PB3C News

Niedrigere Mieten? Keine Chance!

8. Mai 2022

Thomas Meyer  |  Wertgrund

Aktuell erleben wir die größten Preissteigerungen bei Wohnimmobilien seit Beginn des Jahrtausends. Und dieser Trend wird anhalten. Denn es gibt absolut keinen Spielraum dafür, dass das aktuelle Miet- und Kaufpreisniveau auf absehbare Zeit wieder sinken könnte. Stattdessen dürften die Mieten – und auch Kaufpreise – weiterhin steigen.

Das liegt daran, dass derzeit viele makroökonomische, geopolitische und demografische Faktoren zusammenkommen. Dazu zählen die enormen Teuerungsraten für die Herstellung und den Transport von Baumaterialien wie Holz, Stahl und Beton. Gleichzeitig bewirken die hohen Inflationsniveaus, dass die Anhebung der Löhne im Bausektor wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit ist. Damit würden den sogenannten Zweitrundeneffekten Tür und Tor geöffnet: Steigende Löhne verursachen weiter steigende Baupreise.

Um der Inflationsspirale entgegenzuwirken, hat die EZB ein zentrales Mittel: höhere Leitzinsen. Die einzige Möglichkeit, dass diese Entwicklung für einen Wertverfall von Immobilien sorgen könnte, wäre eine schlagartige Erhöhung um gleich mehrere Prozentpunkte. Das aber würde die gesamte Wirtschaft lahmlegen und einzelne Mitgliedsstaaten an den Rand des Staatsbankrotts bringen. Eine moderate Zinsanhebung mit mehreren kleinen Schritten wird hingegen vor allem steigende Finanzierungskosten oder höhere Eigenkapitalquoten zur Folge haben. Somit steigen die Ausgaben für Investoren oder die Erträge sinken. Bei Renditeniveaus mit einer Zwei vor dem Komma wird den meisten Marktteilnehmern nichts anderes übrigbleiben, als zumindest einen Teil davon in Form höherer Mieten weiterzugeben.

Die steigenden regulatorischen Auflagen im Bereich ESG tun ihr Übriges: Mehr Nachhaltigkeit wird für höhere Mieten sorgen. Hinzu kommt, dass nicht alle Maßnahmen direkt den Wohnungsbau fördern – bestes Beispiel ist die CO2-Bepreisung – und die Fördertöpfe immer schmaler werden. Eine Milliarde Euro für die Neuauflage der KfW-40-Förderung ist eher Symbolpolitik als wirkliche Hilfe. Ein Grund zum Feiern werden die Preissteigerungen für die Immobilienunternehmen aber keinesfalls sein, da die steigenden Kosten zu einem Druck auf die Margen führen und somit auch das Risiko deutlich erhöhen.

Und bis neuerliche Rufe nach Mietendeckeln oder gar Enteignungen laut werden, wird es nicht lange dauern. Daher steht jetzt der beinahe schon wie ein Mantra herbeigeschworene konstruktive Dialog zwischen Immobilienwirtschaft und Politik auf dem Prüfstand. Noch kann durch intelligente und effiziente Fördermethoden dafür gesorgt werden, dass der Graben zwischen Immobilienbranche und Gesellschaft nicht weiter aufreißt.

Dieser Artikel erschien am 6.5. in HANDELSBLATT INSIDE REAL ESTATE.

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an die Leiter unserer Redaktion Jan Döhler und Kai Gutacker.