Wohninvestments,

Wohninvestments in Deutschland – September 2023

11. Sep 2023

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

von „Immobilienmärkten in der Krise“ ist seit Beginn der Zinswende vor rund einem Jahr überall zu lesen. Keine Frage, das „goldene Jahrzehnt“ ist vorüber, die Marktdaten sind schwach und viele prominente Projektentwickler sind bereits in die Insolvenz geschlittert. Im Neubau herrscht tatsächlich Krise. Im Bestand ist es anders.  Bei Bestandsgebäuden sind die Preise spürbar gesunken. In Großstädten wie Berlin erscheint die Talsohle nun erreicht. Aber mit den Krisen in der Vergangenheit hat die aktuelle Marktlage nicht viel zu tun.

Wir erleben nach dem mehr als zehnjährigen Superzyklus stetig gestiegener Preise und gesunkener Ankaufsrenditen an den Wohninvestmentmärkten nunmehr eine Phase, in der sich die Preise deutlich korrigiert haben und in der das Geld zur Finanzierung auch wieder etwas kostet. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Wohnraum unbeirrt, und mit ihr die Mieten. Von flächendeckendem Leerstand und Bauruinen wie zur Immobilienkrise um die Jahrtausendwende kann keine Rede sein. Im Gegenteil: Da der Wohnungsneubau nahezu zum Erliegen gekommen ist, dürfte der Druck noch zunehmen.

Zurück zur jüngeren Vergangenheit: Tatsächlich waren für potenzielle Käufer von vermieteten Wohnimmobilien auch die Zeiten vor der Zinswende schwierig, als in manchen Städten teils horrende Kaufpreise mit Multiplikatoren vom 40-Fachen der Nettojahresmiete und mehr aufgerufen wurden. Für Privatinvestoren praktisch ein ganzes Erwerbsleben, bis sich die Investition tatsächlich amortisiert hat – dabei sind etwaige Sanierungsmaßnahmen im Laufe der Jahre noch gar nicht eingerechnet.

Jetzt schlägt die Stunde für die günstigeren Ankaufschancen – das nötige Eigenkapital vorausgesetzt. Gerade für viele erfahrene Investoren ist jetzt eine gute Gelegenheit zum Wiedereinstieg.

Jürgen Michael Schick & Holger Friedrichs

BEITRÄGE

Der Immobilienmarkt im Wandel und die neue Rolle des Asset-Managers

Sascha Hertach  |  Vorstand, Arbireo Capital AG

Der deutsche Immobilienmarkt hat sich in kurzer Zeit grundlegend verändert. Eine schwächelnde Konjunktur, gestiegene Finanzierungskosten und eine anhaltende Unsicherheit bestimmen derzeit die Marktsituation. Einige Branchenteilnehmer müssen teurere Anschlussfinanzierungen für Projekte in Kauf nehmen, andere verkaufen Objekte teilweise sogar mit Abschlägen. Umso mehr müssen Immobilieninvestoren jetzt als aktive Asset-Manager agieren, um auch in diesen Zeiten wirklich lohnende Chancen zu erkennen und zu nutzen. Genügte es noch vor wenigen Jahren, eine Immobilie in attraktiver Lage zu erwerben und die Wertentwicklung zu beobachten, sind nun neue Strategien notwendig.

Mehr Gespür bei der Selektion gefragt
So positiv die Stimmung in der Immobilienbranche noch vor wenigen Jahren zu sein schien, war das Bewirtschaften eines Portfolios trotzdem kein Spaziergang. Aufgrund der niedrigen Ankaufsrenditen konnte man sich auch früher kaum „faule Eier“ bei den Objekten leisten, die bei größeren Portfolioankäufen aber durchaus vorkamen, sonst wäre die Gesamtperformance schnell ins Negative gerutscht. Das gilt heutzutage umso mehr. Denn im Zuge der Zinswende sind Immobilieninvestments keine Selbstläufer mehr. Es ist wieder Asset-Management-Kompetenz gefragt, auch um die Renditeerwartungen der Investoren zu erfüllen. Auf dem Immobilienmarkt gibt es derzeit ein Überangebot an überteuerten Objekten, da viele Immobilien in der aktuellen Situation noch nicht richtig neu eingepreist sind. Es gilt, den Markt genau zu sondieren, selektiv zu kaufen und bedarfsweise frühzeitig Sanierungsmaßnahmen einzuleiten – deshalb ist auch aktives Portfoliomanagement wichtiger denn je.

In der aktuellen Marktsituation hat das „sichere Betongold“ spürbar an Attraktivität verloren: CBRE zufolge wurden im ersten Halbjahr 2023 ca. 13 Milliarden Euro auf den deutschen Immobilienmärkten investiert, rund 64 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.[1] Der Leverage-Effekt im Rahmen einer Fremdkapitalfinanzierung ist im aktuellen Zinsumfeld negativ. Zudem ist noch nicht absehbar, wie weit die Zinserhöhungen noch gehen werden. So rücken vor allem die als risikolos geltenden Staatsanleihen verstärkt in den Fokus der Investoren, da auch hiermit inzwischen wieder attraktive Renditen zu erzielen sind. Die Chance auf eine inflationsgesicherte Teilhabe an der Preisentwicklung ist dabei jedoch ausgeschlossen und kann nur zumindest teilweise über Immobilieninvestitionen erreicht werden.

Kreative Lösungen finden
Um weiterhin im Vergleich zu Konkurrenzprodukten attraktiv zu bleiben, sollte ein Wohnimmobilieninvestment eine Ausschüttung im Bereich von 4,5 Prozent und mehr aufweisen. Solche Renditen dürften in den hochpreisigen A-Lagen aber kaum zu erzielen sein. Für Investoren könnte es sich daher lohnen, verstärkt auf aufstrebende Nebenlagen mit hohem Renditepotenzial zu setzen. Aber auch in C- und D-Lagen muss sich der Risikoaufschlag für den Investor rechnen. Es gilt also, besonders sorgfältig und selektiv auszuwählen, statt stur große Portfolios weiter aufzublasen. Hierbei können kleinere Investmenthäuser ihren Vorteil der größeren Flexibilität bei kleinteiligen Investments mit geplanter Exit-Strategie ausspielen, da sie nicht zwangsläufig große Transaktionsvolumina vorweisen müssen. Vielmehr können sie stark individualisierte Produkte nach Anlegerwünschen zusammenstellen.

Neben den aufstrebenden Sekundärstandorten können Investoren mit speziellem Know-how auch auf den öffentlich geförderten Wohnungsbestand setzen. Dort lassen sich neben reinen Wertsteigerungen auch „soziale Renditen“ erzielen. Faktoren wie eine gute ESG-Bilanz, einschließlich sozialer Aspekte, werden von Investoren immer stärker gewichtet. Dafür wird mitunter auch ein geringer Renditeabschlag in Kauf genommen, denn eine Investition in ein öffentlich gefördertes Projekt, wie studentisches Wohnen oder Inklusionswohnen, wertet ein Portfolio zusätzlich auf. Solche Chancen im Bereich der öffentlichen Förderung sind allerdings nicht so ohne Weiteres zu realisieren, da sich die Förderkulisse in Deutschland je nach Bundesland unterscheidet und die Erfüllung der Antragsbearbeitungen inklusive Genehmigungsbescheid einige Monate dauern kann. Umso mehr zählen die Erfahrung und die Expertise des Asset-Managers.

Fazit: Opportunitäten auch in aktueller Marktsituation gegeben
Die aktuelle Marktsituation ist nicht einfach, aber keineswegs chancenlos. Da sich aber kein Portfolio mehr von selbst entwickelt und automatisch stetige Wertsteigerung erzielt, kommt es umso mehr auf ein aktives Asset-Management und auf eine hohe Expertise bei der Selektion von Immobilieninvestments an. So bieten viele alternative Standorte zu den hochpreisigen Metropolregionen großes Potenzial. Investmentopportunitäten gibt es beispielsweise auch im Bereich des geförderten Wohnens und beim Inklusionswohnen, wobei dafür eine hohe Kompetenz in der Umsetzung erforderlich ist. Insgesamt können gerade kleinere und unabhängige Anbieter von ihrer Flexibilität bei Immobilieninvestments profitieren. Um Potenziale bestmöglich zu nutzen, ist es ratsam, sämtliche Prozessstufen eines Immobilieninvestments anzubieten – Investment-, Portfolio-, Asset- und Projektmanagement. Durch die enge Verzahnung der Bereiche können Investoren maßgeschneiderte Lösungen aus einer Hand abrufen und so vielversprechende Investmentchancen im sich wandelnden Markt schneller wahrnehmen. Denn das herausfordernde Marktumfeld erfordert aktives und bedarfsgerechtes Handeln, um erfolgreich zu agieren und langfristig Werte zu schaffen.

[1] cbre.de/insights/figures/deutschland-investmentmarkt

Eigenheimträume verwirklichen: Der Weg zur Grunderwerbsteuer-Reform

Swen Nicolaus  |  Managing Shareholder / CEO / Regional Operating Principal, Keller Williams Deutschland

Bisher hat der Staat erheblich von der Grunderwerbsteuer profitiert, die im Zuge des Immobilienbooms erhöht wurde. Statt diese jedoch als dauerhafte Einnahmequelle zu betrachten, sollten langfristige Ziele im Vordergrund stehen – die Förderung der Wohneigentumsbildung und des individuellen Vermögensaufbaus.

Wohneigentum ist von unschätzbarem Wert für die individuelle Vermögensbildung und die Vermeidung von Altersarmut. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei der Wohneigentumsquote weit hinter Ländern wie Norwegen und den Niederlanden zurück. Dieser Rückstand darf nicht hingenommen werden.

Der Wunsch nach Wohneigentum ist in unserer Gesellschaft groß, aber oft schwer finanzierbar. Die Hürden reichen von Krieg und Inflation bis hin zu steigenden Zinsen und Baukosten. Neben diesen Faktoren ist es aber vor allem die enorm hohe Grunderwerbsteuer, die den Erwerb von Wohneigentum erschwert.

Diese wurde von den einzelnen Bundesländern unterschiedlich erhöht und hat sich zu einer bedeutende Einnahme-Option entwickelt. In fünf Bundesländern liegt sie mittlerweile bei 6,5 Prozent – ein Wert, der seit 2005 fast vervierfacht wurde (Thüringen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Saarland).

Noch gravierender ist der Mechanismus des Länderfinanzausgleichs, der die Erhöhung der Grunderwerbsteuer sogar noch begünstigt. Dies hat zu einem Wettbewerb zwischen den Bundesländern geführt, bei dem es nicht um faire Steuersätze geht, sondern um möglichst hohe Gewinne aus Immobiliengeschäften.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat Bundesfinanzminister Christian Lindner einen viel versprechenden Entwurf zur Grunderwerbsteuer vorgelegt. Dieser sieht reduzierte Steuersätze für selbstgenutztes Wohneigentum vor, möglicherweise sogar einen Steuersatz von null Prozent beim Ersterwerb. Ein solcher Schritt würde einen gesunden Wettbewerb zwischen den Bundesländern auslösen und es Familien ermöglichen, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen.

Jetzt ist die Bundesregierung gefordert, diesen Vorschlag schnell und unbürokratisch umzusetzen. Die Förderung von Wohneigentum sollte nicht nur eine politische Vision sein, sondern eine konkrete Maßnahme zur Lösung der aktuellen Wohnraumproblematik und zur Vermeidung von Altersarmut. Eine Senkung der Grunderwerbsteuer ist der richtige Weg, um diese Ziele zu erreichen und gleichzeitig den Immobilienmarkt zu beleben.

Als Immobilienunternehmer und Geschäftsführer eines Maklerunternehmens bin ich gerne bereit, meine Expertise und meine Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um diesen wichtigen Schritt voranzutreiben. Lassen Sie uns gemeinsam für eine nachhaltige und faire Immobilienwirtschaft eintreten und den Menschen helfen, ihre Wohnträume zu verwirklichen und ihre finanzielle Zukunft zu sichern.

Die übersehene Top-Anlage

Birger Dehne  |  Vorstand, Birger Dehne AG

Deutsche Wohnimmobilien bleiben auf Dauer eine der sichersten Anlageklassen. Sie bieten auch sehr auskömmliche Erträge – wenn man dort investiert, wo die anderen nicht hinschauen.

In was können Anleger, die gut schlafen wollen, heute noch investieren? Aktien? Sehr hoch bewertet, volatil und ein Spielball der Zinspolitik und der Geopolitik. Anleihen? Hier steckt Investoren in Festverzinsliche noch immer der größte, nie für möglich gehaltene Unfall in den Knochen. Und auch wenn das Zinsniveau inzwischen wieder ein bisschen gestiegen ist: Was hat man von drei Prozent bei einer Inflationsrate, die doppelt so hoch liegt? Bleiben – von Glücksspielwährungen wie Rohstoffen oder Bitcoins einmal abgesehen – noch Immobilien.

Zwischen den unterschiedlichen Segmenten der Anlageklasse liegen Welten. Gewerbeimmobilien wie Büro, Handel und Hotel sind anfällig für äußere Einflüsse, wie die COVID-19-Pandemie überdeutlich gemacht hat. Wohnungen dagegen gewinnen auf lange Sicht fast immer an Wert, und das sehr stetig. Wenn man zum Beispiel den VDP-Index zugrunde legt, haben Eigentümer deutscher Wohnimmobilien ihr Vermögen in den zurückliegenden 20 Jahren mehr als verdoppelt. Die einzige Ausnahme war während der Finanzkrise 2009. Wohnimmobilien verloren 2009 aber gerade mal ein Prozent an Wert.

Gewohnt wird immer, auch in Zeiten wirtschaftlicher Depression, politischer Wirren oder Pandemien, und die Wohnung gehört zu den letzten Dingen, die ein Mensch freiwillig aufgibt. Die Nachfrage nach Wohnraum ist also sehr stabil, und sie steigt mit dem Wachstum der Bevölkerung und überproportional zu diesem mit steigendem Lebensstandard und dem Trend zu kleineren Familien und Singlehaushalten.

Vor allem deutsche Wohnimmobilien waren und sind bei institutionellen Investoren begehrt, denn hier kommen mehrere günstige Faktoren zusammen: ein hohes Maß an politischer Stabilität, wachsende Nachfrage und ein strukturell knappes Angebot. Deutschland weist ein positives natürliches Bevölkerungswachstum auf, hinzu kommt eine hohe und zunehmende Zuwanderung. Dagegen gelingt es einfach nicht, den Neubau auf Touren zu bringen.

Aus diesen Gründen wird die Wohnraumknappheit in Deutschland auf absehbare Zeit weiter zunehmen und Aufwärtsdruck auf die Bewertungen ausüben. Die aktuellen Preiskorrekturen ändern nichts an diesem Bild.

Gerade jetzt bietet der deutsche Wohnimmobilienmarkt hoch spannende Opportunitäten. Die finden sich vor allem dort, wo nicht alle suchen, also abseits der Core-Märkte. Die Nachfrage nach Wohnraum in den Metropolen dürfte zwar hoch bleiben, aber die Bewertungen sind es ebenfalls. Viel attraktiver sind kleinere Städte und Gemeinden auch außerhalb der Einzugsgebiete der Top-Sieben. Denn die Magnetwirkung der großen Städte lässt nach, und die Gegenbewegung in Richtung Nebenzentren und aufs Land verstetigt sich. Das hat mit den für die meisten nicht mehr erschwinglichen Kaufpreisen und Mieten in den Metropolen zu tun, aber auch mit einem neuen Verständnis von Lebensqualität. Homeoffice ist darüber hinaus ein starker Trend, der es immer weniger wichtig macht, in der Nähe einer Großstadt zu leben. Deshalb ist ein überproportionales Miet- und Preiswachstum in bestimmten B-, C- und D-Lagen gegenüber den sogenannten Top-Standorten zu erwarten.

Großes Potenzial gibt es auch bei Mehrfamilienhäusern mit hohem Leerstand. Wenn es den Eigentümern aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gelingt, solche Immobilien profitabel zu betreiben, werfen sie sie häufig mit erheblichem Discount auf den Markt. Für andere Immobilienunternehmen bedeutet das eine Opportunität. Mit einem soliden Asset-Management gelingt es meistens, bauliche Mängel und auch Probleme im Mikroumfeld zu beseitigen und solvente Mieter zu finden.

Für Investoren sind es unsichere Zeiten, und daran wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Deutsche Wohnimmobilien bleiben aber die verlässlichste Anlageklasse, die es gibt.

Dieser Beitrag ist am 12.08.2023 auch in der Börsen-Zeitung erschienen.

Zwischen Insolvenz und Aufbruch – Herausforderungen meistern und Chancen ergreifen!

Jürgen Michael Schick, FRICS  |  Präsident des IVD, Immobilien Verband Deutschland e.V.

Die Angst vor einer Rezession ist aktuell förmlich zu spüren. Die hohen Baukosten und Zinsen setzen insbesondere den Neubau massiv unter Druck, weshalb diverse große und kleine Projektentwickler mittlerweile in eine massive wirtschaftliche Schieflage geraten sind und zum Teil Insolvenz anmelden mussten. Im Neubau herrscht Krise, keine Frage. Trotz des sehr herausfordernden ökonomischen Umfelds sollten wir aber genauer darauf schauen, inwiefern wir als Immobilienbranche in Gänze in der Krise sind.

Andere Hintergründe bei den letzten Immobilienkrisen
Ein kurzer Krisen-Rückblick: Kurz vor der Jahrtausendwende endete das Fördergebietsgesetz. Auf dem Markt waren viel zu viele Wohnungen. Durch die Sonderabschreibung für fremdvermietete Neubauimmobilien oder zu modernisierende Altbauten wurden sehr viel mehr Wohnungen gebaut, als benötigt wurden. Viele Menschen zogen zudem aus Ostdeutschland weg und arbeiteten im Westen der Republik. Wegen des massiven Leerstands in Berlin und den Neuen Bundesländern sind die Preise ab 1999 insbesondere dort stark eingebrochen.

Die Jahre 2007/2008 gingen in die Geschichte ein, als die internationale Finanzkrise die Welt im Griff hielt. Auslöser war die gigantische Preisblase am US-amerikanischen Immobilienmarkt. Zu der kam es aufgrund einer langen Niedrigzinspolitik, einer laxen Regulierung der Banken, der komplett fehlenden Regulierung der Schattenbanken und falschen Kreditbewertungen der Ratingagenturen. Im Ergebnis vertrauten sich die Banken untereinander nicht mehr und Neufinanzierungen wurden quasi eingestellt. Durch das Abdrehen des Geldhahns schwappte die Krise vom Finanzmarkt auf die Realwirtschaft über und sorgte dafür, dass es über Monate unmöglich wurde, Kredite auch für stabile Immobilien zu bekommen.

Immobilienmarktpreise finden ein neues Gleichgewicht auf dem Markt
Und heute? In Deutschland grassiert eine sich drastisch zuspitzende Wohnungsnot. Anders als um die Jahrtausendwende stehen nicht massenhaft Wohnungen leer, sondern es fehlen bezahlbare Wohnungen in fast allen Teilen des Landes. In Deutschland stagniert das Bruttosozialprodukt, möglicherweise ist es in diesem Jahr leicht rückläufig. Damit ist Deutschland Schlusslicht aller Industrieländer auf der Welt, nicht zuletzt wegen der stark gestiegenen Energiepreise, die uns hart treffen. Doch wir sind weit entfernt von einer Kreditklemme wie bei der internationalen Finanzkrise 2007/2008. Kredite sind im letzten Jahr schlicht sehr schnell sehr viel teurer geworden und passen nicht mehr zu den über Jahre gesunkenen Renditen.

Aktuell haben wir also völlig andere Bedingungen als bei den zwei genannten Krisen zuvor. Die jetzige Situation ist damit nicht vergleichbar. Die Immobilienbranche erlebte einen über zehn Jahre lange andauernden Boom, der vor rund einem Jahr zu Ende ging. Die Preise kannten bis dahin nur eine Richtung: nach oben. Die enorme Nachfrage nach Immobilien kam aus allen Bereichen: von privaten Anlegern, Family Offices, institutionellen Anlegern und Selbstnutzern, die von niedrigen Zinsen profitieren konnten. Als Makler hatten wir eher das Problem, nicht genügend Objekte vermitteln zu können, weil sie nicht auf den Markt kamen. Das ändert sich jetzt.

Mit der langjährigen Perspektive sehen wir, dass übertriebene Preisvorstellungen an eine Grenze gestoßen sind. Das ruckelt sich jetzt ein: Angebot und Nachfrage balancieren sich auf dem Markt neu aus. Wir erleben, dass die Käufer nach einer Phase der Zurückhaltung sich bei nunmehr attraktiveren Preisen wieder für Objekte interessieren und verstärkt auch wieder kaufen. Zumindest bei Bestandsimmobilien trifft das zu.  Ein Beispiel: Im Markt für Wohninvestments in Deutschlands größtem Wohnungsmarkt, in Berlin, ist das Transaktionsvolumen bei Miethäusern im zweiten Quartal 2023 47% höher als im ersten Quartal 2023. Neubauimmobilien erleben dagegen eine spürbar schwächere Nachfrage, weil sie wegen der extrem gestiegenen Baukosten nicht so preiselastisch sind wie Bestandsimmobilien.

Hohe Mietsteigerungen sorgen für gute Rendite
Während um die Jahrtausendwende hunderttausende Wohnungen leer standen, dominiert heute ein eklatanter Wohnungsmangel. Weiterhin ist der Zuzug nach Berlin und in viele weitere Metropolen stark. Neue Wohnungen werden aber kaum noch gebaut. Daraus resultiert ein noch größerer Mangel. Folglich steigen die Mieten stark an. Insbesondere für eigenkapitalstarke Investoren bedeutet das: Sie sollten die aktuell guten Kaufgelegenheiten bei Bestandsimmobilien nutzen.

Nachrichten

Adler Group verlässt das Wohnungsbündnis

Nachdem die Adler Group im Juni 2022 das freiwillige „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ von Berliner Immobilienfirmen, dem Senat und weiteren Branchenvertretern mitunterzeichnet hatte, ist der Immobilienkonzern nun kürzlich wieder aus dem Bündnis ausgetreten, so DER SPIEGEL. Grund dafür sind die Mieterhöhungen, die den im Bündnis festgelegten Rahmen deutlich übersteigen. Zusätzlich zu Neubauzielen und Absprachen zum Mieterschutz wurde im Bündnis unter anderem festgelegt, dass private Wohnungsunternehmen Mieten maximal um elf Prozent über drei Jahre erhöhen dürfen. Dieser Wert stellt ein freiwilliges Entgegenkommen der Immobilienwirtschaft dar, da der gesetzliche Spielraum für Erhöhungen in Berlin eigentlich bei 15 Prozent in drei Jahren liegt, insofern die ortsabhängige Vergleichsmiete des Mietspiegels nicht überschritten wird. Die genauen Erhöhungen der Adler Group teilte das Unternehmen nicht mit, allerdings soll in mehreren Fällen die Kappungsgrenze von 15 Prozent vollumfänglich ausgenutzt worden sein. Von den rund 26.000 Mietwohnungen, die die Adler Group Ende 2022 im Besitz hatte, befinden sich etwa 17.000 in Berlin.

Eigentumswohnungen in Berlin werden wieder teurer

Dem vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) veröffentlichten Immobilienpreisindex Greix zufolge hat der Abwärtstrend der deutschen Immobilienpreise in Berlin ein vorläufiges Ende gefunden, berichtet der Tagesspiegel. Für die Erstellung des Indexes werden notariell beglaubigte Verkaufspreise als Grundlage herangezogen. Die Preise für Berliner Eigentumswohnungen seien demnach zwischen April und Juni 2023 um 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gestiegen. Für das erste Quartal 2023 hatte der Gutachterausschuss für Grundstückswerte, der ebenfalls mittels notariell beglaubigter Kaufverträge Marktanalysen erstellt, von einem Rückgang der Verkaufspreise sowie einem dramatischen Rückgang des Transaktionsgeschehens berichtet. Auch legte der Ausschuss eine Auswertung des vergangenen Jahres vor und bezifferte den Transaktionsrückgang in Berlin gegenüber 2021 mit 21 Prozent. Dennoch seien die mittleren Kaufpreise für Eigentumswohnungen im Durchschnitt um fünf Prozent auf 5.646 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Die Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins, Ulrike Hamann, kommentierte diese Zahlen wie folgt: „Trotz des Rückgangs der Verkäufe und der Umsätze rechnen wir nicht mit einer Entspannung der Mieten, denn nach wie vor befinden sich die Kaufpreise insbesondere für Eigentumswohnungen auf einem hohen Niveau.“

Berliner Schneller-Bauen-Gesetz soll noch 2023 kommen

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat ankündigt, dass das im Koalitionsvertrag der aktuellen schwarz-roten Berliner Regierung festgehaltene Schneller-Bauen-Gesetz noch in diesem Jahr durch den Senat auf den Weg gebracht werden soll. „Das alles Entscheidende ist, dass wir den Wohnungsmarkt wiederbeleben, dass es mehr Leerstand gibt, dass es mehr Wohnungsangebote gibt“, äußerte Wegner im Interview mit 105‘5 Spreeradio. Dazu solle die Landesbauordnung reformiert werden, um schnellere Genehmigungen und mehr Wohnungsbau zu erreichen. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich CDU und SPD auf ein Neubauziel von 20.000 neuen Wohnungen pro Jahr geeinigt, 5.000 davon Sozialwohnungen. Etwa 6.500 Wohnungen jährlich sollen die Landeseigenen Wohnungsgesellschaften (LWU) realisieren. Auch solle das Berliner Wohnungsbündnis weitere Anreizinstrumente erhalten. Zentrales Ziel sei jedoch die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren durch kürzere Fristen, schnellere Verfahren, Nutzung des § 34 BauGB für Baugenehmigungen und die Prüfung einer Genehmigungsfiktion für Bauvorhaben.