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Der Modulbau ist ein Irrweg

19. Jan 2020

Reinhold Knodel  |  Pandion

Jeder kennt die Argumente: Die Bauwirtschaft hat jahrzehntelang ihre Produktivität nicht oder nur minimal gesteigert, das Bauen ist zu teuer und dauert zu lange. Eine Hoffnung liegt im seriellen oder modularen Bauen. Vereinfacht gesagt: das Vorfertigen von Bauteilen und Liefern stapelbarer Wand- oder Raumelemente auf die Baustelle. Inklusive der Hoffnung auf Massenvorteile und Skaleneffekte. Gerade im Wohnungsbau wird diese Art des Bauens zunehmend gefordert und forciert. Ich halte den Weg für falsch.

Die Idee klingt natürlich erst einmal schlüssig. Wirklich herausragende Architektur bleibt aber individuell. Weil die Grundstücke unterschiedlich geschnitten sind, weil das Maß der baulichen Nutzung variiert, und vor allem, weil die Nutzer unterschiedlich sind und individuelle Ansprüche haben. Ich jedenfalls möchte keine Monostrukturen mit replizierter Einheitsgestaltung. Fassaden, Grundrisse etc. brauchen ein Gesicht. Menschen sind nun einmal keine Schablonen, und dem werden wir einfach nicht gerecht, wenn wir Lego auf der Baustelle spielen. Außerdem ist es häufig immer noch günstiger, mit Ortbeton zu arbeiten, als Betonfertigteile einzukaufen. Wir haben diese Erfahrung wiederholt gemacht. Zugegeben, sie war auch für uns überraschend. Das Argument der Kostenersparnis wackelt also ebenso.

Natürlich sind die heutigen Ansätze modularen Bauens keineswegs mit der industriellen Bauweise vergangener Jahrzehnte vergleichbar. Heutzutage gelingt es, die Gebäude aus ästhetischer und sicherlich auch funktionaler Sicht besser in die vorhandenen Strukturen einfügen. Schon bei Plattenbauten wurde ja durchaus vieles richtig gemacht, die Grundrisse zum Beispiel wirken immer noch klug konzipiert und erweisen sich als flexibel.

Aber selbst wenn ich unterstelle, dass serielles Bauen zu Kostenersparnissen von 300 Euro/qm führt (und das wäre wirklich eine Meisterleistung), welche Folgen hätte das für die Mieten? Bei klassischen 3 % Rendite für den Vermieter würde das 76 Cent pro Quadratmeter sparen, der Mieter statt 8,76 Euro/qm also acht Euro/qm zahlen. Dabei liegt das eigentliche Problem nicht in der Spanne zwischen acht Euro und neun Euro, sondern in der Differenz zwischen acht Euro und 14 Euro, zwischen 10 Euro und 20 Euro – eine Kluft, die nur günstiges Bauland schließen kann. Für Centbeträge hingegen schlechte Architektur in Kauf zu nehmen, wäre städteplanerischer Wahnsinn.

Fakt bleibt also: Wer Gebäude errichtet, die kaum unterscheidbar sind, legt keinen allzu hohen architektonischen Anspruch an den Tag. Wohnungsknappheit hin oder her, wir brauchen architektonische Akzente. Wir müssen uns daher den kritischen Blick auf das serielle Bauen bewahren.

Dieser Artikel erschien am 16.1. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.