Drei Trends werden 2023 den Immobilienmarkt prägen
8. Jan 2023

Jens R. Rautenberg | CONVERSIO
8. Jan 2023
Jens R. Rautenberg | CONVERSIO
Ukrainekrieg, gestörte Lieferketten, Inflation, Zinsschock – das Jahr 2022 war für die Immobilienwirtschaft von Krisen geprägt, die das gewohnte Marktgeschehen teils gehörig durcheinandergewirbelt haben. Eine Folge beispielsweise war das Paradoxon aus weiterhin steigenden Wohnungsmieten, aber fallenden Kaufpreisen. Wie geht es weiter? Welche weiteren Entwicklungen werden das Jahr 2023 bestimmen? Unsere Top-3-Trends für das kommende Jahr.
Trend 1: Steigende Mieten bei sinkenden Kaufpreisen bis ins Frühjahr
Es wird noch einige Monate dauern, bis wir das genannte Paradoxon aus steigenden Mieten, aber sinkenden Kaufpreisen überwunden haben. Wir erwarten, dass die Wucht, mit der die gestiegenen Zinsen auf den Wohnungsmarkt wirken und die eigentlichen Marktmechanismen vorübergehend außer Kraft setzen, erst ab dem Frühjahr etwas nachlässt. Dass sich der Markt dann aber allmählich wieder einrenkt, daran zweifeln wir nicht. Letztendlich haben die Wohnungsmärkte früher auch schon mit hohen Zinsen funktioniert – im Jahr 2000 lagen die Zinsen bei knapp 7 %, in den 1990er-Jahren gar bei 9 %. Wohnimmobilien waren auch damals gefragt.
Trend 2: Die Schere der Teilmärkte geht weiter auseinander
Neubauwohnungen in guten A-, B- und auch C-Städten (außerdem in guten D-Städten) werden mit Blick auf die Kaufpreise das aktuelle Niveau nahezu halten und sich in der zweiten Jahreshälfte gegebenenfalls sogar verteuern – sofern sie abgesehen von der Lage zwei wesentliche Eigenschaften mitbringen. Erstens: Sie müssen energieeffizient sein. Und zweitens: Sie müssen altersgerecht, also barrierefrei sein. In beiden Fällen gilt: Immobilien, die mehr bieten als das, was sie müssen, haben die Nase vorn. Jeder Marktteilnehmer auf der Angebots- und auf der Nachfrageseite hat die Klimafrage und außerdem die demografischen Zwänge, mit denen wir leben müssen, erkannt und weiß, dass sich das Rad in beiden Punkten nicht zurückdrehen lässt. Und wie sieht es bei Altbauten aus? Bei Altbauten, die energetisch ertüchtigt sind, ist in guten Lagen mindestens eine Seitwärtsbewegung der Preise wahrscheinlich. Weiter an Wert verlieren werden dagegen die unsanierten Altbauten und je schlechter und ländlicher die Lage, desto deutlicher der Preisverfall.
Trend 3: Rückkehr zur alten Landkarte
Vor zwei Jahren habe viele Marktteilnehmer erwartet: Corona wird die Menschen aus den Städten aufs Land spülen. Man will im doppelten Sinne raus … raus aus der Stadt, und man will auch im Falle eines Lockdowns raus ins Grüne an die frische Luft. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. Die Urbanisierung ist nach wie vor ein beherrschender Trend. Und dieser Trend wird auch 2023 die Wohnungsmärkte mitbestimmen. Die Landkarte muss nicht neu gezeichnet werden, wir kehren eher zur alten zurück. Es sind die Metropolen und Ballungszentren, und es sind die zentralen Lagen kleinerer Städte, in die es die Menschen zieht. Dorthin, wo die Infrastruktur stimmt – vom Glasfaserkabel bin hin zum öffentlichen Nahverkehr – und wo es ökonomisch bergauf geht.
Dieser Artikel erschien am 31.12. in der WIRTSCHAFTSWOCHE.
Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an die Leiter unserer Redaktion Jan Döhler und Kai Gutacker.