Wohninvestments in Deutschland – September 2022
7. Sep 2022
7. Sep 2022
Liebe Leserinnen und Leser,
die Förderung energieeffizienten Wohnens soll sich künftig auf energetische Bestandssanierungen konzentrieren. Für energieeffizienten Neubau läuft sie aus. So will es die Ampelkoalition. Über das Für und Wider lässt sich vortrefflich streiten, für beide Sichtweisen gibt es gute sachliche Argumente. Vollkommen klar ist hingegen, dass der Wohnungsneubau darunter leiden wird.
Ihr Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr muss die Ampel längst heimlich, still und leise abgeschrieben haben. Steigende Zinsen, explodierende Baukosten, trübe Konjunkturaussichten, nach wie vor schleppende Genehmigungsverfahren – da ist der Förderstopp nur ein weiterer Faktor von vielen. Das ist in doppelter Hinsicht bedauerlich, denn am Bedarf hat sich nichts geändert und „Betongold“ hat sich nachweislich auch in Inflationszeiten als eine solide Kapitalanlage erwiesen. Die Kehrseite der Medaille: Es dürften in nächster Zeit auch wieder Baugrundstücke mit nicht realisierten Projekten auf den Markt kommen – für findige Investoren mit spitzem Bleistift auch wieder neue Chancen.
Wie dabei trotz allem auch weiterhin an mehr Nachhaltigkeit im Immobiliensektor gearbeitet werden muss und kann, zeigen beispielhaft die Autorenbeiträge in der aktuellen Ausgabe.
Wir wünschen Ihnen wie immer eine informative Lektüre.
Jürgen Michael Schick & Holger Friedrichs
Thomas Meyer | Vorstand, WERTGRUND Immobilien AG
Wohnimmobilien gelten in der Regel als wertstabil, selbst in Zeiten der Inflation. Dass sie Krisen trotzen können, haben sie längst unter Beweis gestellt. Auch in puncto Nachhaltigkeit hat ein großer Teil der Branche bereits die Trendwende eingeläutet. Ob Projektentwickler oder Bestandssanierer – viele nehmen Kurs auf ESG. Folglich gibt es auch immer mehr Immobilienfonds mit Nachhaltigkeitskriterien, die ihren Anlegern nicht nur stabile Wertentwicklungschancen bieten, sondern auch die Möglichkeit in ökologisch wie sozial optimierte Objekte zu investieren. Doch woran erkennt man einen dort hingehend ausgerichteten Fonds?
Die Einigung der EU auf den European Green Deal war für viele Branchen nach Paris 2015 die logische Konsequenz. Seit er im Dezember 2019 ins Leben gerufen wurde, arbeitet Europas Wirtschaft mit Hochdruck auf das hehre Ziel der Netto-Null-Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 hin. Für den Weg dorthin hat die EU für den Immobiliensektor einige Zwischenziele abgesteckt. So soll gemäß dem aktuellen Vorschlag der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) die Quote der jährlichen Gebäudesanierung bis 2030 verdoppelt werden. Die Frist für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen läuft im Jahr 2040 ab. Für noch mehr Tempo beim CO2-Ausstieg sollen ein neuer Energieausweis ab 2025 und ein verpflichtender Renovierungspass bis 2025 sorgen.
EU-Taxonomie bietet Anlegern Orientierung
Die Transparenzanforderungen und Offenlegungspflichten an nachhaltige Finanzprodukte sind in der Offenlegungsverordnung „Sustainable Finance Disclosures Regulation“ (SFDR) definiert. Darin wird zwischen sogenannten Artikel-6-, Artikel-8 und Artikel-9-Fonds unterschieden. Gemäß EU-Verordnung handelt es sich bei ersteren um Finanzprodukte, die offenlegen müssen, in welchem Umfang sie Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen oder auch nicht. Artikel-8-Fonds müssen die Nachhaltigkeitsmerkmale transparent im Jahresbericht darlegen. Sie werden landläufig auch als „hellgrün“ bezeichnet. Die Kennung „dunkelgrün“ tragen Artikel-9-Fonds, die eine Nachhaltigkeitswirkung anstreben oder ein explizites Nachhaltigkeitsziel im Sinne der UN verfolgen. Solche als Impact-Fonds bezeichnete Investments müssen den Grad ihrer Wirkung messen und nachweisen.
Für alle Finanzanlageprodukte gelten ab 2. August 2022 neue Regeln
Ab 2. August 2022 tritt die Neufassung der sogenannten „Markets in Financial Instruments Directive“ (MiFID II) in Kraft. Anleger müssen von diesem Stichtag an im Rahmen der Finanzberatung nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen gefragt werden. Die Frage wird – nach Erläuterung der verschiedenen Nachhaltigkeitsgrade – in etwa lauten: „Möchten Sie nachhaltig investieren und bevorzugen Sie ein entsprechendes Produkt gegenüber einem weniger nachhaltigen Fonds?
Angeboten werden können dann nur Fonds, die zusätzlich bestimmte Kriterien der EU- Taxonomie erfüllen und den Vorgaben der MiFiD II Richtlinie entsprechen. Sie legen je nach Ausrichtung des Fonds fest, dass ein bestimmter Anteil des Fondsportfolios den gleichen, besonders hohen Anforderungen gerecht werden muss wie ein „Impact“-Produkt. Demgemäß müssen die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren im Rahmen der Fondsstrategie berücksichtigt werden. Es genügt also nicht, bestimmte ökologische und soziale Faktoren auszuweisen. Vielmehr müssen auch konkrete Angaben zu bestimmten Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, der Achtung der Menschenrechte sowie der Bekämpfung von Korruption und Bestechung gemacht werden. Fonds, deren Strategie diese Vorgaben erfüllen, fallen unter die Kategorie der „Artikel-8-Plus-Fonds“. Damit bietet die MiFiD Richtlinie Anlegern eine fundierte Entscheidungsgrundlage und steuert gleichzeitig dem Greenwashing entgegen.
Die Messlatte für „Nachhaltigkeit“ liegt hoch
Kaum war die SFDR verabschiedet, stieg die Zahl der Artikel-8-Fonds sprunghaft an. Um sicherzustellen, dass diese Fonds Anlegern tatsächlich als nachhaltige Anlageprodukte empfohlen werden können, hatte die BaFin in ihren im April 2021 als Entwurf veröffentlichten Leitlinien die Messlatte versucht nochmal deutlich höher zu legen. Die Idee des deutschen Alleingangs in diesem Bereich wurde zwischenzeitlich gestoppt und zunächst zurückgezogen. Die Diskussion läuft, das Ende ist offen. Über die MiFiD II Richtlinie ist die „8-Plus“ erst mal gesetzt. Grundsätzlich ist die Problematik des Grünwaschens nicht von der Hand zu weisen. Somit wird der Vorstoß der BaFin für Deutschland nicht der einzige bleiben, zumal die Regulierung keineswegs final ist. Bei der Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten hat die EU einen Klimaschwerpunkt gesetzt. Mittlerweile wurde aber schon ein Abschlussbericht zur sozialen Taxonomie veröffentlicht. Hier liegt der Fokus auf unternehmerischen Sorgfaltspflichten hinsichtlich Sozial- und Arbeitsstandards. Das stellt gerade Asset Manager von Immobilienfonds vor große Herausforderungen.
Welche ESG-Kriterien können Immobilien darstellen?
Mit einer konsequenten ESG-Strategie können Asset Manager von Immobilienfonds viel bewegen – etwa indem sie in Projekte investieren, die sich durch eine klimaschonende Bauweise und geringen Flächenverbrauch auszeichnen oder sich regelmäßig um eine Bestandsoptimierung bemühen. Ökologische Verbesserungen können beim Neubau durch Nachverdichtung unbebauter Bereich sowie eine Dachaufstockung erzielt werden. Bestandsimmobilien profitieren von einer verstärkten Nutzung regenerativer Energien, der Erzeugung von Solarstrom mittels Photovoltaikanlagen, der Nutzung von Regenwasser oder einem durchdachten Abfallmanagement. Positive gesellschaftliche Aspekte ergeben sich aus der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum oder einer sinnhaften Quartiers- und Nachbarschaftsentwicklung mit Inklusions- und Mehrgenerationenwohnen sowie preisgebundenen Wohneinheiten. Angaben zur Methodik, Messung, Überwachung und Bewertung finden Anleger in den jeweiligen Verkaufsprospekten wie auch in den Jahresberichten.
Artikel 8-Plus ist für Immobilienfonds ein Gütesiegel
Wir glauben, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht. Wenn ein Anleger ab dem 2. August eine Investition in einen Immobilienfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen präferiert, dann ist er mit einem Artikel-8-Plus Fonds bestens bedient. Denn nur Fonds mit Nachhaltigkeitspräferenzen gemäß der überarbeiteten Richtlinie MiFID II dürfen ab da an diese Anlegergruppe vertrieben werden. Die „8-Plus“ steht dann gewissermaßen für die Tatsache, dass in der Immobilienbranche – mit ihren auf diese Anforderungen zugeschnittenen Produkten – der Wandel im vollen Gang ist.
Christian Paul | CEO, Fundamenta Group Deutschland AG
Die Deklaration von Fonds als „hellgrün“ oder „dunkelgrün“ im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung läuft weiterhin schleppend. Anderthalb Jahre nach Inkrafttreten der Regelung, die die ESG-Konformität für Investoren transparenter machen soll, ziert sich die Branche immer noch, für den Großteil ihrer Produkte die Zulassung als Fonds nach Artikel 8 oder 9 zu beantragen. Das gilt auch für Immobilienfonds. Die Gründe dafür sind zwar nachvollziehbar, doch allesamt untauglich.
Viele hoffen immer noch auf klarere Vorgaben des Regulierers, was ein Fonds mitbringen muss, um als hellgrün oder dunkelgrün zu gelten. Medienwirksame Fälle von Greenwashing haben einzelne Unternehmen Reputation gekostet – und ein solches Debakel möchte man unbedingt vermeiden.
Doch da können die Firmen lange warten. Einigermaßen umfassende, verbindliche Kriterien für „nachhaltig“ wird es frühstens in einigen Jahren geben. Noch immer bildet die EU-Taxonomie nur einen Teil der Wirtschaftstätigkeiten ab. Das weite und immer wichtiger werdende Feld der sozialen Nachhaltigkeit etwa ist in der Regulierung noch immer ein unbeschriebenes Blatt. Im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit gibt es bereits Revisionen, und das wird mit fortschreitender technologischer Entwicklung in den kommenden Jahren immer häufiger vorkommen.
Kurzsichtige Denke
Nicht wenige scheuen auch die Folgen, die die Einstufung als Artikel-8- oder -9-Fonds für ihre Rendite haben könnte. Doch das ist eine kurzsichtige Denke. Klar – als grüner Fonds unterliegt man gewissen Einschränkungen, das Anlageuniversum verkleinert sich. Die energetische Sanierung des Bestands erfordert hohe Investitionen. Alles das kostet Rendite – bei dunkelgrünen noch mehr als bei hellgrünen Produkten.
Doch während die einen zaudern, preschen die anderen vor und jagen ihnen Marktanteile ab. Schon im vergangenen November hat das Investmenthaus Empira in einer Umfrage festgestellt, dass nur noch ein Viertel der Investoren künftig noch in Fonds investieren will, die sich nicht nach Artikel 8 oder 9 qualifizieren. Während die einen an künftigen Ladenhütern festhalten, investieren die anderen in die Produkte, die in wenigen Jahren der Standard sein werden.
Kein Hexenwerk
Diese Pioniere haben erkannt, dass sie selbst am besten in der Lage sind einzuschätzen, welche Stellschrauben in ihrem Portfolio die besten Effekte in Puncto Nachhaltigkeit bringen. Sie haben Scoringmodelle entwickelt, mit denen sie Objekte für den Zukauf und im Bestand unter ESG-Gesichtspunkten bewerten. In der Immobilienwirtschaft gibt es zahlreiche Ansatzpunkte für ökologische Nachhaltigkeit, die gut definierbar und quantifizierbar sind, etwa die Energieeffizienz von Gebäuden oder der Anteil erneuerbarer Energien am Heizenergiebedarf. Weitere Punkte betreffen den Komplex der sozialen Nachhaltigkeit mit Kriterien wie Barrierefreiheit oder soziale Mietpreispolitik.
Diese Unternehmen haben auch festgelegt, wie die Nachhaltigkeitskriterien im Ankaufsprozess und auf die Objekte im Bestand angewendet werden. Häufig gibt es einen verbindlichen Fahrplan, wie und wann das Scoring der Gebäude im Portfolio verbessert werden soll, etwa durch energetische Sanierung.
Die dafür benötigten Daten liegen den Anbietern vor, und die Entwicklung und Institutionalisierung der Prozesse im Unternehmen ist kein Hexenwerk. Doch wer die notwendigen Anpassungen zu lange verschleppt, wird es mittelfristig schwer haben auf einem Markt, auf dem nachhaltige Produkte zum Standard werden.
Hannah Helmke | Gründerin und Geschäftsführerin von right
Der Klimawandel ist vermutlich die größte existenzielle Bedrohung für die Menschheit. Dass es diese Bedrohung endlich mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt, ist mittlerweile den meisten bewusst geworden. Auch der Immobilienwirtschaft kommt dabei große Bedeutung zu, steht sie doch für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen. Doch kaum jemand weiß, welche Klimawirkung der Betrieb der eigenen Wohnung oder des Wohninvestments wirklich hat – und mit welchen Maßnahmen man aus Klimaschutzsicht am effizientesten saniert.
Klimaeffizienz wird meist in Tonnen emittierten CO2-Emissionen gemessen. Aber wer kann sich darunter schon etwas vorstellen. Hin- und Rückflug von Frankfurt nach Rom sind etwa eine halbe Tonne. Ist das viel oder wenig? Welchen Einfluss hat eine Tonne CO2 überhaupt auf die Erwärmung des Klimas? Noch schwieriger wird es, wenn man bedenkt, dass auch der Zeitpunkt der Emission eine wichtige Rolle für die Wirkung einer Tonne CO2 auf die Erderwärmung spielt.
Emissionsmengen verraten wenig
Selbst wenn man es kompliziert berechnet hat, die Folgen von Emissionsmengen sind kaum nachvollziehbar. Auch dann nicht, wenn man einen Blick auf das verbleibende Budget bis zum Klimaziel von Paris wirft. Um 1,5 Grad Erderwärmung nicht zu überschreiten, bleiben noch etwas weniger als 300 Milliarden Tonnen übrig, die ausgestoßen werden können. Wie sehr eine Tonne CO2 da ins Gewicht fällt, bleibt sehr, sehr abstrakt. Tatsächlich verleitet das vermeintlich hohe Budget eher noch dazu, unbedarfter mit den persönlichen Konsequenzen fürs Klima umzugehen. Ganz nebenbei: Die richtige physikalische Einheit zur Messung der globalen Erderwärmung ist auch kein Kilogramm und keine Tonne, sondern Grad Celsius.
Auf Anschaulichkeit kommt es an
Aus diesem Grund werden neue Methodiken zur Veranschaulichung der Klimawirkung immer wichtiger: Die Rede ist vom „Temperature Alignment“. Die Grundlage dieser Methodik ist, das verbleibende Emissionsbudget als Grundlage für ein Modell zum Abbau von Emissionsausstoß zu nutzen und anhand dessen zu evaluieren, wie sehr sich der Planet erwärmen würde, wenn die ganze Welt dieselbe Klima-Performance hätte, wie die betrachtete Einheit. Die Folge daraus: Statt nur zu sehen, dass der Betrieb einer bestimmten Wohnimmobilie X Tonnen CO2 im Zeitraum Y generiert, wird dank des Temperature Alignment nachvollziehbar und vergleichbar, ob die Immobilie dem Ziel von maximal 1,5 Grad Erderwärmung entspricht – oder eben nicht.
Da diese Klimapfade oder Klimabudgets für alle Wirtschaftssubjekte errechnet worden sind, wird es außerdem möglich, die Klimaauswirkungen von ganzen Unternehmen, Branchen, Assets und Assetklassen untereinander vergleichbar zu machen.
Gerade für den Immobiliensektor, der als klimaintensiver Sektor strategisch wichtig für die Bekämpfung des Klimawandels sein wird, kann eine solche Transparenz entscheidende Bedeutung haben. Das betrifft gleichermaßen Neubauten, wo noch in der Planungsphase verschiedene Szenarien und die daraus jeweils resultierende Klimaerwärmung simuliert werden könnten, wie auch Bestandsimmobilien, bei denen die bestehende Klimawirkung über die Emissionsintensität der Immobilie schnell sichtbar gemacht werden kann.
Effektivere Maßnahmen dank Simulation
Welche Klimawirkung hat das Haus, das ich besitze oder bewohne? Ist es ein 3,0-Grad-, ein 2,0-Grad- oder ein Paris-konformes 1,5-Grad-Haus? Falls nicht, lohnt sich vielleicht eine energetische Sanierung. Doch womit sollte man dabei anfangen? Auch hierfür bietet Temperature Alignment einen Lösungsansatz, denn damit lassen sich auch verschiedene Sanierungsmaßnahmen simulieren. Für die Klimawirkung einer Maßnahme ist dabei nicht nur der CO2-Einspareffekt von Bedeutung, sondern auch der Zeitpunkt der Maßnahme beziehungsweise die Reihenfolge der Umsetzung eines Maßnahmenpakets, denn selten lässt sich alles gleichzeitig beheben. Für das Klima zählen nämlich nicht die Emissionen am Stichtag X in der Zukunft, sondern die Summe der Emissionen über den gesamten Zeitraum bis dahin.
Temperature Alignment-basierte Metriken erlauben es, mit wenigen Klicks zu ermitteln, welche Maßnahmen die wirkungsvollsten wären, um die Sanierung möglichst effizient und klimafreundlich zu gestalten – auch aus finanziellen Gesichtspunkten. Eventuell ist es eine neue Heizung, die das Haus vom 2,5-Grad- zum 1,5-Grad-Haus verwandelt, eventuell doch eher eine neue Fassadendämmung – oder beides, aber in welcher Reihenfolge? In der Simulation mittels Temperature Alignment fällt die Entscheidung leichter.
Die Übersetzung von Emissionsausstoß in Temperaturen ermöglicht es Immobilienbesitzern damit, sich gezielt mit den Auswirkungen ihrer Immobilien auf die Erderwärmung zu beschäftigen und zeitnah entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Immobilien für eine langfristige und 1,5°C-konforme Zukunft aufzustellen. Probieren Sie es selbst einmal aus.
Jürgen Michael Schick, FRICS | Präsident des IVD, Immobilien Verband Deutschland e.V.
Die Bauzinsen steigen, die Materialkosten ziehen weiter an und die nötige Förderung ist weg. Viele Neubauprojekte müssen umgeplant werden. Zahlreiche Bauvorhaben bleiben im aktuellen Marktumfeld sogar ganz auf der Strecke und werden gar nicht mehr errichtet. Banken fordern mehr Eigenkapital von Projektentwicklern. Manche Institute prüfen mittlerweile die Bonität des Generalunternehmers so intensiv wie die Bonität des Bauträgers. Die kritische Abverkaufsquote von 50 Prozent, die für zahlreiche Baufinanzierungen nötig ist, wird immer schwerer erreicht. Parallel dazu ziehen sich einige institutionelle Investoren vom Markt zurück oder denken darüber nach, ihre Immobilienquote zu verringern. Da solche Strategieänderungen meistens von längerer Dauer sind, sind es oftmals auch diese institutionellen Player, die den besten Zeitpunkt zum Wiedereinstieg oder zum Nachkaufen verpassen, während private und gewerbliche Akteure den Immobilienmarkt mit seinen Chancen längst wieder für sich erkannt haben.
Aus all diesen Gründen kommen derzeit nicht wenige Baugrundstücke wieder auf den Markt. Aber nicht, um sie mit Gewinn weiter zu handeln, sondern weil sich die ursprüngliche Planung nicht mehr realisieren lässt. Im Ergebnis entsteht deutlich weniger Neubau, als erforderlich wäre. Doch in den Metropolen bleibt der Wohnungsmarkt eng. Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist unverändert hoch. Die Fertigstellungen im Neubau werden jedoch aus den genannten Gründen spürbar zurückgehen. Der fromme Wunsch der Ampel-Koalition von 400.000 neuen Wohnungen jedes Jahr ist nicht erreichbar.
Was bedeutet das für Eigentümer und für Verkäufer von Bestandsimmobilien? Auch am Wohninvestmentmarkt sind die Marktveränderungen zu spüren, insbesondere die Folgen der gestiegenen Zinsen. Überhöhte Fantasiepreise lassen sich heutzutage nicht mehr realisieren. Wie stabil der Markt für vermietete Immobilien bleibt oder wie groß der Druck auf die Preise tatsächlich wird, das werden wir im dritten und vierten Quartal dieses Jahres sehen. Auch wenn bei manchen Interessenten das Motto „Wait and see“ vorherrscht und der Markt zunächst einmal beobachtet werden soll, bleiben Zinshäuser und Wohnanlagen weiter nachgefragt. Ob und in welcher Höhe es zu Preiskorrekturen kommt, hängt auch von Lage und Qualität der Immobilien ab.
Der Rückgang beim Neubau – und dazu muss man kein Prophet sein – macht eine scharfe Preiskorrektur bei Bestandsimmobilien eher unwahrscheinlich. Natürlich überwiegen bei den meisten Investoren die Wirtschaftlichkeitskriterien. Zinshäuser und Wohnanlagen müssen sich in dem geänderten Marktumfeld rechnen. Angesichts der hohen Nachfrage nach Wohnraum in den angespannten Wohnungsmärkten bietet der Rückgang beim Neubau zugleich Rückenwind für den Markt mit bestehenden Immobilien.
Der Immobilienmarkt 2022 ist eben auch ein Markt voller Chancen.
Die angespannte Situation auf dem Wohnimmobilienmarkt veranlasste den Berliner Senat zur Schaffung eines Bündnisses mit den Bezirken, Genossenschaften, Immobilienunternehmen sowie Branchenverbänden, die Ende Juni die 22-seitige Vereinbarung unterzeichneten. Das Bündnis wolle 100.000 neue Wohnungen bis Ende 2016 schaffen, Genehmigungsverfahren maßgeblich erleichtern und Haushalte mit niedrigem Einkommen entlasten. Innerhalb von drei Jahren sollen entsprechende Bebauungspläne vorliegen, 740 Millionen Euro sind im Haushalt jeweils für 2022 und 2023 zur Förderung von Sozialwohnungen vorgesehen. Die großen Wohnungsunternehmen, unter anderem Vonovia, verpflichteten sich außerdem, 30 Prozent aller Wiedervermietungen an Mieter mit Wohnberechtigungsschein zu vergeben. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) geht davon aus, dass in den kommenden Monaten weitere Unterzeichner hinzukommen werden.
Für das laufende Jahr erwartet die Wohnungswirtschaft einen Anstieg der Heizkosten um mehr als 50 Prozent. Maren Kern, Vorstandsmitglied des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, geht davon aus, dass die Heizkosten weiterhin deutlich steigen werden. Die steuerpflichtige Einmalzahlung des Bunds in Höhe von 300 Euro fange die deutlich gestiegenen Kosten nicht entsprechend auf, so Kern. Der Härtefallfonds sei ein erster Schritt, doch appellierte sie zusätzlich, den Empfehlungen vieler Wohnungsunternehmen, freiwillige Vorauszahlungen für Heizkosten zu leisten, nachzukommen oder Rücklagen zu bilden. Währenddessen appelliert der Chef des Berliner Grundversorgers Gasag, Georg Friedrichs, an die Berlinerinnen und Berliner, die Raumtemperatur im Herbst nach Möglichkeit zu reduzieren. Bereits ein Grad Celsius weniger reduziere den Energieverbrauch um sieben Prozent, so Friedrichs.
Nachdem, wie zuletzt berichtet, Bundesfinanzminister Christian Linder (FDP) erste Beratungen zur Reform der Grunderwerbsteuer angesetzt hatte, um den Ländern freie Hand zu gewähren und so den Immobilienerwerb zu erleichtern, arbeitet die SPD an weiteren Instrumenten zur Förderung von Wohneigentum. Kevin Kühnert (SPD) macht sich stark für ein staatliches Programm, das Eigenkapital beim Erwerb von Wohneigentum ersetzen soll. Ziel sei es, Haushalten mit stabilem Einkommen, aber ohne große Rücklagen, den Weg ins Eigentum zu ermöglichen. Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands Deutschland (IVD), begrüßt diesen Vorstoß ausdrücklich. Die größte Hürde bleibe das Eigenkapital, weswegen gerade junge Familien ein Eigenheim nur durch Erbschaften oder durch Unterstützung aus der Familie erwerben könnten. Steigende Bauzinsen verschärfen diese Situation zusätzlich, sodass Eigentumsbildung aus Einkommen heraus kaum noch möglich sei, so der IVD.