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Dem ELTIF steht eine große Zukunft bevor

17. Jul 2022

Tobias Huzarski  |  Commerz Real

Die Europäische Union hatte sich große Ziele gesetzt, als sie 2015 den ‚European Long-Term Investment Fund‘ – kurz: ELTIF – aus der Taufe hob: Das neue Fondsvehikel sollte erstens vermehrt privates Kapital mobilisieren für Investments in Infrastruktur, generell Sachwerte, mittelständische Unternehmen sowie bestimmte Immobilien. Zweitens sollte für Privatanleger eine neue Investmentmöglichkeit geschaffen werden, die ein attraktives Renditepotenzial mit höchsten Standards in Sachen Anlegerschutz verbindet. Und drittens sollte das grenzüberschreitend einheitliche und europaweit zu vertreibende Anlageprodukt einen Beitrag zu einer europäischen Kapitalmarktunion leisten. Doch kann der ELTIF diesen Anforderungen gerecht werden?

Der Start dieses neuen Instruments verlief eher schleppend, wie man im Rückblick feststellen muss. Das ist allerdings auch nicht verwunderlich: Als streng regulierter Rechtsrahmen weist der ELTIF eine hohe Komplexität auf, die von den Fondsinitiatoren zunächst einmal durchdrungen werden musste, um erst im Anschluss auch potenzielle Investoren überzeugen zu können. Zudem gab und gibt es in vielen EU-Ländern konkurrierende Produkte, so dass der ELTIF zunächst seine Rolle am Investmentmarkt finden musste.

Der ELTIF nimmt langsam Fahrt auf
Inzwischen aber ist deutlich mehr Dynamik in den ELTIF gekommen: Nach Angaben der Ratingagentur Scope waren Ende 2021 europaweit 53 ELTIFs im Vertrieb. Scope schätzt das Fondsvolumen (platziertes Vermögen) zum 31.12.2021 auf 7,2 Mrd. Euro bis 7,7 Mrd. Euro. Am größten ist der Markt demnach in Italien, wo es Steuervorteile gibt, sowie in Frankreich, gefolgt von Deutschland auf Platz drei. Im Vergleich zu den 6,8 Bio. Euro, auf die sich der gesamte Markt der Alternativen Investmentfonds (AIF) summiert – und wozu auch der ELTIF zählt – ist dies freilich noch ein relativ kleiner Anteil. Doch das Angebot wächst: 25 der von Scope gezählten ELTIFs – und damit fast die Hälfte – sind allein im vergangenen Jahr an den Start gegangen. Die Fondsanalysten gehen davon aus, „dass sich die zuletzt beobachtete Dynamik am ELTIF-Markt weiter fortsetzen wird.“ Woher der Optimismus?

Vier Gründe für den Durchbruch
Aus meiner Sicht wird sich der ELTIF vor allem aus vier Gründen in den kommenden Jahren deutlich stärker etablieren: Erstens haben Fondsanbieter und Kapitalanleger inzwischen festgestellt, für welche Strategien, Assetklassen und Anlegergruppen der ELTIF eine optimal geeignete Struktur darstellt, die Vorteile gegenüber anderen Strukturen wie geschlossene Fonds oder Sondervermögen aufweist – und für welche nicht. Zweitens gehören Investments in erneuerbare Energien in die Kategorie der besonders geeigneten Assets – und diese sind unter privaten wie institutionellen Investoren derzeit sehr gefragt. Drittens steigt der Bekanntheits- und zugleich der Professionalisierungsgrad rapide an. Vertriebseinheiten, beispielsweise in Banken, nehmen den ELTIF jetzt sukzessive in ihre Systeme auf. Und viertens schließlich ist für das kommende Jahr eine Anpassung der ELTIF-Verordnung geplant, die ihn für deutlich größere Anlegerkreise investierbar machen wird.

Vor allem für Investments in erneuerbare Energien hat sich der ELTIF als sehr geeignete Struktur erwiesen. Diese Investments sind langfristig angelegt und ermöglichen relativ stabile und gut prognostizierbare Erträge. Eine eher spekulative Strategie, basierend auf häufigen An- und Verkäufen, passt hingegen nicht zum ELTIF. Auch für Investoren ist deshalb tendenziell eine längere Haltedauer vorgesehen. ELTIFs haben eine begrenzte Laufzeit, die je nach Ausrichtung allerdings sehr lang (zum Teil viele Jahrzehnte) ausfallen kann. Mindesthaltedauern und Rückgabefristen sind deshalb fast immer vorgesehen, ein Investment bis zum Ende der Laufzeit ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Somit sind die Initiatoren beim ELTIF flexibler als beispielsweise bei klassischen geschlossenen Fonds, bei denen eine Rückgabe während der Fondslaufzeit gar nicht möglich ist, lediglich ein Verkauf über zumeist wenig liquide Zweitmärkte. Beim ELTIF ist auch die Gestaltung von Rückgabekonditionen möglich, die börsentäglich Anteilsausgaben und -rückgaben ermöglichen und somit eher an offene Sondervermögen erinnern.

Ab 2023 offen für breite Anlegerschichten
Der ELTIF steht als Investmentvehikel grundsätzlich allen Anlegergruppen offen, seien es institutionelle, semiprofessionelle oder private Anleger. Für Letztere gilt allerdings eine Einschränkung: Privatanleger müssen ausreichende Kenntnisse über Fondsinvestments nachweisen, über ein investierbares Vermögen von mindestens 100.000 Euro verfügen und dürfen davon höchstens 10 % in ein einzelnes Produkt investieren, mindestens aber 10.000 Euro. Dies schränkt das Zielpublikum auf Privatanlegerseite doch empfindlich ein – letztlich ein gewichtiges Manko des ELTIF, das ihn breiteren Anlegerschichten derzeit (noch) vorenthält.

Doch auch diese Einschränkung wird voraussichtlich bald der Geschichte angehören. Geplant ist derzeit eine Reform der ELTIF-Verordnung, die ab 2023 unter anderem eine Abschaffung beziehungsweise deutliche Senkung der Mindestanlagesumme vorsieht. Damit wäre es sogar möglich, Fondssparpläne mit sehr geringen Sparbeträgen – zum Beispiel ab 50 Euro pro Monat – aufzusetzen. Dies in Kombination mit einem Erneuerbare- oder gar Impact-Fonds würde dem ELTIF vor allem in Deutschland nach meiner Überzeugung zum Durchbruch verhelfen.

Hinzu kommen Entwicklungen, die zu einer weiteren Etablierung des ELTIF beitragen werden. Zum Beispiel dürften sich mit steigendem Investmentvolumen auch liquide Sekundärmärkte herauskristallisieren. Technisch stellt das kein großes Problem dar: Dank seiner Depotfähigkeit ist der ELTIF problemlos handelbar, anders als etwa geschlossene Fondsanteile. Ist der Markt erst groß genug, darf in Zukunft gar auf einen regen Handel gehofft werden, vergleichbar mit liquiden Wertpapieren. Ich bin überzeugt: Dem ELTIF steht noch eine große Zukunft in Europa bevor.

Dieser Artikel erschien in der INTELLIGENT INVESTORS 2/2022.

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