahren auch für die Immobilienbranche birgt. Veränderung tut grundsätzlich not.

Nun ist das Programm der Grünen, das am vergangenen Wochenende beschlossen wurde, recht links, vor allem im Bereich Mietrecht. Auch eine Gewerbemietpreisbremse wollen sie einführen, und selbst Enteignungen werden als letztes Mittel der Wahl grundsätzlich befürwortet. Zugleich betonen die Grünen sehr ernsthaft und glaubwürdig die Notwendigkeit einer Erhöhung des (bezahlbaren) Wohnungsbaus, und zwar nicht nur des öffentlichen, sondern auch des privaten. Dieser Spagat zwischen Regulierung und Bauförderung ist ein Versprechen, das die Große Koalition seit Jahren erfolglos einzuhalten versucht.

Man erinnere sich: Der derzeitige Bundesbauminister, der seine Bauziele kläglich verfehlt, ist von der Union. Ob es die Grünen besser können? Wird man sehen müssen. Zumindest haben sie Ideen, etwa die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit, die explizit auch für private Investoren geplant ist. Es ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, den sozialen Wohnungsbau so zu strukturieren, dass er auf breiter Front für Investoren attraktiver wird.

„Radikal ist das neue Realistisch“, lautet das Motto der Grünen. Radikaler, entschlossener wird die Immobilienpolitik in jedem Fall werden, für die Branche wird es manch neue Zumutungen geben. Gespannt sein darf man trotzdem, auch, wie weit die Union hierbei mitgeht. Dem wohnungspolitischen Zeitgeist kann sie sich aber nicht komplett verwehren, und der verlangt nach mehr Radikalität.

Dieser Artikel erschien am 21.11. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.