Wohninvestments in Deutschland – Dezember 2024
11. Dez. 2024
11. Dez. 2024
Liebe Leserinnen und Leser,
die Zeiten bleiben dynamisch: Die Ampel-Koalition ist gescheitert, Neuwahlen stehen an, und international richtet sich der Blick auf die Geschehnisse nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und ihre möglichen wirtschaftlichen Folgen. Gleichzeitig begleiten geopolitische Spannungen die täglichen Nachrichten.
Auch der Immobilienmarkt steht unter Druck: Sanierungsstau bremst den Fortschritt, während viele Menschen aus den Städten in die Vororte ziehen. Nur durch innovative Ansätze lässt sich dieser Trend umkehren.
Dennoch stehen am Markt die Zeichen auf Optimismus. Das aktuelle Wohninvestment-Barometer zeigt, dass sich die Stimmung der Marktakteure deutlich verbessert hat.
Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre und einen erfolgreichen Jahresausklang!
JMS und HFR
Stefan Anderl | Head of ELK TECH
Fast zwei Drittel der deutschen Gebäude wurden vor der Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung 1979 errichtet und verbrauchen bis zu fünfmal mehr Energie als heutige Neubauten. Das summiert sich. In Zahlen sprechen wir in Deutschland von 21 Millionen Gebäuden, die rund 35 Prozent des Energieverbrauchs des Landes verursachen. Das belastet die Umwelt und torpediert das Ziel Deutschlands der Treibhausgasneutralität bis 2045. Und gemäß der EU-Gebäuderichtlinie sollen bis 2050 alle Gebäude in Europa den Net-Zero-Standard erreichen.
Und die Realität? Deutschland kämpft mit einem Sanierungsstau. Obwohl eine jährliche Sanierungsquote von zwei Prozent nötig ist, um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, stagnierte die Quote 2024 bei nur 0,7 Prozent. Wenn es so weitergeht, werden auch 2025 nur etwa 275.000 Wohneinheiten saniert – viel zu wenig, um die gesetzlich geforderten Ziele zu erreichen.
Eine Lösung mit Potenzial: serielle Sanierung
Serielle Sanierung könnte die Kehrtwende bringen. Dabei werden vorgefertigte Module genutzt, die wie eine zweite Haut auf die alte Fassade gesetzt werden und im besten Fall aus Hochleistungsdämmung, integrierter Photovoltaik (BIPV) und kontrollierter Lüftung bestehen. Die Photovoltaik-Module sind in die Fassade eingebettet und liefern einen Großteil der benötigten Energie für das Gebäude. Zusätzlich sorgt die Dämmung für eine deutliche Reduktion des Heizbedarfs, und das Lüftungssystem gewährleistet eine kontinuierliche Frischluftzufuhr bei minimalem Wärmeverlust. Geeignet ist die serielle Sanierung insbesondere für genormte Gebäude mit einheitlichen Strukturen und Fassade – jene typischen Großwohnsiedlungen aus den 1950er- bis 1980er-Jahren. Deren Bestandshalter – große kommunale, landeseigene oder privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen – stehen zunehmend unter Druck, ihre Immobilien ESG-konform zu modernisieren. Die EU-Taxonomie fordert, dass Unternehmen ökologische Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, um als zukunftsfähige Investments zu gelten. Zudem steigern ESG-konforme Immobilien ihren Marktwert und reduzieren langfristig Betriebskosten durch Energieeinsparungen. Für kapitalmarktorientierte Wohnungsunternehmen sind ESG-konforme Sanierungen daher entscheidend, um wettbewerbsfähig zu bleiben und ihren Bestand an attraktive, nachhaltigkeitsorientierte Investoren vermieten zu können.
Was ist serielle Sanierung – und was kann sie im Idealfall leisten?
Im Optimalfall könnte die serielle Sanierung den gesamten Prozess der energetischen Gebäudemodernisierung revolutionieren und selbst ineffiziente Bestandsbauten zu klimaneutralen Gebäuden umwandeln. Ein Beispiel: Ein typisches Wohngebäude der 1970er-Jahre mit 20 Wohneinheiten und einem Primärenergiebedarf von 300 kWh/m²a kann durch serielle Sanierung auf unter 50 kWh/m²a gebracht werden. Damit werden CO₂-Emissionen von über 80 % eingespart, und das Gebäude kann seinen Restbedarf durch die integrierte PV-Anlage decken. Möglich wird dies durch die oben beschriebene Sanierungsmethode, die alte Gebäude in umfassend gedämmte, energieerzeugende Bauwerke verwandeln kann. Dank einer Art Kokon für das Gebäude könnte eine solche Lösung das ursprüngliche Bauwerk gewissermaßen konservieren und zugleich transformieren. Die Bauzeit? Erstaunlich kurz und mit minimalen Einschränkungen für die Bewohner.
Wo hakt es in Deutschland?
In Deutschland befindet sich die serielle Sanierung noch in der Einführungsphase und steht vor mehreren Hürden. Einerseits gibt es noch nicht viele Anbieter, die abgeschlossene Sanierungsprojekte als Referenz vorweisen können. Andererseits sind auch die meisten Bestandshalter noch mit Vorbereitungsarbeiten beschäftigt. Am wichtigsten dabei sind – so banal es klingt – eine interne Festlegung der Zielsetzungen und eine genaue Prüfung des Portfolios, welche Gebäude sich für eine serielle Sanierung am besten eignen. Des Weiteren müssen interne Abläufe und Planungsprozesse hinterfragt werden, da sich diese oft von konventionellen Sanierungsprojekten deutlich unterscheiden. Spezielle Förderprogramme wie der serielle Sanierungsbonus sollen in dieser Anlaufphase unterstützen. Inzwischen deuten erste Pilotprojekte darauf hin, dass serielle Sanierungen mit steigender Nachfrage und zunehmender Erfahrung auch hierzulande zu einem Schlüsselinstrument werden könnten.
Die Perspektive: Aufbruch in eine nachhaltige Sanierungskultur
Die Deutsche Energie-Agentur (dena)[1] und andere Akteure arbeiten aktiv an Maßnahmen zur Beschleunigung und Vereinfachung der Förderprozesse sowie am Abbau rechtlicher Hürden, um so die Marktakzeptanz zu steigern und den Ausbau serieller Sanierungen in Deutschland zu fördern. Dass serielle Sanierung helfen kann, den Sanierungsstau endlich aufzulösen und die Gebäudesanierungsquote signifikant zu steigern, steht außer Frage. Für Wohnungsunternehmen bietet sie zudem eine Möglichkeit, langfristig attraktive, ESG-konforme Immobilienportfolios zu bewahren – ohne radikale Einschnitte oder Verkäufe ineffizienter Gebäude. Es bleibt also keine Frage des „ob“, sondern des „wann“: Die serielle Sanierung bietet eine zukunftsfähige Antwort auf Deutschlands Energieproblematik im Gebäudesektor. Sie ist effizient, sie ist schnell, und sie ist nachhaltig. Wir sollten uns fragen: Wollen wir weiter im Stau stehen oder endlich die Spur wechseln?
[1] https://www.dena.de/projekte/energiesprong-deutschland-serielles-sanieren/
Jana M. Mrowetz | Gründerin & Geschäftsführerin URBAN CELL GmbH
In den 2010er-Jahren war es für Projektentwickler und den hinter ihnen stehenden Investoren zweitrangig, wie lange die Fertigstellung einer Immobilie gedauert hat – sogar ein Überschreiten des Zeit- und Kostenrahmens war oft zweitrangig. Schließlich waren die Zinsen niedrig und die steigenden Kaufpreisniveaus haben dafür gesorgt, dass die Immobilie immer weiter an Wert gewann. Der Zeitpunkt der Vermietung und des Verkaufs wurde nebensächlich.
Risikofaktor Bauzeit
Mit dem Beginn der Zinswende ab 2022 hat sich das grundlegend geändert: Sinkende Verkehrswerte und steigende Finanzierungskosten haben dazu geführt, dass eine zu lange – wenngleich auch planmäßige – Bauzeit zu einem der relevantesten Risikofaktoren für Entwickler und Investoren geworden ist. Unter anderem sind die Zinskonditionen für eine Anschlussfinanzierung nach wie vor unklar. Eine Analyse des Portals Interhyp zeigt für die private Baufinanzierung, dass die realen Zinsniveaus allein im Laufe des Jahres 2024 um 55 Basispunkte geschwankt sind und trotz der erfolgten Zinssenkungen aktuell sogar tendenziell wieder steigen. Für den professionellen Immobilienmarkt fallen diese Zinsschwankungen erfahrungsgemäß ähnlich hoch aus.
Das BF.Quartalsbarometer von Bulwiengesa zeigt mit einem Indexwert von –13,79 im dritten Quartal 2024 zudem nach wie vor eine sehr restriktive Finanzierungsbereitschaft an. Zum Vergleich: Im zweiten Quartal 2020, also in der Zeit des Corona-Schocks, lag der Wert bei ähnlich tiefen –15,24. Wer zum falschen Zeitpunkt refinanzieren muss, setzt sich also erhöhten Risiken aus. Zudem ermittelten die Analysten von Lübke Kelber zwar mit einem durchschnittlichen Kaufpreis von 3.541 Euro je Quadratmeter eine deutlich einsetzende Bodenbildung auf dem institutionellen Wohnimmobilienmarkt, dennoch ist angesichts einer angespannten Wirtschaftslage und der globalen Multikrisen für viele Investoren unklar, welchen Verkaufspreis ihre Projektentwicklung in sechs, zwölf oder 24 Monaten erzielen könnte.
Mit einem Volumen von 4,5 Milliarden Euro ist der Markt auch noch weitaus illiquider als vor der Zinswende. Eine nach wie vor hohe Vermarktungsdauer kommt daher als Faktor erschwerend hinzu.
Oft vergessen wird auch das regulatorische Risiko. Denn mit der Zeit ändern sich Vorschriften und Regularien. Schon vor der Fertigstellung kann damit die Nutzung oder auch die Anschlussfinanzierung eines Projektes gefährdet sein. Das wird jetzt gerade bei Projekten mit einem schlechten Nachhaltigkeitsrating deutlich, die in die Fertigstellung oder Vermarktung gehen sollen. Auch unvorhergesehene Ereignisse, wie eine Wirtschaftskrise oder ein exogener Schock, können bestimmt Asset-Klassen zu Ladenhütern machen. Das alles ist nicht planbar und macht es daher so fatal für Investoren und Entwickler.
All diese Aspekte machen die „Time to Market“, also die Zeit zwischen Entwicklung und Vermarktung einer Immobilie, zu einem der größten Hebel, um das Risiko einer Projektentwicklung zu managen.
Modulare und serielle Bauweisen reduzieren die Zeit
Eine wirksame Möglichkeit, die „Time to Market“ erheblich zu verkürzen, sind modular errichtete Immobilien. Aufgrund der hohen Vorfertigungsgrade können verglichen mit einem konventionellen Bau mit Mauerwerk bis zu 90 Prozent Zeitersparnis im Hochbau entstehen. Darüber hinaus können Baunebenkosten wie beispielsweise die HOAI-Gebühren deutlich gesenkt werden. Diese Vorgehensweise ist gerade auf einem angespannten Wohnungsmarkt sehr viel effizienter als das konventionelle Bauen: Die Architekten entwickeln einmal eine Lösung, die sich dann immer wieder reproduzieren und skalieren lässt. Auch bei den Genehmigungsverfahren sind Modulbauten effizienter.
Aber Schnelligkeit ist nicht alles: Modularität ist zwar nicht automatisch ein Qualitätsgarant. Aber gut geplanter und ausgeführter Modulbau sieht nicht nur anspruchsvoll und zeitgemäß aus. Der hohe Grad der Vorfertigung reduziert auch mögliche Baumängel und minimiert den Spielraum für menschliche Fehler auf der Baustelle. Um ein Produkt zu schaffen, dass auch nachgefragt wird, ist es nötig Design- und Aufenthaltsqualität mit hohen ESG-Standards und nachhaltigen Bauweisen wie beispielsweise Holzmodulbau zu vereinen. Wer also allein auf die Bauzeit achtet und dabei Abstriche bei der Qualität in Kauf nimmt, wird womöglich den gewünschten Verkaufspreis im Exit nicht realisieren können. Ein hochwertiges Produkt hingegen kann sowohl für den Entwickler als auch für den späteren Bestandshalter marktübliche Renditen erzielen.
Das Quartier als Investmentfaktor
Ebenso wichtig ist es, bei aller Standardisierung auch die individuellen Standortaspekte in Form angepasster Flächenkonzepte zu berücksichtigen. Wenn beispielsweise in der direkten Nachbarschaft keine Fitness- oder Wellness-Möglichkeiten existieren, kann es sich durchaus lohnen, ein Gym mit Sport- und Schwimmbereich hinzuzufügen. Besonders bei Projekten im suburbanen Raum kann ein Coworking-Space ebenfalls Mehrwert bieten, da dieser für die späteren Nutzer eine New-Work-gerechte Alternative zum Einpendeln in die Kernstadt schafft. Ein solcher Ort mit hoher Aufenthaltsqualität und Community-Bildung performt messbar besser.
Für Investoren ermöglicht das eine höhere Flächeneffizienz. Gemeinschaftsflächen schaffen – vor allem in Kombination mit verkleinerten privaten Wohneinheiten – Synergien, um den Wohnraumbedarf und die damit einhergehenden Baukosten zu senken und einen höheren Cashflow zu erzielen.
Darüber hinaus begünstigen solche Konzepte eine soziale Durchmischung, was auf den Leitgedanken der sozialen Nachhaltigkeit, also dem S in ESG einzahlt. Das Zukunftsinstitut hat in seiner neuen Studie ‚Konnektivität‘ als größten neuen Megatrend herausgehoben, der den Markt längerfristig prägen wird. Rahmenbedingungen für eine gut funktionierende ‚Community‘ zu schaffen, wird daher von der Kür zur Pflicht in der Entwicklung von Neubauprojekten.
Diese eher weichen Faktoren lassen sich allen Unkenrufen zum Trotz in konkrete Performance-Zahlen übersetzen, ob durch höhere Mieteinnahmen oder Kaufpreise oder günstigere Anschlussfinanzierungen. Orte mit höherer Aufenthaltsqualität performen besser.
Time to Market wird zum Katalysator
Ende 2023 lag der Marktanteil des seriellen Bauens dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) zufolge bei etwa fünf Prozent – wobei von den Analysten ein potenzieller Marktanteil von zehn Prozent prognostiziert wurde. Angesichts der nach wie vor hohen Baupreise in Kombination mit der Wohnungsnot und der Finanzierungsunsicherheit könnte der Marktanteil mittelfristig sogar noch deutlich höher ausfallen. Der Faktor „Time to Market“ könnte sich dabei ebenfalls als Katalysator erweisen. Wenn mehr und mehr Projektentwickler und die hinter ihnen stehenden Investoren darauf achten, die Planungs- und Bauzeit möglichst gering zu halten, dürfte die Entscheidung immer häufiger zugunsten eines seriellen oder modularen Konzepts fallen. Für Investoren bleibt die Zeit-Effizienz einer der größten Hebel zum Risiko-Management.
Jan Grade | CEO und Research Analyst, empirica regio GmbH
2,2 Millionen Menschen – so hoch war die Nettozuwanderung in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland. 2023 haben wir mit 660.000 Menschen den dritthöchsten Wanderungssaldo seit 1992 verzeichnet. Dieser Bevölkerungszuwachs hat erhebliche Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Städte und Regionen müssen sich deshalb auf eine veränderte Nachfrage einstellen. Aber Vorsicht: Nicht alle Regionen sind betroffen. Es gilt, genau zu differenzieren.
Zuwanderungsregionen müssen auf die steigende Wohnraumnachfrage reagieren, während andere Regionen steigenden Leerstand und sinkende Immobilienpreise verzeichnen. In Großstädten und ihrem Umland ist die hohe Nachfrage besonders deutlich spürbar. Wichtig ist zudem, nicht nur auf die Zuwanderungszahlen aus dem Ausland zu schauen, sondern auch die Binnenwanderung als Faktor zu berücksichtigen. Denn hohe Wohnkosten führen dazu, dass Menschen immer längere Pendelstrecken in Kauf nehmen.
Eine Metropole verzeichnet Abwanderungsüberschuss
Das bestätigt ausgerechnet die bayerische Landeshauptstadt. Von den Top-7-Städten ist München die einzige mit einem negativen Wanderungssaldo. Das bedeutet, dass mehr Menschen weg- als zuziehen. Besonders auffällig ist dabei: der Rückgang der Außenwanderung. 2022 kamen noch rund 36.800 Menschen nach München, 2023 waren es mit rund 9.600 nur noch etwa ein Viertel. Gleichzeitig setzt sich die negative Binnenwanderung fort – knapp 14.800 Menschen sind innerhalb Deutschlands aus München verzogen. Anzumerken ist, dass es in der Stadt München Registerbereinigung gab, sodass der Saldo schwankt, obwohl München nach wie vor wächst. Dadurch entsteht eine negative Bilanz.
Außerdem hat die Zuwanderung von Berufseinsteigern abgenommen. Damit fällt ein künftiger Wachstumsmotor teilweise aus. Grund dafür sind Wohnungsknappheit und zu hohe Mietpreise, sie erschweren den Zugang zum Wohnungsmarkt. Dadurch wächst die Bereitschaft zum Pendeln, wovon wiederum das Umland profitiert. Setzt sich dieser Trend zur Suburbanisierung weiter fort, wird das wiederum Einfluss auf die Preise in München und im Umland haben.
Berlin bleibt anziehend
Ganz anders sieht die Entwicklung in Berlin aus. Dort ist die Zuwanderung besonders hoch. Ohne die starke Außenzuwanderung von knapp 50.000 Menschen wäre die Berliner Bilanz allerdings ebenfalls negativ gewesen. Denn auch aus der Bundeshauptstadt wandern viele Menschen in unmittelbar angrenzende Landkreise und nach Potsdam ab, knapp 15.500 Personen betrug der Wanderungssaldo 2023. Beides, Zu- und Abwanderung, wird die Lage auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärfen. Ein vergleichbares Bild lässt sich für Hamburg ermitteln, das ebenfalls eine starke Außenwanderung verzeichnet.
Landkreise weiterhin herausgefordert
In vielen Landkreisen sieht die Lage düster aus, besonders in strukturschwachen Regionen. Laut Daten von empirica regio sind im vergangenen Jahr 85 Landkreise und kreisfreie Städte geschrumpft. Oft sterben mehr Menschen, als geboren werden, und Wanderungen gleichen das nicht aus. Für viele dieser Regionen wird daher eine schwierige Zukunft prognostiziert. Doch es gibt positive Gegenbeispiele, beispielsweise der strategisch gut gelegene Landkreis Wesel in Nordrhein-Westfalen. Am unteren Niederrhein und am Nordwestrand des Ruhrgebiets, quasi angrenzend an zwei Metropolen, konnte der Kreis mit einem Zuzug von 3.805 Personen die stärkste Binnenzuwanderung aller Landkreise verzeichnen. Auch ländliche Gebiete können also von der Abwanderung aus den Städten profitieren. Im Gegensatz dazu kämpft der Landkreis Heidekreis in der Lüneburger Heide weiterhin mit einer schrumpfenden Bevölkerung. Auch wenn die Rate zurückgegangen ist, setzt der Kreis den Schrumpfungspfad fort und verlor im vergangenen Jahr 1.299 Personen.
Wie geht es weiter?
Die wachsende Suburbanisierung und die Verlagerung der Wohnraumnachfrage ins Umland werden den Immobilienmarkt langfristig verändern. Vororte und ländliche Regionen gewinnen an Bedeutung, während die Abwanderung die Kernstädte leicht entlasten könnte. Gleichzeitig bleibt die Auslandszuwanderung ein zentraler Wachstumsfaktor in den Top-7-Städten, was den Druck auf bezahlbaren Wohnraum hoch hält. Regionale Unterschiede sind entscheidend: Manche ländlichen Gebiete profitieren von der Binnenwanderung, andere kämpfen weiterhin mit Abwanderung. Investoren und Stadtplaner sollten diese Trends bei ihren Entscheidungen genaustens unter die Lupe nehmen.
Jürgen Michael Schick, FRICS | Michael Schick Immobilien
Kaum neigt sich das Jahr seinem Ende entgegen, ist schon Zeit für erste Bilanzen und Ausblicke. Entscheidend dabei für die Immobilienbranche: Wie steht es um den Markt, und wie ist es um die aktuelle Stimmung zum Jahresausklang 2024 bestellt?
Um tiefere Einblicke zu erhalten, erhebt SCHICK Immobilien in aller Regelmäßigkeit das Wohninvestmentbarometer, eine exklusive Umfrage unter 2.000 privaten und gewerblichen Immobilieneigentümern und Investoren. Was aus den aktuellen Ergebnissen heraussticht: Der Markt hat sich eindeutig ins Positive gedreht – Bestandsimmobilien haben sowohl bei privaten als auch gewerblichen Investoren wieder zunehmend an Attraktivität als lohnende Anlage gewonnen.
Besonders auffällig ist der Zuwachs an optimistischen Einschätzungen im Vergleich zur zuvor erfolgten Erhebung im Mai dieses Jahres. Demnach bezeichneten rund 38 Prozent der befragten Immobilienexperten die Lage als „gut“, gegenüber 25 Prozent in der vorherigen Umfrage. Und auch bei den etwas weniger forschen Experten gab es eine Veränderung: Denn die Mehrheit der Befragten bewertete die aktuelle Marktsituation als „mittel“ (46 Prozent), was im Vergleich zur Erhebung im Mai 2024 einen Anstieg von mehr als 5 Prozentpunkten darstellt. Insgesamt bewerteten somit mehr als 80 Prozent der Befragten die Marktlage neutral bis positiv – ein vielversprechendes Zeichen für den Wohninvestmentmarkt und gleichzeitig deutliches Aufbruchssignal Richtung 2025.
Mehrheit plant 2025 Zukäufe
Diese Tendenzen schlagen sich auch in den Preiserwartungen nieder. Der Anteil jener Befragten, die ein stabiles Preisniveau erwarten, blieb mit etwa 38 Prozent nahezu unverändert (Mai 2024: 35 Prozent). Gleichzeitig rechnet ein deutlich größerer Anteil der Investoren und Eigentümer mit steigenden Preisen: 36 Prozent prognostizieren Preissteigerungen – ein erheblicher Zuwachs gegenüber den 23 Prozent aus der vorherigen Erhebung. Im Gegenzug ist der Anteil der Befragten, die von sinkenden Kaufpreisen ausgehen, auf knapp 23 Prozent gesunken (Mai 2024: 31 Prozent). Somit stehen auch dort die Zeichen auf Aktivität und Optimismus. Wenn wir ein Jahr zurückblicken, erwartete nur etwa ein Drittel unserer Umfrageteilnehmer eine neutrale oder positive Preisentwicklung – nun sind es bereits mehr als drei Viertel.
Gestützt werden diese Entwicklungen auch von der Kaufbereitschaft – ein weiterer Aspekt, der für das Wohninvestmentbarometer von SCHICK IMMOBILIEN abgefragt wurde und uns optimistisch ins kommende Jahr blicken lässt. Mehr als 56 Prozent planen demnach innerhalb der nächsten zwölf Monate Ankäufe, während nur etwa jeder Fünfte einen Verkauf in Betracht zieht. Rund ein Drittel der Umfrageteilnehmer möchte sich auf die Weiterentwicklung der Bestände konzentrieren – eine Tendenz, die wir bereits in der Mai-Umfrage festgestellt haben und die unverändert geblieben ist. Die Stabilität in diesem Punkt zeigt nicht zuletzt, dass wir es mit keinem kurzfristigen Strohfeuer zu tun haben: Für 73 Prozent der Befragten steht die langfristige Bestandshaltung im Fokus ihrer Strategie, was Stabilität und Werterhalt unterstreicht. Energetische Sanierungen planen hingegen nur knapp 25 Prozent – ein Punkt, der angesichts strenger werdender ESG-Vorgaben in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen dürfte.
Grund zur Sorge: Mietrecht-Verschärfung und ESG-Verpflichtungen
Angesichts der unsicheren politischen Lage und unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gibt es jedoch auch Herausforderungen, die den Ausblick auf 2025 trüben. Die größte Sorge der Investoren bleibt eine mögliche Verschärfung des Mietrechts, die für 72 Prozent der Befragten das größte Investitionsrisiko darstellt. Dicht dahinter folgen ESG-Vorgaben, die von 68 Prozent als zentrale Herausforderung gesehen werden. Andere Risiken spielen hingegen eine geringere Rolle: Weitere Preisrückgänge etwa werden von nur 8 Prozent der Befragten erwartet, und auch die Sorge vor steigenden Zinsen und Inflation ist mit 27 Prozent rückläufig.
Gerade das Thema energetische Sanierung ist bei Investoren noch mit großen Unsicherheiten verbunden. Zwar sank die Zahl derer, die sich mit Blick auf mögliche Kosten energetischer Sanierungen von einzelnen Objekten trennen möchten von 14 Prozent auf 11 Prozent. Gleichzeitig plant weiterhin nur knapp ein Drittel der Befragten energetische Sanierungen in den nächsten drei bis fünf Jahren. Knapp 58 Prozent wollen zunächst abwarten. Das zeigt, dass das Thema für die meisten Investoren präsent ist, jedoch hindert die politische Unsicherheit viele Eigentümer daran, langfristig zu planen.
Fazit: Viele der befragten Immobilienexperten und Investoren gehen mit Zuversicht ins neue Jahr und planen, ihre Aktivitäten im kommenden Jahr zu auszubauen. Doch die Grundvoraussetzung, nämlich der Wunsch nach Planungssicherheit und Stabilität, bleibt nach wie vor bestehen und ist damit entscheidend dafür, ob 2025 ein erfolgreiches Immobilienjahr werden wird.
In einer Studie hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit untersucht, welche Auswirkungen die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels nach Berliner Vorbild auf den Wohnmarkt haben würde. Der Mietendeckel ist ein regulatorisches Instrument, das 2020 in Berlin beschlossen wurde, bevor es im April 2021 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärt wurde. Der Mietendeckel unterscheidet sich wesentlich von der Mietpreisbremse, die 2015 eingeführt wurde und die vielerorts in Deutschland zur Begrenzung von Mietsteigerungen bei Neuvermietungen eingesetzt wird: 477 Gemeinden bundesweit verfügen über eine solche Regulierung. Die Mieten sind dort an eine Vergleichsmiete gekoppelt, die Vermieter nicht um mehr als zehn Prozent überschreiten dürfen. Besonders stark hatte jedoch der Berliner Mietendeckel in den Mietmarkt eingegriffen, da Mietgrenzen teils unter den marktüblichen Mieten lagen. Obwohl die Mieten in der Zeit, als der Berliner Mietendeckel angewendet wurde, um durchschnittlich elf Prozent sanken, verringerte sich auch das Wohnungsangebot um etwa die Hälfte. Weil Vermieter einen höheren Anreiz hatten, die Wohnungen zu veräußern oder umzuwandeln, hörten sie häufig auf zu vermieten. Verlierer der Regulierung waren unter anderem Familien auf Wohnungssuche, während Mieter, die lange an einem Standort wohnen und einkommensstark sind, profitiert haben. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass ein Mietendeckel nach Berliner Vorbild an den bundesweiten Standorten, an denen schon heute eine Mietpreisbremse gilt, das Angebot mehr als halbieren würde. Statt der etwa 280.000 neu inserierten Wohnungen würde das Angebot innerhalb eines Jahres um über 60 Prozent auf rund 108.000 Wohnungen sinken.
Am Montag, den 07. Oktober, teilte Stephan Machulik (SPD), Staatssekretär für Wohnen, dem Stadtentwicklungsausschuss mit, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bei mehr als 90.000 Wohnungen in Berlin die Mieten erhöhen wollen. Rund 20.000 Wohnungen der Degewo, 27.900 Wohnungen der Howoge, 12.5000 Wohnungen der Gesobau und 12.200 Wohnungen der WBM seien betroffen. Die Mieterhöhungen fallen im Durchschnitt um knapp acht bis neun Prozent aus, so der Staatssekretär. Gemessen am gesamten Wohnungsbestand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sei die vorgeschriebene Grenze von 2,9 Prozent maximaler Preissteigerung im Jahr nicht überschritten. Im Falle der Gewobag, deren Mieterhöhungen bereits im Vorfeld bekannt wurden, werden die Mieten für circa 20.000 Wohnungen um durchschnittlich 8,3 Prozent bzw. 32 Euro pro Monat angehoben. Mieter von besonders großen Wohnungen erwarten Erhöhungen von bis zu 207,33 Euro. Nachdem nach dem Scheitern des Berliner Mietendeckels die Mieten des eigenen Bestands durch das Land eingefroren wurden, hatten sich die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften im Herbst 2023 mit dem schwarz-roten Berliner Senat darauf geeinigt, ab 2024 die Mieten erhöhen zu dürfen. Angesichts wachsender Schulden, die sich bereits Ende 2021 auf knapp 17 Milliarden Euro beliefen, und seitdem nie wieder kommuniziert wurden, scheint es sich um notwendige Maßnahmen zu handeln.
Die Preise von Berliner Eigentumswohnungen seien im dritten Quartal 2024 nur noch um durchschnittlich zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken, so der IVD Berlin-Brandenburg. Der durchschnittliche Kaufpreis für eine Eigentumswohnung belaufe sich aktuell auf rund 4.810 Euro pro Quadratmeter. Zwar bewege sich die Zahl der Immobilienverkäufe nach wie vor auf einem niedrigen Niveau, doch verlangsame sich der Rückgang gegenüber dem Vorjahr deutlich. Sowohl Eigentumswohnungen als auch Einfamilienhäuser wurden bis zum dritten Quartal um rund sechs Prozent weniger abgesetzt. Letztere sind im Schnitt etwas teurer als Eigentumswohnungen. 5.480 Euro für den Quadratmeter werden hier fällig. Gegenüber dem Vorjahr seien die Preise allerdings um etwa vier Prozent zurückgegangen. Die Durchschnittsmieten blieben laut Immobilienpreisservice währenddessen weitestgehend gleich gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 9,24 Euro pro Quadratmeter werden als Vergleichsmiete für über 90 Prozent der Haushalte fällig. Kritik übt der IVD Berlin Brandenburg aber am wenig dynamischen Mietmarkt: „Neuvermietungen von unmöblierten und unbefristeten Wohnungen finden aber fast nur noch unter der Hand statt. Dies ist das Ergebnis der verfehlten Mietenpolitik der letzten Jahre. Der Markt ist kaputtreguliert“, kommentiert Kerstin Huth, Vorsitzende des IVD Berlin-Brandenburg. „Anreize für den Neubau fehlen. Und selbst wenn wieder gebaut wird, werden die Mieten insgesamt weiter steigen. Anders lassen sich die notwendigen energetischen Modernisierungen nicht finanzieren.“